Zu alt und zu krank
Joe Bidens Verfall war schon vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus sichtbar. Trotzdem vertuschte sein Umfeld die Probleme, führte das amerikanische Volk in die Irre und wollte eine zweite Amtszeit. Bei Donald Trump will ein Experte jetzt Hinweise auf Demenz sehen.
Am Abend des 27. Juni 2024 waren viele Amerikaner fassungslos. Das Fernsehduell zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden und seinem Herausforderer Donald Trump zeigte ein erschreckendes Bild des mächtigsten Mannes der Welt.
„Das war nicht einfach bloß ein schlechter Abend, wie Biden und sein Team hinterher behaupteten“, schreiben die Journalisten Jake Tapper und Alex Thompson in ihrem neuen Buch „Hybris – Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“ (Verlag dtv).
„Millionen Menschen waren entsetzt angesichts von Bidens Auftritt bei der Debatte, seinem hängenden Unterkiefer, seinem unverständlichen Gebrabbel.“ Einige Demokraten seien aber nicht überrascht gewesen. „Hinter verschlossenen Türen hatten sie ihn auch schon so erlebt, aber nichts gesagt.“ Zu diesem Zeitpunkt war Joe Biden 81 Jahre alt.
Voll einsatzfähig oft nur zwischen 10 und 16 Uhr
Der Präsident verlor immer wieder den Faden, Mitarbeiter dachten über einen Rollstuhl für ihn nach und er war offenbar oft nur zwischen 10 und 16 Uhr voll einsatzfähig. Es habe zwei Bidens in seiner Amtszeit gegeben, zieht der Buchautor Tapper Bilanz, der auch Moderator beim Nachrichten-Sender CNN ist.
„Einen, der alles total im Griff hatte. Und einen, der nicht mehr funktioniert hat, der den Namen von engen Mitarbeitern nicht mehr wusste, der alarmierend oft verwirrt wirkte. Und dieser zweite Biden kam immer mehr zum Vorschein.“ Aber, so formulieren es die Autoren in „Hybris“ – „das Amt des Präsidenten verlangt, im Notfall auch dann auf Zack zu sein, wenn man nachts um zwei Uhr aus dem Bett geholt wird.“ 2024 war sich so mancher in dieser Hinsicht bei Biden nicht mehr sicher.
Die beiden Journalisten haben mehr als 200 Gespräche mit Menschen aus Bidens Umfeld und Parteifreunden geführt. Sie wie auch seine Familie habe vor allem die Angst vor einer weiteren Amtszeit Trumps geleitet. Seine Frau Jill Biden war eine der größten Unterstützerinnen ihres Mannes. Sie sei „die überzeugteste Leugnerin seines Verfalls“, gewesen.Es war letztendlich der Hollywood-Schauspieler George Clooney, der das Ende der Wahlkampagne einläutete. Er hatte Biden schon oft getroffen. Doch im Frühjahr 2024 erkannte ihn der Präsident bei einer Spendengala offensichtlich nicht. Wenig später schrieb Clooney einen Kommentar mit dem Titel „Ich liebe Joe Biden. Aber wir brauchen einen neuen Kandidaten“. Biden verzichtete auf die Kandidatur.
Mitte Mai verlautbarte Bidens Büro, dass bei dem 82jährigen ein „aggressiver“ Prostatakrebs diagnostiziert worden sei, der Metastasen in den Knochen gebildet habe. Dass eine Krebserkrankung so lange nicht erkannt wurde, warf in den USA bei politischen Gegnern wieder Fragen auf. Auch wenn Donald Trump seinem Vorgänger auf sozialen Medien „eine rasche Genesung“ wünschte.
Offiziell ist Trump bei „exzellenter Gesundheit“
Trump selbst ist mit bald 79 Jahren auch nicht mehr der Jüngste. Seine bislang letzte offizielle Gesundheits-Untersuchung im April bescheinigt ihm eine „exzellente Gesundheit“. Der amerikanische Psychologe John Gartner stellte hingegen bei Trump schon öfter aus der Ferne einen möglichen geistigen Verfall fest. „Die Zeichen, dass Trump unter Demenz leidet, verdichten sich“, sagte er kürzlich.
