Die vielen Seiten des Nickerchens
Ein Mittagsschlaf ist in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Im Alter kann er aber auch ein Hinweis auf gesundheitliche Probleme sein.
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Die Beine hochlegen, Augen schließen und ein bisschen dösen. Ein Schläfchen rund um die Mittagszeit, vorzugsweise nach dem Essen, ist vielerorts beliebt, in Ländern wie Spanien und Japan hat es sogar Tradition. In China wird, bei weitaus höheren Arbeitswochenstunden, regelmäßig im Büro geschlafen.
In unserem Land genießt das Nickerchen einen ebenso „guten Ruf“. Konkrete Zahlen, wer hierzulande wie oft zu Mittag die Augen schließt, gibt es nicht. Dafür ist ein Blick zu unseren deutschen Nachbarn notwendig, deren alltägliche Gepflogenheiten den unsrigen häufig ähneln.
Unter den Deutschen hält jeder Zweite, der älter als 65 Jahre ist, regelmäßig einen Mittagsschlaf.
Mehr als die Hälfte der Erwachsenen würde gerne öfter zu Mittag kurz die Augen schließen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov hervor. Der Wunsch nach einer kurzen Auszeit rund um die Tagesmitte ist also in vielen Kulturen verbreitet. Kein Wunder, verspricht der Mittagsschlaf körperliche Erholung und geistige Erfrischung. Das wurde mittlerweile in zahlreichen Studien bestätigt. Französische Forscher fanden heraus, dass sich dadurch die Kreativität und Konzentration steigern lasse, und griechische Studien belegen dem Mittagsschlaf einen Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, allerdings nur (wie Schweizer Wissenschaftler ergänzten), wenn er nicht öfter als ein bis zwei Mal in der Woche gehalten wird.
Was im Ruhestand jederzeit möglich ist, wird (in unseren Breiten) am Arbeitsplatz oder in der Schule schnell als Faulheit ausgelegt. Dabei profitieren auch die Jungen von einer Auszeit mit Schlaf zu Mittag, wie Beobachtungen bei Schülern in China und eine US-Studie an der Universität Delaware aufzeigen. „Bei Teenagern sind dreißig bis sechzig Minuten Mittagsschlaf gut für die Konzentration und fürs Lern- sowie soziale Verhalten. Zumindest dann, wenn sie das regelmäßig machten, schnitten sie bei entsprechenden Tests besser ab als Schüler ohne Nickerchen“, verriet die Hauptautorin der Studie Prof. Xiaopeng Ji von der Universität Delaware, die Daten aus beiden Ländern auswertete.
„Das liegt daran, dass Jugendliche häufig einen verschobenen Schlafrhythmus haben. Sie gehen spät zu Bett und müssen wegen der Schule aber früh aufstehen.“ Das Nickerchen zur Mittagszeit hat also, darauf weist die überwiegende Zahl aller Untersuchungen hin, mehrheitlich positive Auswirkungen auf unsere Produktivität, die Stimmung und die Gesundheit. Vorausgesetzt, der Schlaf in der Mittagspause wird richtig gehalten. „Unsere Studien haben gezeigt, dass durch zwanzig Minuten, aber nicht länger, die Konzentration und Leistungsfähigkeit am Nachmittag um etwa 36 Prozent steigt. Zwischen 13 und 15 Uhr ist es ideal, danach knabbert der Mittagsschlaf schon wieder am Nachtschlaf und das ist ungünstig“, verrät der Grazer Schlafmediziner und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Univ.-Prof. Dr. Manfred Walzl.
Auch der Mittagsschlaf hat seine Regeln
Jüngste Untersuchungen und einzelne Beobachtungsstudien weisen auf eine weitere mögliche Funktion des Mittagsschlafes hin, als Indikator für ein Gesundheitsrisiko. Der Stoffwechsel-Experte Dr. Naveed Sattar von der Universität Glasgow (Schottland) meint: „Es ist wahrscheinlich, dass Risikofaktoren wie Bewegungsmangel und Übergewicht, die Diabetes verursachen, auch den Mittagsschlaf begünstigen.“
Für eine Klärung des genauen Zusammenhanges seien weitere klinische Studien notwendig. Ganz allgemein raten Mediziner, bei einem plötzlich auftretenden und anhaltenden Bedürfnis nach einem Mittagsschlaf den Hausarzt zu konsultieren. Ähnliches gilt für Mittagsschläfchen, die auffallend häufiger oder länger gehalten werden.
