Immer mehr Menschen erkranken an Parkinson
Verlangsamte Bewegungen, steife Muskeln und starkes Händezittern. Morbus Parkinson ist eine Erkrankung des Gehirns und nicht heilbar. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt, aber moderne Therapien halten die Symptome über Jahre im Zaum.
Die Zahl der Parkinson-Patienten steigt rasant, weltweit und auch in unserem Land. Lebten vor 20 Jahren etwas mehr als zehntausend Frauen und Männer bei uns mit dieser Erkrankung, sind es heute rund 25.000. Und die Prognose ist düster. Bis zum Jahr 2040 wird eine erneute Verdoppelung der Fälle erwartet

Morbus Parkinson, auch Schüttellähme bezeichnet, ist eine unumkehrbare Erkrankung des Gehirns, die zweithäufigste nach Alzheimer-Demenz. Das schnelle Anwachsen der Patienten-Zahl alarmiert Forscher und Ärzte, doch die Ursachen, die zur Erkrankung führen, liegen zum Teil noch im Dunkeln. Im Verdacht stehen unter anderem schädliche Chemikalien, aber auch Veränderungen im Darm, in der Darmflora, von wo schädliche Stoffe über die Darm-Hirn-Achse bis ins Gehirn transportiert werden. Welche Schadstoffe das sind, ist unklar.

„Bei Parkinson kommt es zum vorzeitigen Absterben von Gehirnzellen, die den wichtigen Botenstoff Dopamin produzieren. Dopamin beeinflusst stark unsere Bewegungsabläufe. Einfach gesagt, es koordiniert den Einsatz der Muskeln. Dopamin-Mangel verursacht Bewegungseinschränkungen wie das unsichere Gangbild, die Verlangsamung der Bewegungen, Muskelsteifheit, eine leise, monotone Sprache und Schwierigkeiten beim Schlucken oder auch das Händezittern in Ruhe“, erklärt Dr. Karoline Ostertag, Oberärztin der Abteilung Neurologie, Klinik Hietzing (W).

Als weitere Ursache für das Absterben der wichtigen Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn gelten Verklumpungen eiweißhaltiger Ablagerungen in den Nervenzellen, die Lewy-Körperchen. „Die Verklumpungen beeinträchtigen die Funktion der Zelle und die Kommunikation zwischen den Zellen“, sagt Dr. Ostertag. Neben einer genetischen Veranlagung und Umweltfaktoren vermuten Parkinson-Spezialisten, dass oxidativer Stress und entzündliche Prozesse etwa durch individuellen Stress oder eine chronische Erkrankung und Belastung verstärkt werden und so zum Zelluntergang beitragen. „Die meisten Betroffenen sind bei der Diagnose zwischen 50 und 80 Jahre alt. Vor allem um das 60. Lebensjahr erkranken viele. Männer sind häufiger betroffen.“ Parkinson „kündigt“ sich jedoch schon Jahre vor der Diagnose an. „Frühe Symptome sind hartnäckige Verstopfung, ein schleichender Verlust des Geruchssinnes, Schlafstörungen wie Albträume, nächtliches Schreien oder Herumschlagen im Schlaf. Depressionen und Inkontinenz sind möglich.“

Eine gesicherte Parkinson-Diagnose lässt sich erst stellen, wenn sich die Haupt-Symptome bemerkbar machen. „Das ist zum einen die Bewegungsarmut in Form von kleinen Schritten, weniger Mimik und Probleme mit der Feinmotorik. Weiters kommt es zum Rigor, also zur Steifigkeit oder zum Widerstand in den Muskeln, obwohl zum Beispiel der Arm des Patienten entspannt ist. Schließlich kann es zum starken Zittern der Hände kommen, aber das muss nicht sein“, klärt die Neurologin auf.

Für Betroffene und Angehörige stellt sich rasch die Frage, wie schnell die Erkrankung voranschreitet. „Manche genetische Varianten im Patientenalter unter 40 Jahren zeigen aggressive Verläufe. Je älter der Patient bei der Diagnose ist, desto langsamer schreitet Parkinson voran. Die ersten beiden Jahre leben die Patienten mit Hilfe der Medikamente fast symptomfrei. Ab dem vierten Jahr haben sie jedoch trotz der Medikamente Probleme, und nach dem achten Jahr sind die Patienten meist schwer krank. Parkinson ist keine Erkrankung, an der die Menschen sterben, aber sie werden ab einem gewissen Zeitpunkt Pflege benötigen“, stellt die Ärztin klar.

Tabletten helfen in den ersten Jahren gut

Eine gute Symptomkontrolle mittels Tabletten ist vor allem zu Beginn der Erkrankung möglich.

„Uns stehen verschiedene Parkinson-Präparate zur Verfügung. Für leichte Fälle gibt es ein Medikament, das den Abbau von Dopamin bremst, damit das körpereigene Dopamin länger zwischen den Nervenzellen wirken kann. Ein anderes Medikament imitiert die Wirkung von Dopamin. Die dritte Option ist ,Levodopa‘. Sein Wirkstoff wird vom Körper in Dopamin umgewandelt. Levodopa wirkt am zuverlässigsten und hat wenige Nebenwirkungen. Mit der Zeit lässt die Wirkung der Tabletten jedoch nach. Sei es, weil der Körper das gelieferte Dopamin nicht mehr ausreichend speichern kann oder der Wirkstoff nicht mehr gut über den Darm aufgenommen wird“, erklärt Dr. Ostertag.

Wegen Wirkschwankungen mit den gefürchteten Phasen der Un- oder Überbeweglichkeit wird eine häufigere Tabletteneinnahme erforderlich. Dieser Anstieg der „Pillenlast“ schränkt oft die Lebensqualität der Patienten ein. „Erreicht der Patient das fortgeschrittene Stadium, stehen unterschiedliche gerätegestützte Therapien zur Auswahl. Gemäß der 5-2-1-Regel gehören fünf oder mehr Einnahmen von Levodopa pro Tag oder zwei Stunden Unbeweglichkeit oder eine Stunde belastende Überbeweglichkeit zu den Merkmalen des fortgeschrittenen Stadiums. Für diese Patienten gibt es die Möglichkeit der kontinuierlichen Medikamentenabgabe in Form von Pumpen. Und es gibt Stimulationstherapien bestimmter Bereiche im Gehirn. Viele Patienten werden jedoch nicht ausreichend über diese Therapien informiert.“