Das Alter an sich ist noch lange kein Ausschlussgrund für die Politik. Konrad Adenauer (1876–1967) war 73 Jahre alt, als er deutscher Regierungschef wurde. Erst mit 87 Jahren verließ er das Kanzleramt. Der brasilianische Präsident Lula feiert im Oktober seinen 80. Geburtstag. Unser Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde im Jänner 81 Jahre alt.
Bei einem Fernseh-Interview vor drei Jahren erklärte der frühere Grünen-Chef, er halte sich nicht für zu alt für das Amt. „Ich finde, ich bin jetzt langsam reif genug und alt genug, um dieses Amt auszuüben.“
Sollte er sich nicht mehr fit genug fühlen, würde er sagen: „Oida, es reicht.“ Auf die Frage, ob wie bei amerikanischen Präsidenten eine regelmäßige Gesundheits-Kontrolle, die dann veröffentlicht wird, für ihn vorstellbar wäre, meinte Van der Bellen im Jahr 2022 er sehe „die Notwendigkeit nicht“.
Diese Haltung hat sich nicht geändert. „Die Rolle der österreichischen Bundespräsidenten ist nur schwer mit der der amerikanischen Präsidenten als Regierungschefs mit enormer Exekutivgewalt vergleichbar“, heißt es aus der Präsidentschaftskanzlei. Außerdem sei es „eine gute Tradition in Österreich, dass Gesundheitsdaten mit großer Sensibilität behandelt werden“, erklärt ein Hofburg-Sprecher.
„Für Amtsträgerinnen und -träger gibt es in unserer Verfassung gute Regelungen, mit denen sichergestellt ist, ob das Amt ausgeführt werden kann oder nicht.“
Tatsächlich wird in der Verfassung nur geregelt, dass der Bundespräsident durch eine Volksabstimmung abgesetzt werden kann und wer ihn im Falle einer Verhinderung vertritt. Das ist zuerst der Bundeskanzler, nach 20 Tagen übernehmen alle drei Nationalratspräsidenten gemeinsam die Funktionen des Staatsoberhauptes.
In den USA befürworten laut Umfragen fast 80 Prozent eine Alters-Obergrenze für Politiker. Die Einführung ist aber unwahrscheinlich, denn Alterslimits für Politiker sind selten. Bei unseren deutschen Nachbarn gibt es sie etwa für Bürgermeister. In den Bundesländern Sachsen und Thüringen dürfen Kandidaten nur bis zum 64. Geburtstag zur Wahl antreten. Bei uns gibt es lediglich Alters-Untergrenzen für das passive Wahlrecht, also das Recht gewählt zu werden. Das liegt überall bei 18 Jahren, mit Ausnahme des Bundespräsidenten. Dafür muss der Kandidat mindestens 35 Lenze zählen.
Die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule Kärnten hält allgemein wenig von Obergrenzen. „Die Einschränkung des passiven Wahlrechts ist sehr heikel. In meinen Augen sollten die Wählerinnen und Wähler entscheiden, wem sie das Amt zutrauen. Das biologische Alter ist hier kein geeigneter Maßstab.“ Die Parteien hätten bei der Nominierung die Möglichkeit und Verpflichtung, ungeeignete Personen zu verhindern. „Gerade nach dem aktiven Berufsleben, mit viel Lebenserfahrung, können ältere Menschen viel Zeit und Energie in die Politik einbringen.“
Eine reine Altersgrenze ist nicht treffsicher
Die Begründung „eine Gruppe von einem der zentralsten demokratischen Entscheidungsprozesse auszuschließen, müsste treffsicherer sein als eine reine Altersgrenze“, gibt Stainer-Hämmerle zu bedenken.
