Nostalgie auf Schi
Am Semmering in Niederösterreich wird dieses Wochenende zum „Nostalski fahren“ geladen. Dabei werden Kleidung und originale Ausrüstung aus den 50er Jahren verwendet.
Ein letztes Mal wird die Lederbindung kontrolliert, die Fliegerbrille geputzt und der Knie-Stutzen noch zurechtgezupft. Auf originalen Holzschi der 1950er Jahre rasen die Teilnehmer des diesjährigen „Nostalski Grand Prix“ bei den letzten Übungsfahrten die Piste hinunter. Denn am Samstag, dem 18. Jänner, steht in Steinhaus am Semmering (Stmk.) Brauchtum und Tradition im Mittelpunkt.

Bei der nostalgischen Schiveranstaltung lassen die Pistenflitzer die Anfangsjahre des Schifahrens hochleben und zeigen althergebrachte Fahrweisen von früher. Darunter die verschiedenen Stilarten aus 1890 bis zur Wedeltechnik der 1950er Jahre.

„Wir erinnern an eine Zeit, als die Schi noch Brettln waren und im Telemark, Christiania oder Quersprung gefahren wurde“, erklärt Barbara Habermann vom Organisationsteam. „Beim Telemark sind nur die Spitzen der Schischuhe durch eine Bindung fixiert. Der Fahrer kniet auf dem bergseitigen Schi, indem er die Ferse des hinteren Fußes hochhebt und den Talschi nach vorn schiebt.“ Habermann war jahrelang selbst als Abfahrtsläuferin bei den Rennen aktiv, mittlerweile überlässt sie anderen die Vorfahrt.

Älteste Ausrüstung ist mehr als 100 Jahre alt

Der „Nostalski Grand Prix“ wird seit dem Jahr 1999 alle zwei Jahre ausgetragen und findet nun zum 16. Mal statt. Organisiert wird die Veranstaltung vom „Nostalski Team“ des Wintersportmuseums Mürzzuschlag (Stmk.). „Wir waren damals als Gruppe bei einem Wettkampf im Ennstal dabei, als unser Museumsleiter Hannes Nothnagl die Idee hatte, so etwas auch bei uns auszutragen. Durch ihn kam der Stein ins Rollen“, erinnert sich Habermann an die Anfangsjahre. Mit Erfolg, denn zuletzt gab es bereits zwei Jubiläen zu feiern, 75 Jahre Wintersportmuseum und 25 Jahre „Nostalski Team“. „Wir stehen für das Erlernen und Praktizieren historischer Schifahrtechniken mittels originaler Schiausrüstung und authentischer Bekleidung. Wir wollen althergebrachtes Wissen und Erinnerungen von früher wieder aufleben lassen und an die jüngeren Generationen weitergeben“, sagt Habermann.

Die Schi-Ausrüstungen für das Rennen werden als Leihgabe vom Museum zur Verfügung gestellt. „Das Museum beherbergt weltweit die größte Sammlung an Wintersportgeräten. Manche Schi haben wir in fünffacher Ausführung gelagert. Sie können von uns für die Rennen ausgeborgt werden.“

Gefahren wird mit Eschenschi, Bambus- oder Holzstecken und geschnürten Lederschuhen. Habermann weiß, „Die älteste Ausrüstung bei uns ist mehr als 100 Jahre alt, denn Wolle, Leder und Holz können gut in die Zukunft getragen werden. Schi wurden früher in mühsamer Handarbeit als Einzelprodukte gefertigt, dazu brauchte es enormes Wissen über die Beschaffenheit von Holz und dessen Verarbeitung. Die Schi waren auch länger, fast länger als zwei Meter. Dazu kommt der große Unterschied beim Fahrgefühl. Beim ersten Schwung mit den Brettern von damals gibt es ein Aha-Erlebnis. Denn die meisten Schi hatten keine Stahlkante, du rutschst also ein bissl weg. Die Bindung ist auch nur aus Leder, in Schnürschuhen hast du generell weniger Halt. Wenn das Material nass wird, dehnt es sich zusätzlich.“

Authentizität wird beim „Nostalski Grand Prix“ generell großgeschrieben. So wurde auch die Schibekleidung nach originalen Vorlagen nachgeschneidert.

„In den Anfängen des Schisports wurde mit Alltagskleidung gefahren, die zumeist aus Wolle bestand. Frauen mussten bis Mitte der 1920er Jahre Röcke tragen, Männer sogar eine Krawatte.“

In den 1930er Jahren hatte sich schließlich das Norweger-Kostüm aus dunkelblauer Hose und Jacke, mit dazupassender Kappe, durchgesetzt. Später trugen Männer Überfallhosen, die mit Stutzen oder längeren Socken unterhalb des Knies festgeschnallt wurden. Modern wurden auch enge Steg- oder Keilhosen, die mit Wollpullovern getragen wurden.

Habermann selbst ist mit Breeches-Hosen im Stil der 1920er Jahre gefahren. „Die war bequem, weil sie beim Becken weit geschnitten ist. Sie ähnelte den früheren Reithosen.“ Gefahren wird um den Pokal der silbernen Schneerose. Bei der Abfahrt gibt es eine Kategorie für Damen, Herren und eine Mittelzeit.

Um sich in dem schihistorischen Wettkampf zu messen, reisen die Teilnehmer aus den verschiedensten Bundesländern sowie dem benachbarten Ausland an. Altersbeschränkung gibt es nicht, 70jährige sowie Siebenjährige sind gleichermaßen am Start.

Mit von der Partie war die vergangenen Male auch die Schilegende Hans Enn, 66. Nach den Abfahrtsbewerben gibt es zusätzlich noch den „Nostalski Team Triathlon“, bei dem auch das Publikum eingeladen ist, an kleineren Wettbewerben (ohne Schi) teilzunehmen.

Mit dem „Nostalski Grand Prix“ belebt das Museum nicht nur Geschichte, sondern schreibt sie auch selbst. So können die Mitglieder auf Einsätze bei Weltmeisterschaften (Telemark WM 2009, Alpine Ski WM 2013) sowie Weltcup- und Europacup-Veranstaltungen zurückblicken. Ein Höhepunkt war zweifelsohne die Mitwirkung an der Eröffnung der größten Schihalle der Welt in Dubai (VAE) im Jahr 2006. Doch gleich, wo oder wie Schi gefahren wird, wichtig ist vor allem eines. „Dass es Spaß macht. Damals wie heute.“

Treffpunkt und Startnummernausgabe

ab 11 Uhr Rennstart um 13 Uhr bei den Schmoll-Liften
(Steinhaus am Semmering)

Anmeldung unter:

Wintersportmuseum Mürzzuschlag
Tel.: 03852/2556,
Nenngeld 20 Euro (inkl. Liftkarte)
www.wintersportmuseum.co