Zu viel Schlaf als Warnsignal
Der Schlafforscher und klinische Psychologe Dr. Michael Grandner von der Universität von Arizona (USA) betont, dass der Mittagsschlaf häufig aufgrund von Schlafmangel in der Nacht zum Bedürfnis wird. „Schlechter Nachtschlaf geht mit einer schlechteren Gesundheit einher und ein Nickerchen reicht nicht aus, um dies auszugleichen.“ Eine steigende Zahl an Nickerchen am Tag könnte daher ein erhöhtes Risiko für beispielsweise Probleme mit der Herzgesundheit widerspiegeln.
Andere Forscher gehen derzeit der Frage nach, in welchem Maße ein im Alter immer stärker werdendes Schlafbedürfnis am Tag mit der Gehirngesundheit zusammenhängen könnte. Vor allem, wenn der Zusammenhang zwischen übermäßigen Schläfchen am Tag und Demenz auch dann noch besteht, wenn die nächtliche Schlafmenge und -qualität ausreichend ist, der Mittagsschlaf also nicht einen möglichen Schlafmangel ausgleichen soll.
Forscher der Universität von Kalifornien in San Francisco und der „Harvard Medical School“ (USA) haben in Zusammenarbeit mit dem „Brigham and Women‘s Hospital“ (Boston/USA) in einer Studie mit 1.400 Senioren den möglichen Zusammenhang zwischen exzessiven Nickerchen am Tag und einem erhöhten Risiko für Alzheimer-Demenz untersucht. „Übermäßige Nickerchen am Tag können ein Signal für eine beschleunigte Alterung oder einen kognitiven Alterungsprozess sein“, sagt einer der Studienautoren, darunter Dr. Yue Len. Als mögliche Erklärung für diesen Zusammenhang ziehen die Forscher eine andere Studie aus dem Jahr 2019 heran. Darin wurden die Gehirne von Alzheimer-Patienten mit denen von Menschen ohne kognitive Beeinträchtigung verglichen. Bei den Alzheimer-Patienten wurde festgestellt, dass sie in drei Hirnregionen weniger wachmachende Neuronen hatten.
Der gute Ruf des Nickerchens sei deswegen nicht in Gefahr. Dass das Schläfchen zu Mittag Demenz, Herzprobleme oder Diabetes verursache, ist für die Forscher nicht erkennbar.
In unserem Land genießt das Nickerchen einen ebenso „guten Ruf“. Konkrete Zahlen, wer hierzulande wie oft zu Mittag die Augen schließt, gibt es nicht. Dafür ist ein Blick zu unseren deutschen Nachbarn notwendig, deren alltägliche Gepflogenheiten den unsrigen häufig ähneln.
Unter den Deutschen hält jeder Zweite, der älter als 65 Jahre ist, regelmäßig einen Mittagsschlaf.
Mehr als die Hälfte der Erwachsenen würde gerne öfter zu Mittag kurz die Augen schließen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov hervor. Der Wunsch nach einer kurzen Auszeit rund um die Tagesmitte ist also in vielen Kulturen verbreitet. Kein Wunder, verspricht der Mittagsschlaf körperliche Erholung und geistige Erfrischung. Das wurde mittlerweile in zahlreichen Studien bestätigt. Französische Forscher fanden heraus, dass sich dadurch die Kreativität und Konzentration steigern lasse, und griechische Studien belegen dem Mittagsschlaf einen Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, allerdings nur (wie Schweizer Wissenschaftler ergänzten), wenn er nicht öfter als ein bis zwei Mal in der Woche gehalten wird.
Was im Ruhestand jederzeit möglich ist, wird (in unseren Breiten) am Arbeitsplatz oder in der Schule schnell als Faulheit ausgelegt. Dabei profitieren auch die Jungen von einer Auszeit mit Schlaf zu Mittag, wie Beobachtungen bei Schülern in China und eine US-Studie an der Universität Delaware aufzeigen. „Bei Teenagern sind dreißig bis sechzig Minuten Mittagsschlaf gut für die Konzentration und fürs Lern- sowie soziale Verhalten. Zumindest dann, wenn sie das regelmäßig machten, schnitten sie bei entsprechenden Tests besser ab als Schüler ohne Nickerchen“, verriet die Hauptautorin der Studie Prof. Xiaopeng Ji von der Universität Delaware, die Daten aus beiden Ländern auswertete.