„Allerdings fällt mir keine geeignete ein. Ein ,Demenztest‘ für Kandidatinnen und Kandidaten ist wohl nicht praktikabel. Es kann nicht generell behauptet werden, dass 65jährige, aber auch 80jährige nicht mehr in der Lage sind, ein
politisches Amt auszuüben.“ Der Gesundheitszustand müsste individuell geprüft werden „und das wäre zu aufwändig. Umgekehrt kann es für Spitzenpositionen durchaus von Vorteil sein, wenn ein ärztliches Attest über den Gesundheitszustand vorgelegt wird. Allerdings freiwillig und nicht verpflichtend.“
„Das war nicht einfach bloß ein schlechter Abend, wie Biden und sein Team hinterher behaupteten“, schreiben die Journalisten Jake Tapper und Alex Thompson in ihrem neuen Buch „Hybris – Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“ (Verlag dtv).
„Millionen Menschen waren entsetzt angesichts von Bidens Auftritt bei der Debatte, seinem hängenden Unterkiefer, seinem unverständlichen Gebrabbel.“ Einige Demokraten seien aber nicht überrascht gewesen. „Hinter verschlossenen Türen hatten sie ihn auch schon so erlebt, aber nichts gesagt.“ Zu diesem Zeitpunkt war Joe Biden 81 Jahre alt.
Voll einsatzfähig oft nur zwischen 10 und 16 Uhr
Der Präsident verlor immer wieder den Faden, Mitarbeiter dachten über einen Rollstuhl für ihn nach und er war offenbar oft nur zwischen 10 und 16 Uhr voll einsatzfähig. Es habe zwei Bidens in seiner Amtszeit gegeben, zieht der Buchautor Tapper Bilanz, der auch Moderator beim Nachrichten-Sender CNN ist.
„Einen, der alles total im Griff hatte. Und einen, der nicht mehr funktioniert hat, der den Namen von engen Mitarbeitern nicht mehr wusste, der alarmierend oft verwirrt wirkte. Und dieser zweite Biden kam immer mehr zum Vorschein.“ Aber, so formulieren es die Autoren in „Hybris“ – „das Amt des Präsidenten verlangt, im Notfall auch dann auf Zack zu sein, wenn man nachts um zwei Uhr aus dem Bett geholt wird.“ 2024 war sich so mancher in dieser Hinsicht bei Biden nicht mehr sicher.
Die beiden Journalisten haben mehr als 200 Gespräche mit Menschen aus Bidens Umfeld und Parteifreunden geführt. Sie wie auch seine Familie habe vor allem die Angst vor einer weiteren Amtszeit Trumps geleitet. Seine Frau Jill Biden war eine der größten Unterstützerinnen ihres Mannes. Sie sei „die überzeugteste Leugnerin seines Verfalls“, gewesen.Es war letztendlich der Hollywood-Schauspieler George Clooney, der das Ende der Wahlkampagne einläutete. Er hatte Biden schon oft getroffen. Doch im Frühjahr 2024 erkannte ihn der Präsident bei einer Spendengala offensichtlich nicht. Wenig später schrieb Clooney einen Kommentar mit dem Titel „Ich liebe Joe Biden. Aber wir brauchen einen neuen Kandidaten“. Biden verzichtete auf die Kandidatur.
Mitte Mai verlautbarte Bidens Büro, dass bei dem 82jährigen ein „aggressiver“ Prostatakrebs diagnostiziert worden sei, der Metastasen in den Knochen gebildet habe. Dass eine Krebserkrankung so lange nicht erkannt wurde, warf in den USA bei politischen Gegnern wieder Fragen auf. Auch wenn Donald Trump seinem Vorgänger auf sozialen Medien „eine rasche Genesung“ wünschte.
Offiziell ist Trump bei „exzellenter Gesundheit“
Trump selbst ist mit bald 79 Jahren auch nicht mehr der Jüngste. Seine bislang letzte offizielle Gesundheits-Untersuchung im April bescheinigt ihm eine „exzellente Gesundheit“. Der amerikanische Psychologe John Gartner stellte hingegen bei Trump schon öfter aus der Ferne einen möglichen geistigen Verfall fest. „Die Zeichen, dass Trump unter Demenz leidet, verdichten sich“, sagte er kürzlich.
Das Alter an sich ist noch lange kein Ausschlussgrund für die Politik. Konrad Adenauer (1876–1967) war 73 Jahre alt, als er deutscher Regierungschef wurde. Erst mit 87 Jahren verließ er das Kanzleramt. Der brasilianische Präsident Lula feiert im Oktober seinen 80. Geburtstag. Unser Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde im Jänner 81 Jahre alt.
