Eins mit der Kunst werden
Der aus Oberösterreich stammende Fotograf Stefan Draschan hat mit seinen Museumsbildern die Welt erobert. Seit Jahren sucht und findet der 45jährige in angesehenen Museen zwischen Wien und Paris Menschen, die aussehen wie die Kunstwerke, die sie betrachten.
Vor diesem Jäger muss niemand Angst haben. Wenn Stefan Draschan, 45, auf die Pirsch geht, macht er das ausschließlich in den Museen Europas, vor allem in Wien, Paris (Frankreich), Berlin (Deutschland) und Neapel (Italien). Der gebürtige Linzer mit Hauptwohnsitz Wien und einem Atelier in Berlin ist Fotograf und hat eine eigene Kunstrichtung namens „People Matching Artworks“ entwickelt.

Dazu begibt er sich in Ausstellungen und wartet so lange, bis der Mensch zum Kunstwerk wird – oder das Kunstwerk zum Menschen.

Da kann es mehr oder weniger schnell passieren, dass Claude Monets „Seerosenbild“ mit dem Kleid einer Dame verschmilzt, dessen Design vom französischen Impressionisten persönlich inspiriert zu sein scheint. Sich die Glatze eines Herrn, den Draschan in der Hamburger (D) Kunsthalle entdeckt hat, perfekt in ein düsteres Werk Caspar David Friedrichs einfügt. Oder eine Museumsbesucherin
im Wiener Belvedere verschwindet mit Hilfe ihres Pullovers wie ein Chamäleon in einem Bild der in Wien 1957 verstorbenen deutschen Malerin der Moderne, Helene Funke.

„Jedes der Bilder ist zufällig entstanden“, erklärt der Künstler. „Es geht mir dabei auch nicht um die Interaktion mit den Menschen. Sie sind im Moment, in dem das Foto entsteht, einfach ein Teil davon.“

Bis zu fünf Mal pro Woche liegt er in der Regel irgendwo in einem Museum auf der Lauer und hat damit seinem Leben eine Wende gegeben, mit der er selbst nicht gerechnet hat. „Ich war ein typisches österreichisches Provinzkind.“ Aufgewachsen in der Kleinstadt Gmunden in Oberösterreich, besuchte er mit seinen Eltern nur selten Ausstellungen.

„Vielleicht waren wir ein Mal im Jahr im Landesmuseum. Ich stamme auch aus einer Schulgeneration, in der es keine Wien- und auch keine Pariswoche gab. So kam es, dass ich auch abseits von meiner Heimat nicht viele Museen gesehen habe.“

Nachdem Draschan in späteren Jahren aber als Künstlerbetreuer bei den Gmundener Festwochen und danach kurzzeitig als Werbetexter und Gastronom in Wien gearbeitet und dort auch gelebt hat, änderten sich mit dem Ortswechsel auch seine Möglichkeiten.

„Es hieß schon in den 1950er Jahren, Wien sei eine graue Stadt. Das war in den 1990er Jahren nicht anders. Um gegen eine Depression anzukämpfen, bin ich dann gerne ins Kunsthistorische Museum gegangen.“ Angezogen vom antiken Schmuck, den glänzenden Goldschätzen und der überbordenden Kunst, hat sich der 45jährige selbst therapiert. „Als ich dann noch meinen Zivildienst absolviert und später als Journalist gearbeitet habe, hatte ich durch den Presseausweis kostenlosen Zugang zu vielen Museen und bin ihnen bis heute treugeblieben.“

Anfangs fotografierte Draschan – ohne Gedanken an eine Karriere als Fotograf – noch mit seinem Mobiltelefon. Als sein Bruder dann aber die Fotos sah, erkannte er das zu fördernde Talent und schenkte ihm eine professionelle Kamera, verbunden mit dem Auftrag: „Schieß los!“ Als der Oberösterreicher dann per Zufall entdeckt hat, dass die in einem Museum ausgestellte Vase der Kleidung eines Besuchers ähnelte, hatte er sein Betätigungsfeld gefunden.

„People Matching Artworks“ war geboren und hat seither Zuspruch in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram. Von Frankreich bis China, von Indien bis Neuseeland findet seine Kunst großen internationalen Anklang.

„Irgendwann haben auch die prominenten amerikanischen Moderatorinnen Oprah Winfrey und Ellen de Generes von mir erfahren und von meiner Arbeit berichtet.“ Die Meinung der beiden Talkshow-Größen zur Kunstrichtung des Linzers fiel eindeutig aus. Sie sei „amazing“ (deutsch: großartig). reiter