Der Waldviertler (NÖ) Stephan Schandl, 20, ist Seifenkisten-Weltmeister: Auf Tausendsteljagd im rauchfreien Boliden
Saisonauftakt ist für die wagemutigen Piloten in ihren fast „fliegenden“ Kisten. Der amtierende Seifenkisten-Weltmeister Stephan Schandl, 20, führt kommende Woche in Zeillern (NÖ) ein kunterbuntes Feld wilder, rasender Gefährte in seine 20. Saison.
Es ist modernste Formel-1-Technologie, die alle Renn-Bestzeiten des Boliden von Stephan Schandl, 20, in Tausendstelsekunden vermisst. Obwohl deren Technik einfacher nicht sein könnte und sie ohne Motor und echte Bremsen auf der rund einen Kilometer langen Strecke nur von der Erdanziehungskraft talwärts gezogen werden.

„In der Seifenkiste ist die richtige Linienwahl das Um und Auf, um auf dem Siegertreppchen ganz oben zu stehen“, verrät der angehende Landwirt aus Dobersberg (NÖ) seine wichtigsten Tricks. Seine Eltern haben einen Michkuhbetrieb, den er eines Tages übernehmen wird. „Es gilt, rauen Asphalt oder Kanaldeckel zu meiden, die beste Falllinie zu suchen und nur wenige kleine Lenkbewegungen zu machen.“ Natürlich muss auch sein vierrädriger Untersatz top in Schuss sein. Im Winter hat Schandl zahlreiche Stunden am Gefährt herumgeschraubt. „Ich und mein Vater Jürgen, der mir öfter dabei hilft, haben die Konstruktion überprüft, die Achsen neu eingestellt und Seilzüge samt Lager kontrolliert“, erzählt er.

Weltmeister zu werden, ist wunderbar

Nachdem er bei der jüngsten WM 2023 in Salzburg den Titel der größten Klasse „Elite XL“ gewann, will er heuer beim sechsteiligen Austria-Seifenkistencup, der am 4. Mai in Zeillern (NÖ) beginnt, nachlegen, der auch die Qualifikation für die EM in Deutschland im Sommer bedeutet. Bei den Mädchen ist Angelina Gassner, 13, aus Gaflenz (OÖ) Favoritin.

„Seifenkisten-Weltmeister zu werden, war ein wunderbares Gefühl“, erinnert sich Schandl an seinen Karriere-Höhepunkt. Der Maturant einer Landwirtschaftsschule hat dem Pokal einen Ehrenplatz in seinem Zimmer zugewiesen. Ins Leben gerufen wurde der Begriff „Seifenkiste“ (Englisch: Soapbox) 1933 vom amerikanischen Zeitungsfotografen Myron E. Scott aus Ohio. Er fotografierte Jugendliche, wie sie sich aus hölzernen Seifen-Verpackungskisten Kinderautos bastelten, deren Konstruktionstechnik heute wie damals recht einfach
angelegt ist.

Zwei Achsen, vier Radaufhängungen samt Lager, eine Seilzuglenkung, das war‘s. Mittlerweile allerdings wird außer bei den Sperrholz-Autos der kleinsten Klasse die Außenhülle aus Epoxidharz und Glasfaser gefertigt. Auf einem Holzboden werden die Lenkung in Form von zwei Seilzug-Griffen, die Sitzlehne und die Not-Stempelbremse verschraubt.

Heute hat Europas alleiniger Hersteller von Renn-Seifenkisten für die Eliteklasse seinen Sitz im Mostviertel (NÖ) und ist gleichzeitig Organisator der heimischen Rennserie, des Seifenkisten-Cups, der heuer sein 20jähriges Jubiläum feiert. „Bei meinem ersten selbstveranstalteten Rennen 2005 kamen nur drei Starter nach Zeillern, deren Kisten nach wenigen Minuten auseinanderfielen“, erzählt Wilhelm „Willi“ Absenger, 75, lachend über seine Anfänge.

Mittlerweile veranstaltet der pensionierte Zimmermann als „Seifenkistenhäuptling“ unseres Landes sechs Rennen im Jahr. In der Klasse „Rookie“ (8–12 Jahre), „Master“ (11–18) und „Elite XL“ (über 13) sind alle Boliden bautechnisch genormt und künstlich auf das Maximalgewicht von 130 Kilo einschließlich Fahrer gebracht, um eine gleiche Ausgangslage zu gewährleisten.

In der offenen Klasse jedoch darf beim Bolidenbau jede noch so verrückte Idee umgesetzt werden, was den Zuschauern besonders gut gefällt. „Ich erinnere mich an fliegende Teppiche, rasende Schweine, fahrende Hochstände und ganze Supermärkte, die schon den Ort heruntergerollt sind“, weiß er noch. „Bei einem Rennen in Bad Vöslau (NÖ) fuhr einmal der halbe Stadtrat in einer Seifenkiste talwärts, die wie eine Straßenbahn aussah.“ Kreuziger