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Ausgabe Nr. 17/2024 vom 23.04.2024, Fotos: stock.adobe.com, www.picturedesk.com
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Katzen, die fremde Gärten als Klo benutzen,
sorgen für Unmut.
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Jauchespritzer von nebenan müssen nicht toleriert werden.
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Zank am Zaun
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„Gute Zäune machen gute Nachbarn“, heißt es in einem Gedicht. Sie sind aber kein Garant für Frieden.
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Es beginnt mit einem abgesägten Ast und endet mit jahrelangen Prozessen, im schlimmsten Fall sogar mit Mord und Totschlag. Immer wieder eskalieren Konflikte unter Nachbarn.

Warum wir uns dermaßen mit unseren Nächsten streiten, hat der deutsche Psychologe Volker Linneweber schon Ende der 80er Jahre untersucht. Sein damaliger Befund ist zeitlos. Zentral in allen Streitereien ist die „Verletzung von Konventionen, Erwartungen, Normen und Regeln“.

Um das nachzuweisen, betreiben manche „enormen Aufwand mit der Beobachtung ihrer Nachbarn“, stellte der Psychologe fest. Einige führen sogar Buch über die Schlafenszeiten ihres Gegenübers.

Andere nehmen den Nachbarshund im Garten samt Gebell auf Video auf. Das Ergebnis füllte mehr als 30 DVDs. „Anlass war das – regelmäßig länger als zehn Minuten am Stück und länger als 30 Minuten am Tag dauernde – Gebell und Geheul eines Hundes“, erzählt Martin Bleckmann, der Autor des VKI-Ratgebers „Wenn Nachbarn nerven …“
(ISBN 978-3-99013-118-3).

Der Hund „terrorisiere“ die Nachbarschaft, meinte eine Klägerin in Wien-Floridsdorf. Als Beweis legte sie die Videoaufnahmen vor. Nach zwölf DVDs hatte der Richter genug. Er wies die Klage ab, zumal es unklar sei, „unter welchen Umständen die Aufnahmen zustandegekommen seien“.

Auch die Berufungsrichter schauten sich nur zwei weitere DVDs teilweise an und bestätigten das erste Urteil. Das wollte die Klägerin nicht hinnehmen, sie wandte sich an den Obersten Gerichtshof (OGH). Der verlangte eine vollständige Video-Beweiswürdigung.

„Dass sich Richter Hundegebell auf 30 DVDs als Beweismittel ansehen und anhören müssen“, ist für den Juristen Bleckmann „der bisher kurioseste Fall im Nachbarschaftsrecht“.Hier Lauftext eingeben

„Freigänger“-Katzen dürfen aufs Nachbar-Grundstück

Katzen sind zwar weitgehend geräuschlos, dafür benutzen sie gern das Nachbarsgrundstück als „Katzenklo“. Das brachte Grundstückseigentümer in einer Tiroler 9.000-Seelen-Gemeinde gegeneinander auf.

Vor allem nachts sprangen das sterilisierte Weibchen und der kastrierte Kater „über den Zaun in Nachbars Garten und verrichteten dort ihre Notdurft“, heißt es im VKI-Ratgeber. Das dürfen sie laut Höchstrichtern auch weiterhin.

Denn „die Anbindehaltung von Katzen sei nach tierschutzrechtlichen Regeln auch kurzfristig nicht erlaubt“, stellten die Richter fest. Und „es bestehe auch kein gesetzliches Gebot, Katzen ausschließlich innerhalb von Wohnräumlichkeiten zu halten“. Dass freilaufende Katzen Grundstücksgrenzen überschreiten, „könne aufgrund der Wesensart dieses Tieres mit zumutbaren Maßnahmen nicht verhindert werden“.

Nur wenn es in der Umgebung nicht ortsüblich sei, dass Katzen frei herumlaufen, könnten die Katzenbesitzer dazu verpflichtet werden, eine Verschmutzung durch die Samtpfoten beim Nachbarn zu verhindern.

Das traf in dem Tiroler Ort nicht zu. Im Umkreis von einem Kilometer gab es etwa ein Dutzend Katzen, die ebenfalls „Freigang“ hatten.

Bei stinkenden Jauchespritzern hatte die gesetzliche Toleranz aber ein Ende. In der Steiermark landeten zwei Bauern deshalb vor dem Kadi. „Zwei Mal schon hatte der Kläger den Bauern von ,drüben‘ zum Putzen des Zaunes geholt“, beschreibt Martin Bleckmann die Ausgangslage. Nach dem dritten Mal mussten sich mehrere Gerichte damit befassen.

