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Ausgabe Nr. 14/2024 vom 02.04.2024, Fotos: Dove Shore, Universal (Universal Music)
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Nun gibt es doch noch ein Album der Amerikanerin. Als Gast ist Peter Gabriel mit dabei.
„Hass und Wut dürfen nicht siegen“
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Eigentlich hätte es „Evolution“, das nunmehr elfte Studioalbum von Sheryl Crow, gar nicht geben sollen. Die 62jährige Amerikanerin hatte bereits angekündigt, keine Alben mehr produzieren zu wollen. Vielmehr sollte die Erziehung ihrer Adoptivsöhne Wyatt, 16, und Levi, 14, im Mittelpunkt stehen. Warum es doch anders gekommen ist, verriet sie dem WOCHE-Reporter Steffen Rüth.
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Frau Crow, Sie wollten kein neues Album mehr produzieren. Aus welchem Hut haben Sie jetzt also „Evolution“ (seit Freitag im Handel) gezaubert?
Es ging, weil ich dieses Mal nur die Lieferantin der Lieder war. Ich habe die gesamt Aufsicht über das Projekt einem Produzenten übertragen, auf diese Weise hat sich mein Stressniveau verflüchtigt. Während ich mir früher über jedes kleine Detail den Kopf zerbrach oder mich wochenlang mit der optimalen Liederreihenfolge auseinandersetzte, hat sich nun mein Produzent um alles gekümmert.

Das erste Lied auf der Platte heißt „Alarm Clock“ und erinnert sogar ein wenig an „All I Wanna Do“. Wann klingelt denn in der Früh bei Familie Crow der Wecker?
Viel zu früh (lacht). Die Idee hatte ich tatsächlich wegen meiner Kinder. Die Buben hassen den Wecker wie die Pest. Und ich bin auch keine Freundin des frühen Aufstehens. Ich finde, „Alarm Clock“ ist ein richtiger Rock-‘n‘Roll-Song geworden. Wir haben ihn innerhalb eines einzigen Tages rausgehauen, er entstand fast wie von selbst.

Worauf legen Sie bei der Erziehung Ihrer Söhne Wert?
Ich möchte diesen beiden kleinen, ach was, diesen ziemlich schnell groß werdenden Menschen gerne vorleben, was es bedeutet, wach und am Leben zu sein. Und wie unerlässlich es ist, sich um andere, aber auch um sich selbst zu kümmern. Mitgefühl und Menschlichkeit sind Werte, ohne die ein Zusammenleben nicht möglich ist. Ich will ihnen ein gutes Vorbild sein, und die neuen Lieder sind ein Ergebnis meines Planes.

Um welche Entwicklung geht es in „Evolution“ genau?
Um die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI). Mir macht diese Technologie große Angst. Ich verfolge die Debatte aufmerksam, insbesondere seitdem es mit „Now and Then“ dieses sozusagen neue, von der KI erzeugte „Beatles“-Lied gibt. Ich betrachte es mit immenser Sorge, was diese neuen Möglichkeiten für unsere Arbeit als Künstlerinnen und Künstler bedeuten. Werden wir überflüssig? Ich hoffe es inständig nicht.

Im Text sprechen Sie darüber, dass Sie eines Tages aufwachen und mit Schrecken ein künstliches, von Computerprogrammen erzeugtes Lied von Ihnen hören. Was kann Sheryl Crow, was die KI nicht kann?
Sie mag uns austricksen, sie mag cleverer sein. Aber ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass die künstliche Intelligenz niemals eine Seele haben wird.

Sie haben für das neue Album nicht nur einen Produzenten, sondern mit dem Sänger Peter Gabriel noch einen zweiten Gast. Und Sie haben sein Lied „Digging In The Dirt“ in einer spannend-rockigen Variante neu aufgenommen, warum?
Ich mag Peter, und dieses Lied von ihm liebe ich besonders. Es handelt davon, unseren Schmerz und unsere Fehltritte zu verstehen und zu versuchen, durch Reflektion zur Selbstheilung und Vergebung zu kommen. Das Leben ist chaotisch, eben ein Wühlen im Dreck, und Peter hat diese Erkenntnis herrlich poetisch in Magie umgesetzt. Als er zustimmte, meine Version zu singen, war ich fassungslos vor Freude. „Digging In The Dirt“ war das letzte Lied, das wir für das Album fertiggestellt haben. Es ist mir eine riesengroße Ehre, es mit Peter zu singen.

Um Selbstreflektion geht es in mehreren Ihrer neuen Lieder …
Ich stelle mich der Frage, warum ich immer wieder in dieselben Fallen tappe und manche unguten Gewohnheiten einfach nicht abstellen kann. Ich denke, sich nicht immer einen Reim auf die eigenen Verhaltensweisen machen zu können, gehört einfach auch zum Menschsein dazu.

Ist das eindringliche Pianolied „Don‘t Walk Away“ ein Lied übers Einander-Festhalten in diesen schwierigen Zeiten?
Ich kenne viel zu viele Paare, deren Beziehungen in der Corona-Pandemie auf der Strecke geblieben sind. Es gibt tausend Gründe, warum eine Liebe stirbt, und nicht selten ist es definitiv besser zu gehen, als zu bleiben. Trotzdem macht mich der Gedanke traurig. Und in dieser Stimmung schrieb ich das Stück, in dem es darum geht, am Ball zu bleiben, durchzuhalten zu versuchen und darauf zu hoffen, dass sich die Liebe am Ende durchsetzt.

Und die Liebe gewinnt? Ist das so etwas wie das Fazit Ihres neuen Albums?
Das klingt gut. Hass und Wut dürfen jedenfalls nicht als Sieger vom Platz gehen. Ich singe und schreibe gegen den Pessimismus an, auch gegen meinen eigenen. Wenn ich Gitarre spiele, komme ich zur Ruhe und zur Besinnung. Und was können wir denn sonst tun, außer für unsere Kinder optimistisch und hoffnungsvoll zu bleiben? Die jungen Menschen haben doch noch so viel vor sich. Ich möchte meinen Buben versichern: Egal, was auch passiert, ich werde immer für euch da sein.
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