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Ausgabe Nr. 10/2023 vom 07.03.2023, Foto: Mark Pain / PA / picturedesk.com
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Christian Eriksen spielt derzeit bei Manchester United.
Doppelpass mit einem kranken Herz
Sie waren fitte Sportler, als sie aus heiterem Himmel einen Herzanfall erlitten. Es grenzt an ein Wunder, dass die Drei wieder Profifußball spielen können.
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Am 12. Juni 2021, um 18.43 Uhr, stand die Fußballwelt still. Millionen von Fernsehzuschauern hatten live vor ihren Bildschirmen mitverfolgen können, wie Christian Eriksen, 31, im EM-Duell Dänemark gegen Finnland aus heiterem Himmel kollabierte. „Mein Herz hörte auf zu schlagen, ich war fünf Minuten lang tot“, gab Eriksen nachher zu Protokoll, der zum Glück rasch von den versorgenden Ärzten wiederbelebt wurde.

Der Mittelfeldmotor wurde in ein Kopenhagener (Dänemark) Spital gebracht, wo ihm einige Wochen später ein kleiner Defibrillator in Größe einer Streichholzschachtel, ein sogenannter ICD, eingesetzt wurde. Zunächst stellten die Ärzte ein normales Leben ohne Einschränkungen, später jedoch sogar eine Rückkehr auf den Fußballplatz in Aussicht.

„Den Moment, als Profifußball in meinem Leben wieder denkbar wurde, werde ich nie vergessen“, gibt er heute zu. Ins Trikot des alten Arbeitgebers Inter Mailand konnte er nicht mehr schlüpfen, weil das italienische Regelwerk Defibrillatoren verbietet. So gab er nach einem Wechsel zum englischen FC Brentford rund neun Monate später sein Comeback, wechselte danach sogar zu Top-Klub Manchester United und wurde so zum ersten Profispieler in Englands oberster Liga mit Defibrillator.

„Das Gerät hat aber leider nicht nur positive Effekte“, gesteht der Spieler. Wenn etwa der Ball daraufprallt, verspringt er sich, außerdem sind höllische Schmerzen die Folge. Auf der Haut seiner Brust zeichnen sich deutlich die Kanten des Gerätes ab, Drähte führen zum Herzen und dicke Operationsnarben zeugen vom Eingriff. „Sollte mein Herz erneut aufhören zu schlagen, setzt das ICD es mit einem Stromschlag in Gang“, erklärt der Däne, auch zu langsame oder zu schnelle Herzschläge kann es normalisieren.
Als Eriksen bei der EM kollabierte, hat auch Charlie Wyke, 30, vom englischen Verein Wigan Athletic den Vorfall live mitverfolgt. „Damals war ich überrascht vom Kollaps dieses jungen Athleten, fünf Monate später erwischte es mich selbst“, meint der Engländer.

Am 22. November 2021 erlitt er ohne erkennbare Vorzeichen im Training einen Herzstillstand.
„Es war der schrecklichste Tag meines Lebens, ich spürte, etwas Schlimmes wird passieren. Als ich es dem Trainer sagen wollte, konnte ich nicht mehr sprechen.“ Zum Glück waren Mitspieler und Betreuer ähnlich schnell zur Stelle wie bei Eriksen. „Heute verdanke ich meinem damaligen Trainer Leam Richardson mein Leben, der mich mit einer Herzmassage nach vier Minuten reanimierte“, glaubt Wyke.

Wie bei Eriksen setzten ihm die Ärzte in der Folge einen Defibrillator ein, anders als beim Dänen wurde er für ihn inzwischen bereits ein Mal zum Lebensretter, als Wyke bei ersten Trainingsversuchen mit dem Gerät erneut kollabierte.

Ein Herzstillstand ohne Vorzeichen
„Ich verlor mitten im Gespräch mit einem Mitspieler das Bewusstsein“, weiß er noch. „Daraufhin gab mir der Defibrillator einen Schock durch den ganzen Körper. Die Schmerzen waren unerträglich, aber nun bin ich sicher, dass das Gerät seine Aufgabe bewältigt.“

Nach insgesamt neun Monaten Aufbaupause kehrte er wieder aufs Feld zurück. „Meine Familie war da, alle haben geweint“, schildert der Stürmer. Allerdings berichten nicht nur Wyke, sondern auch der ebenfalls mit elektronischer Überwachung spielende Bayern-München-Akteur Daley Blind, 32, dass seither auch die Angst mitkickt.
„Ich brauchte nach der Implantation meines Gerätes einige Jahre bis zum ersten Spiel, bei dem ich nicht mehr an mein Herz dachte“, erzählt Blind, der seit einem Schwächeanfall 2019 infolge einer Herzmuskelerkrankung mit einem Defibrillator spielt.

„Ich denke manchmal daran, was wäre, wenn ich nicht mehr aufgewacht wäre, wenn ich nicht hier sitzen und mit meinen Kindern spielen könnte“, sagt Blind.
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