Der Beklagte sei mit dem Traktor samt Güllefass rund „1,5 Meter parallel zum Zaun des Klägers“ gefahren. Dabei wurden nicht nur die Wiese des Nachbarn beschmutzt, sondern auch „Ziersträucher und ein rund einen Meter vom Zaun entfernter Gartentisch“, lautete die Beschwerde.

Das Bezirksgericht urteilte, „das festgestellte Ausbringen von Jauche“ übersteige „in jedem Fall das Ausmaß einer ortsüblichen Immission“. Sie sei unter allen Umständen zu unterlassen. Die Höchstrichter schlossen sich der Ansicht an.

Nicht immer ist es ein Zuviel, manchmal ist es auch ein Zuwenig, das für Fehden am Gartenzaun sorgt. Dann, wenn beispielsweise durch des Nachbars Bäume zu wenig Sonne und Licht auf das Grundstück nebenan fällt.

Seit dem Jahr 2004 können Schattengeplagte deswegen vor Gericht gehen, um ihr „Recht auf Licht“ einzufordern.

Überhängende Äste nur fachmännisch schneiden​

Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) kann der „Entzug von Licht oder Luft“ untersagt werden, wenn der Schatten nicht ortsüblich ist oder „zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstückes“ führt. Davor ist ein Schlichtungsversuch vorgeschrieben.

Grundsätzlich gilt, Äste, die vom Nachbarsbaum auf das eigene Grundstück hängen, dürfen entfernt werden. Das gilt ebenso für „eindringende“ Wurzeln im Boden. Man muss dabei aber „fachgerecht vorgehen und die Pflanze möglichst schonen“, erklärt der Jurist Martin Bleckmann.

Sonnenhungrigen, die zur Selbsthilfe greifen, ist es verboten, das fremde Grundstück zu betreten. Sie dürfen „ohne Einverständnis des Nachbarn nicht einmal eine Leiter an den fremden Baum anlehnen“, wird im VKI-Ratgeber erklärt. Auch das Schnittgut muss selbstverständlich jeder selbst entsorgen und kann es nicht einfach über die Grundstücks-grenze werfen.

Dass „die Kirschen in Nachbars Garten immer süßer sind“, ist eine sprichwörtliche Weisheit. Ragt ein Ast mit Früchten zum Nachbarn hinein, darf dieser sie pflücken. Dafür auf den Baum klettern oder eine Leiter benutzen darf er nicht.

Beim Thema Hecken urteilten die Gerichte unterschiedlich. In einem steirischen Ort sorgte eine Fichtenhecke für Unmut. Sie war auf eine „Höhe von etwa zwölf bis 15 Meter“ angewachsen und bestand aus 70 Bäumen, „die in einem Abstand von nur zirka 50 Zentimetern gepflanzt wurden“.

Selbst dass sie rund zwei Jahrzehnte vor dem Grundstücks-kauf des Klägers gepflanzt worden waren, nützte den Fichtenbesitzern wenig. Der Oberste Gerichtshof sah es als erwiesen an, dass bei einer solchen Höhe massive Beeinträchtigungen „durch Lichtentzug auf der Hand“ liegen.

Die anderen Hecken im betreffenden Ortsteil waren bis zu 2,5 Meter hoch. Diese Höhe legten die Richter als Grenze fest.

Anrainer in einer Linzer Villengegend (OÖ) blitzten mit ihrer Klage gegen die Nachbarn jedoch ab. Sie beklagten die massive Beschattung durch eine zehn bis zwölf Meter hohe Baumreihe an der Grundgrenze. Ein Teil des Gartens sei „bereits um 14 Uhr völlig beschattet, der Terrassenbereich um 15 Uhr und die Liegewiese vor dem Schwimmbecken um 16 Uhr“. Die Richter stellten fest, dass die Beschattung keine unzumutbare Beeinträchtigung sei.

Selbst eine Burgherrin konnte sich nicht gegen zu viel Schatten wehren. Sie hatte eine mittelalterliche Burg-
anlage mitten im Wald erworben. Der war damals schon „jahrzehntelang teils bis an die Burgmauern heran-gewachsen“.

Der OGH stellte fest, „Im Wald muss mit Bäumen gerechnet werden.“ Denn „wer ein Grundstück samt Gebäude mitten im Wald erworben hat“, könne nicht „die Beseitigung des Waldes fordern“.
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