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Ausgabe Nr. 17/2024 vom 23.04.2024, Fotos: AdobeStock, David Lahoud, AdobeStock, kukiat, Gernot Gleiss
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Vor allem Frauen ab der Lebensmitte sind betroffen
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Koffein bekämpft den Kopfschmerz gut
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„Nachts nehmen wir Beschwerden stärker
wahr als am Tag.“ Dr. Sonja-Maria Tesar,
Leiterin der Kopfschmerzambulanz, Klinikum Klagenfurt
Der seltsame „Wecker-Kopf Schmerz“
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Er kommt zur selben Zeit in den Nacht- oder Morgenstunden, manchmal mit dem Mittags- nickerchen. Der „schlafgebundene Kopfschmerz“ betrifft häufig Frauen ab 50 Jahren. Ihn zu therapieren, ist aber recht einfach.
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Er kann schon Angst machen, dieser Schmerz. Er weckt Betroffene „mitten in der Nacht“ aus dem Schlaf auf und drückt dumpf im Kopf. Manchmal pocht er, tritt auf einer oder auf beiden Seiten des Kopfes auf. Passiert das Nacht für Nacht, stets um die gleiche Uhrzeit, oder zumindest in zehn Nächten im Monat, dann handelt es sich um mehr als einen Kopfschmerz, der durch einen schlechten Schlafpolster oder einen bevorstehenden Wetterumschwung verursacht ist.

„Tritt ein Kopfschmerz in mehreren Nächten immer etwa um die gleiche Uhrzeit auf, kann es sich um den sogenannten ‚schlafgebundenen‘ Kopfschmerz handeln. Das ist eine seltene Kopfschmerzart, im Vergleich zur Migräne, aber es kann sein, dass viele Betroffene noch nie von einem Arzt deshalb angeschaut wurden und sie deshalb unterdiagnostiziert ist“, verrät Dr. Sonja-Maria Tesar, die Leiterin der Kopfschmerzambulanz, Klinikum Klagenfurt, und Präsidentin der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft.

Spezialisten sind gefragt

Zur Abklärung jeder (neuen) Form von Kopfschmerz rät Dr. Tesar, eine Kopfschmerz-Ambulanz aufzusuchen oder sich an Neurologen zu wenden, die auf Kopfschmerzen spezialisiert sind. „Es ist wichtig, neue Formen oder Intensitäten von Kopfschmerz, vor allem nach dem 50. Lebensjahr, von Spezialisten untersuchen zu lassen. Es gilt, andere Ursachen für den Kopfschmerz ausschließen zu können. Hinter neu auftretenden Kopfschmerzen können gefährliche Ursachen stecken wie Tumoren oder eine Hirnblutung, andererseits können nächtliche Atemaussetzer, die Schlafapnoe, zu morgendlichen Kopfschmerzen führen. In diesen Fällen sind Kopfschmerzen das Symptom für eine zugrundeliegende Krankheit. Zu den eigenständigen Kopfschmerzen, die durchaus nachts oder frühmorgens auftreten können, gehören die Migräne wie der Cluster-Kopfschmerz“, erklärt Dr. Tesar.

Mögliche Übelkeit

Lassen sich andere Ursachen für den sich wiederholenden nächtlichen oder frühmorgendlichen Kopfschmerz durch Computertomografie, Magnetresonanztomographie sowie durch das Fehlen von Begleitsymptomen ausschließen, kann die Diagnose „schlafgebundener Kopfschmerz“ lauten, der wegen seines regelmäßigen Auftretens auch „Wecker-Kopfschmerz“ genannt wird. „Typisch für diesen Kopfschmerz ist das Fehlen anderer Symptome wie Schwindel oder Lichtempfindlichkeit. Manche Patienten haben eine begleitende, leichte Übelkeit, andere Betroffene stehen auf und gehen herum.

Dieser Bewegungsdrang ist aber deutlich weniger ausgeprägt als bei Cluster-Kopfschmerz. Cluster-Patienten sind richtiggehend unruhig und gehen herum“, beschreibt Dr. Tesar ein paar Unterschiede des „Wecker-Kopfschmerzes“ zu anderen Kopfschmerzformen.

Koffein bekämpft den Kopfschmerz gut

Unbehandelt dauern die Schmerzattacken beim schlafgebundenen Kopfschmerz zwischen 15 Minuten und drei Stunden. Im Durchschnitt plagen sich Betroffene rund 90 Minuten mit dem Schmerz.

„Manche Patienten machen instinktiv ‚das Richtige‘. Sie stehen auf und trinken eine Tasse Kaffee. Damit verschwindet bei den meisten Betroffenen der Kopfschmerz schon nach einigen Minuten. Tatsächlich verschwindet der ,Wecker-Kopfschmerz‘ häufig mit der Einnahme von Koffein. Ob in Form von Kaffee, als Koffein-Tablette oder durch Schmerzmittel, die Koffein enthalten. Es ist immer stark individuell, wie Patienten auf Therapien reagieren. Sollte Koffein nicht wirken, kann es sein, dass Patienten gut auf Melatonin ansprechen. Falls auch das nicht wirksam ist, kann eine medikamentöse Vorbeugung mit Lithium erfolgreich sein. Für diese Therapie braucht es jedoch unbedingt die engmaschige Kontrolle durch den Arzt oder Neurologen, damit es zu keinen unerwünschten Nebenwirkungen kommt“, betont die Kopfschmerz-Spezialistin.

Ein Auftreten in „Wellen“ und „Phasen“​

Warum es zu diesem Kopfschmerz kommt und welche Ursache dahintersteckt, ist bis heute unter Fachleuten nicht geklärt. „Es gibt Hinweise, dass die REM-Phase im Schlaf, die Phase, in der wir träumen, etwas damit zu tun hat. Wie, das ist noch nicht klar.“

Die Kopfschmerz-Spezialistin geht davon aus, dass auch der schlafgebundene Kopfschmerz einer ist, mit dem Patienten ein Leben lang zu tun haben werden.„Wie bei anderen Kopfschmerzarten auch, kann es sein, dass die Beschwerden in Phasen oder Wellen auftreten. Dass der ,Wecker-Kopfschmerz‘ wieder ganz und von allein verschwindet, davon ist eher nicht auszugehen.“

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