Frauen auf der Suche nach Arbeit –
„Mit 50 Jahren will dich keiner mehr“
Sie haben jahrzehntelang gearbeitet, Erfahrung gesammelt und ihr Wissen stetig erweitert. Doch all das hilft ihnen wenig. Wer älter als 50 Jahre ist, hat es am Arbeitsmarkt schwer, vor allem als Frau. Denn Wirtschaft und Politik setzen in Wahrheit auf Jüngere.
Der schulische Ursprung der beruflichen Karriere von Daniela Krautsack liegt im Abschluss der Handelsakademie. Dann führte der Weg der 53jährigen stetig nach oben. Sie arbeitete bei einer Media-Agentur in Wien, wechselte später für dieses Unternehmen sogar nach London (England), Zürich (Schweiz) und Mexiko City (Mexiko) und studierte nebenbei auch noch Medienmanagement. Zwischenzeitlich war Krautsack selbst Geschäftsführerin einer Kommunikationsagentur.

Für die fleißige Burgenländerin lief beruflich alles nach Plan, bis sie Mutter wurde. „Ich war damals 42 Jahre alt. Ich liebe mein Kind, aber für meine Karriere war‘s schlecht, Mutter zu werden.“

Denn als Mutter eines Kleinkindes war Krautsack nicht mehr so flexibel, also sattelte sie um und bildete sich weiter. Die alleinerziehende Mutter meldete mehrere Gewerbe an und arbeitet seither als selbstständige Medien- und Kommunikationsberaterin sowie als Trend- und Stadtforscherin.

Viele kluge und qualifizierte Frauen

Leicht ist das nicht. In Krautsacks Branche ist es wichtig, sich ein Netzwerk aufzubauen und eine gute Mutter kann nicht jeden Abend Veranstaltungen besuchen, „um dort Aufträge zu lukrieren. Das ist jetzt viel schwieriger.“

Dabei fühlt sich Krautsack, als könnte sie „Bäume ausreißen. Und nicht nur mir geht es so. Ich habe viele Frauen in meinem Umfeld, die klug, qualifiziert und fleißig sind und keine Arbeit finden.“ Die 53jährige sucht Arbeit und hat sich bei Agenturen beworben, doch meistens erhält sie trotz ihrer Qualifikationen eine Absage. „In meinem Alter lädt dich auch fast keiner zu einem Bewerbungsgespräch ein.“

Obwohl der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill fordert, dass wir alle länger arbeiten sollen: „Wir können beim Pensionsantrittsalter Richtung 70 gehen“, finden Frauen ab 50 oft nur schwer Arbeit. „Es ist das Alter“, weiß Petra Draxl, die Vorständin des Arbeitsmarktservice, „und mit 55 plus wird es noch schwieriger.“

Derzeit sind in unserem Land etwa 40.000 Frauen jenseits der 50 arbeitslos gemeldet. Die meisten Arbeitgeber glauben, Menschen dieser Altersgruppe wären gesundheitlich nicht mehr so fit.

In mehr als einem Drittel der Fälle stimme das auch, räumt Draxl ein, aber „etwa zwei Drittel haben viel Energie und Erfahrung“.

Auch die höheren Gehaltsvorstellungen würden Arbeitgeber abschrecken. Zudem glauben viele, mit 50 plus seien die Frauen „weniger belastungs- und weiterbildungsfähig. Das trifft aber bei Weitem nicht auf alle zu“, sagt Draxl.

Gesellschaftliches Umdenken gefordert

Die AMS-Vorständin hofft auf ein gesellschaftliches Umdenken. „Menschen, die älter als 50 Jahre sind, müssen dringend als gute Arbeitskräfte gesehen werden.“

Das funktioniert in nordischen Ländern bereits gut. Dort ist es völlig normal, Ältere anzuheuern. Viele Menschen erfinden sich dort gerade jenseits der 50 Jahre beruflich noch einmal neu. „Darüber hinaus“, fordert Draxl, „brauchen wir mehr zukunftsorientierte Umschulungsangebote, die Frauen dieser Altersgruppe fit machen für die Berufe, die heute entstehen und morgen unverzichtbar sein werden.“

Wirtschaft und Industrie betonen, mehr Geld und Anstrengungen in Arbeitnehmer jenseits der 50 investieren zu wollen, doch in der Praxis bleibt es oft bei bloßen Ankündigungen. Es fehlt das Wissen, die Vorteile dieser erfahrenen Gruppe richtig zu nutzen. Steuerliche Erleichterungen und Lohnkostenzuschüsse für Unternehmen, die ältere Arbeitnehmer einstellen oder weiterbeschäftigen, gibt es, doch diese Maßnahmen sind meist befristet und reichen nicht aus, um nachhaltig Wirkung zu zeigen.

Davon weiß auch Irene Spörl, 56, ein Lied zu singen. „Mit 50 plus will dich keiner mehr“, ist die zweifache Mutter überzeugt. Spörl hat zwei Fachabschlüsse. Sie ist Musterzeichnerin und Textilrestaurateurin.

Technische Neuerungen machten ihren Beruf überflüssig, danach arbeitete sie mehr als zehn Jahre in der Administration eines großen Unternehmens. Sie war dort „Mädchen für alles“, schrieb E-Mails, koordinierte Termine und organisierte die Arbeit ganzer Teams. Dann kam Corona und sie verlor während der Pandemie ihre Stelle. Seither kämpft sie um eine zweite Chance. „Ich habe mich in Trafiken beworben oder als Rezeptionistin, aber kaum Antworten erhalten.“ Mittlerweile ist Spörl verunsichert und wird von Selbstzweifeln geplagt.

„Das sind tiefe Kränkungen“, weiß Regina Rieder vom FAB, einem Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung, der mit dem AMS kooperiert und hilft, den Weg zurück ins Arbeitsleben zu finden. Dazu kommt, „je geringer die Qualifikation ist, umso größer ist die Angst dieser Frauen“, erzählt die Expertin.

Das trifft im Fall von Ana Jambrovic, 60, besonders zu. Sie hat ihren Sohn bereits im Alter von 17 Jahren bekommen, gut ausgebildet ist sie nicht. Aber sie arbeite gern, sei gründlich und fleißig, erzählt sie.

So hat Jambrovic viele Jahre in der Verpackungsbranche gearbeitet, oft auch nachts. „Ich habe die Qualität kontrolliert, etikettiert und verpackt. Ich mochte die Arbeit sehr“, sagt die gebürtige Kroatin, die in ihrem Leben immer wieder auch Hilfsarbeiten erledigte, etwa in Kindergärten. Doch Jambrovic hatte mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, weshalb sie nicht mehr arbeiten konnte.

„Meine Krankenstände schrecken ab, das weiß ich. Aber dafür kann ich nichts. Ich möchte auf jeden Fall wieder arbeiten, unbedingt.“ Jelincic