Bei einem Fernseh-Interview vor drei Jahren erklärte der frühere Grünen-Chef, er halte sich nicht für zu alt für das Amt. „Ich finde, ich bin jetzt langsam reif genug und alt genug, um dieses Amt auszuüben.“
Sollte er sich nicht mehr fit genug fühlen, würde er sagen: „Oida, es reicht.“ Auf die Frage, ob wie bei amerikanischen Präsidenten eine regelmäßige Gesundheits-Kontrolle, die dann veröffentlicht wird, für ihn vorstellbar wäre, meinte Van der Bellen im Jahr 2022 er sehe „die Notwendigkeit nicht“.
Diese Haltung hat sich nicht geändert. „Die Rolle der österreichischen Bundespräsidenten ist nur schwer mit der der amerikanischen Präsidenten als Regierungschefs mit enormer Exekutivgewalt vergleichbar“, heißt es aus der Präsidentschaftskanzlei. Außerdem sei es „eine gute Tradition in Österreich, dass Gesundheitsdaten mit großer Sensibilität behandelt werden“, erklärt ein Hofburg-Sprecher.
„Für Amtsträgerinnen und -träger gibt es in unserer Verfassung gute Regelungen, mit denen sichergestellt ist, ob das Amt ausgeführt werden kann oder nicht.“
Tatsächlich wird in der Verfassung nur geregelt, dass der Bundespräsident durch eine Volksabstimmung abgesetzt werden kann und wer ihn im Falle einer Verhinderung vertritt. Das ist zuerst der Bundeskanzler, nach 20 Tagen übernehmen alle drei Nationalratspräsidenten gemeinsam die Funktionen des Staatsoberhauptes.
In den USA befürworten laut Umfragen fast 80 Prozent eine Alters-Obergrenze für Politiker. Die Einführung ist aber unwahrscheinlich, denn Alterslimits für Politiker sind selten. Bei unseren deutschen Nachbarn gibt es sie etwa für Bürgermeister. In den Bundesländern Sachsen und Thüringen dürfen Kandidaten nur bis zum 64. Geburtstag zur Wahl antreten. Bei uns gibt es lediglich Alters-Untergrenzen für das passive Wahlrecht, also das Recht gewählt zu werden. Das liegt überall bei 18 Jahren, mit Ausnahme des Bundespräsidenten. Dafür muss der Kandidat mindestens 35 Lenze zählen.
Die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule Kärnten hält allgemein wenig von Obergrenzen. „Die Einschränkung des passiven Wahlrechts ist sehr heikel. In meinen Augen sollten die Wählerinnen und Wähler entscheiden, wem sie das Amt zutrauen. Das biologische Alter ist hier kein geeigneter Maßstab.“ Die Parteien hätten bei der Nominierung die Möglichkeit und Verpflichtung, ungeeignete Personen zu verhindern. „Gerade nach dem aktiven Berufsleben, mit viel Lebenserfahrung, können ältere Menschen viel Zeit und Energie in die Politik einbringen.“
Eine reine Altersgrenze ist nicht treffsicher
Die Begründung „eine Gruppe von einem der zentralsten demokratischen Entscheidungsprozesse auszuschließen, müsste treffsicherer sein als eine reine Altersgrenze“, gibt Stainer-Hämmerle zu bedenken.
„Allerdings fällt mir keine geeignete ein. Ein ,Demenztest‘ für Kandidatinnen und Kandidaten ist wohl nicht praktikabel. Es kann nicht generell behauptet werden, dass 65jährige, aber auch 80jährige nicht mehr in der Lage sind, ein
politisches Amt auszuüben.“ Der Gesundheitszustand müsste individuell geprüft werden „und das wäre zu aufwändig. Umgekehrt kann es für Spitzenpositionen durchaus von Vorteil sein, wenn ein ärztliches Attest über den Gesundheitszustand vorgelegt wird. Allerdings freiwillig und nicht verpflichtend.“