„Das liegt daran, dass Jugendliche häufig einen verschobenen Schlafrhythmus haben. Sie gehen spät zu Bett und müssen wegen der Schule aber früh aufstehen.“ Das Nickerchen zur Mittagszeit hat also, darauf weist die überwiegende Zahl aller Untersuchungen hin, mehrheitlich positive Auswirkungen auf unsere Produktivität, die Stimmung und die Gesundheit. Vorausgesetzt, der Schlaf in der Mittagspause wird richtig gehalten. „Unsere Studien haben gezeigt, dass durch zwanzig Minuten, aber nicht länger, die Konzentration und Leistungsfähigkeit am Nachmittag um etwa 36 Prozent steigt. Zwischen 13 und 15 Uhr ist es ideal, danach knabbert der Mittagsschlaf schon wieder am Nachtschlaf und das ist ungünstig“, verrät der Grazer Schlafmediziner und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Univ.-Prof. Dr. Manfred Walzl.
Auch der Mittagsschlaf hat seine Regeln
Jüngste Untersuchungen und einzelne Beobachtungsstudien weisen auf eine weitere mögliche Funktion des Mittagsschlafes hin, als Indikator für ein Gesundheitsrisiko. Der Stoffwechsel-Experte Dr. Naveed Sattar von der Universität Glasgow (Schottland) meint: „Es ist wahrscheinlich, dass Risikofaktoren wie Bewegungsmangel und Übergewicht, die Diabetes verursachen, auch den Mittagsschlaf begünstigen.“
Für eine Klärung des genauen Zusammenhanges seien weitere klinische Studien notwendig. Ganz allgemein raten Mediziner, bei einem plötzlich auftretenden und anhaltenden Bedürfnis nach einem Mittagsschlaf den Hausarzt zu konsultieren. Ähnliches gilt für Mittagsschläfchen, die auffallend häufiger oder länger gehalten werden.
Zu viel Schlaf als Warnsignal
Der Schlafforscher und klinische Psychologe Dr. Michael Grandner von der Universität von Arizona (USA) betont, dass der Mittagsschlaf häufig aufgrund von Schlafmangel in der Nacht zum Bedürfnis wird. „Schlechter Nachtschlaf geht mit einer schlechteren Gesundheit einher und ein Nickerchen reicht nicht aus, um dies auszugleichen.“ Eine steigende Zahl an Nickerchen am Tag könnte daher ein erhöhtes Risiko für beispielsweise Probleme mit der Herzgesundheit widerspiegeln.
Andere Forscher gehen derzeit der Frage nach, in welchem Maße ein im Alter immer stärker werdendes Schlafbedürfnis am Tag mit der Gehirngesundheit zusammenhängen könnte. Vor allem, wenn der Zusammenhang zwischen übermäßigen Schläfchen am Tag und Demenz auch dann noch besteht, wenn die nächtliche Schlafmenge und -qualität ausreichend ist, der Mittagsschlaf also nicht einen möglichen Schlafmangel ausgleichen soll.
Forscher der Universität von Kalifornien in San Francisco und der „Harvard Medical School“ (USA) haben in Zusammenarbeit mit dem „Brigham and Women‘s Hospital“ (Boston/USA) in einer Studie mit 1.400 Senioren den möglichen Zusammenhang zwischen exzessiven Nickerchen am Tag und einem erhöhten Risiko für Alzheimer-Demenz untersucht. „Übermäßige Nickerchen am Tag können ein Signal für eine beschleunigte Alterung oder einen kognitiven Alterungsprozess sein“, sagt einer der Studienautoren, darunter Dr. Yue Len. Als mögliche Erklärung für diesen Zusammenhang ziehen die Forscher eine andere Studie aus dem Jahr 2019 heran. Darin wurden die Gehirne von Alzheimer-Patienten mit denen von Menschen ohne kognitive Beeinträchtigung verglichen. Bei den Alzheimer-Patienten wurde festgestellt, dass sie in drei Hirnregionen weniger wachmachende Neuronen hatten.
Der gute Ruf des Nickerchens sei deswegen nicht in Gefahr. Dass das Schläfchen zu Mittag Demenz, Herzprobleme oder Diabetes verursache, ist für die Forscher nicht erkennbar.
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