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Ausgabe Nr. 18/2023 vom 02.05.2023, Foto: OHWOW
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Mit Freundin Jeanne Moore.
Vom Schönling zum sensiblen Schwergewicht
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„Die Mumie“ machte ihn berühmt. Dann verschwand er für längere Zeit von der Leinwand. Bis er vor Kurzem für seine Darbietung im Drama „Der Wal“ einen „Oscar“ gewann.
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Wer in den 90er Jahren ins Kino ging, kam an ihm nicht vorbei. Mit Gespür fürs Komische scherzte sich Brendan Fraser, 54, in die Herzen des Publikums. In „Steinzeit Junior“ (1992) hatte er als aufgetauter Höhlenmensch die Lacher auf seiner Seite. Die Frauen schwärmten vom feschen Muskelprotz „George – Der aus dem Dschungel kam“ (1997).
„Ich war verpflichtet, so knackig auszusehen, denn alles, was sie mir zum Anziehen gaben, war ein Lendenschurz“, erinnert sich der 54jährige.

Er wollte bereits als Kind in die Film-Traumfabrik
Mit dem launigen Horror-Abenteuer „Die Mumie“ (1999), auf das zwei Fortsetzungen folgten, feierte er seinen größten Erfolg als Schönling von Hollywood.
In die Film-Traumfabrik wollte Brendan Fraser bereits als Zwölfjähriger. Am 3. Dezember 1968 im US-Bundesstaat Indiana als Sohn eines Touristikers geboren, kamen er und seine drei älteren Brüder in der Welt herum. Die Familie lebte in der Schweiz, den Niederlanden und England.

Theaterbesuche weckten sein kindliches Interesse an der Schauspielerei. Als Teenager stand er erstmals in einer Musical-Version von Charles Dickens‘ Roman „Oliver Twist“ auf einer Theaterbühne. „In Rollen zu schlüpfen, machte mir Spaß. Durch das häufige Übersiedeln musste ich mich als Kind immer wieder neu erfinden“, erzählt der 54jährige, der ohne Studium mit der Schauspielerei begann.
Mit einem winzigen Auftritt in der Krimi-Reihe „America‘s Most Wanted“, ähnlich wie „Aktenzeichen XY“, begann seine Karriere, die nach dem dritten Teil der „Mumie“ (2008) ins Stocken geriet. Fraser zog sich aus Hollywood zurück. Ihm sei die Schauspielerei verleidet worden, begründete er seinen Rückzug.

Der Präsident des Auslandspresseverbandes, Philip Berk, 90, sei ihm gegenüber körperlich übergriffig geworden. „Niemand in der Branche hat darauf reagiert, das Schweigen war ohrenbetäubend“, sagte Fraser Jahre später. Berk wurde erst vor zwei Jahren wegen sexuellen Fehlverhaltens gefeuert.

Zudem machten ihm gesundheitliche Probleme zu schaffen. Die Stunt-Szenen in den Filmen hinterließen Spuren. Fraser musste sich mehrmals am Rücken und am Knie operieren lassen. Dem nicht genug, trug ein erbitterter Scheidungskrieg dazu bei, dass der Schauspieler zunehmend in eine tiefe Depression verfiel. Die neunjährige Ehe mit Afton Smith ging 2007 in die Brüche und gipfelte in einem Scheidungskrieg. Die Ex-Frau und Mutter seiner drei Söhne (Griffin, 20, Holden, 18, und Leland, 16) forderte hohe Unterhaltszahlungen, die Fraser nicht in der Lage war zu erfüllen. Bis sich die Geschiedenen einigten, wurde jahrelang vor Gericht gestritten. Erst 2013 einigte sich Fraser mit seiner Ex-Frau auf eine monatliche Unterhaltszahlung von 50.000 Dollar.

Selbstzweifel plagten den Schauspieler auch als Vater. „Griffin ist autistisch. Als wir die Diagnose erfuhren, da war er knapp zwei Jahre alt, machte ich mir selbst Vorwürfe. Ich redete mir ein, meine Gene wären schuld daran, oder dass ich am College Gras geraucht habe. Ärzte versicherten mir jedoch, dass Autismus aus unbekannten Gründen auftritt“, äußert er sich über seinen ältesten Sohn, der am glücklichsten sei, wenn er stundenlang im Auto mitfahren dürfe.

Mit Freundin Jeanne Moore glücklich, freut es Fraser nach der Durststrecke, „einen Aufbruch“ zu erleben. Für seine Rolle in „The Whale“ („Der Wal“, derzeit im Kino) hat er den „Oscar“ als bester Hauptdarsteller gewonnen. In der berührenden Geschichte spielt Fraser einen vereinsamten, fettleibigen Englischlehrer, der sich von seiner Familie entfremdet fühlt. Für die dramatische Figur des adipösen Charlie musste Fraser in einen monströsen Fettanzug schlüpfen.

„Mit Polstern und Gesichts-Prothesen“
„Was ich selbst an Gewicht zulegte, hätte nicht gereicht. Charlie wiegt 300 Kilo. Ich wurde mit Polstern und Gesichts-Prothesen ausstaffiert. Sich in Charlie zu verwandeln, hat jeden Tag mehrere Stunden in Anspruch genommen. Das hat viel Feingefühl erfordert, sonst ist so ein Fettanzug meist nur für einen bösen Witz gut oder er schaut aus wie ein Faschingskostüm. Das Make-up-Team hat es geschafft, dass Charlie richtig aussieht“, beschreibt Fraser seine Verwandlung zum „Monster“. Durch die Figur habe er gelernt, welch unglaublicher Kraft es bedarf, um einen derart schweren Körper tragen zu können. Am meisten jedoch genoss er es, „einmal eine Rolle, weit weg vom schönen Helden, zu spielen, die niemand von ihm erwartet hätte“.

„Ein amerikanischer Verein, der sich für schwer übergewichtige Menschen einsetzt, ist davon überzeugt, dass Charlie Leben retten wird. Menschen, die wie er an Adipositas (Fettleibigkeit) leiden, werden, wenn sie seine Geschichte kennen, bereit sein, sich Hilfe zu holen. Das bedeutet mir unglaublich viel“, betonte er bei seinem Kurzbesuch in Wien.

Dort plauderte der Amerikaner nebenbei über neue Erkenntnisse, die seine Herkunft betreffen. „Im Dezember habe ich Ahnenforschung betrieben. Dabei fand ich heraus, dass ich österreichische Vorfahren habe. Meinen Recherchen zufolge haben sie Welschriesling in einer weststeirischen Weinregion angebaut“, witzelte er gut gelaunt über seine familiären Wurzeln. „Die reichen weit zurück, bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts“, merkte er lachend an.
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