Gas wird auf jeden Fall teurer
Zuletzt floss noch russisches Gas in unser Land. Spätestens am 1. Jänner könnte das aber vorbei sein. Sicher ist jedoch, Gas wird teurer. Schuld daran ist auch der Staat.
Der ukrainische Präsident war deutlich. „Es ist vorbei“, sagte Wolodymyr Selenskyj, als er im August ankündigte, dass sein Land den Transitvertrag für russisches Gas nicht verlängern wolle. Der läuft Ende des Jahres aus. Dann soll kein Erdgas aus Russland mehr durch ukrainische Rohrleitungen fließen. Auch wenn das Land damit im Vorjahr rund 750 Millionen Euro verdiente.
Gut 800.000 Haushalte heizen bei uns mit Gas. Ganze Industriezweige sind vom Erdgas abhängig, 86 Prozent davon kamen im September aus Russland. Seit mehr als 50 Jahren lieferte zuerst die Sowjetunion und dann Russland Gas in unser Land. Noch fließt das russische Gas, wenn auch etwas weniger.
Verantwortlich dafür ist ein Rechtsstreit zwischen der OMV und Gazprom. Der heimische Energiekonzern, der zu 31,5 Prozent dem Staat gehört, hat schon im Vorjahr ein Schiedsgerichtsverfahren wegen ausgebliebener und unregelmäßiger Gaslieferungen 2022 in Deutschland eingeleitet.
Schönheitsfehler beim Gasspeicher-Versprechen
Jetzt bekam die OMV 230 Millionen Euro plus Zinsen zugesprochen. Die Summe wollte sie mit Zahlungen von ihrer Seite gegenverrechnen. Daraufhin hat Gazprom die Lieferungen an die OMV eingestellt.
An der Verteilerstation in Baumgarten (NÖ) kam zuletzt allerdings weiter Gas aus Russland an. Abnehmer sind wohl andere Gashändler.
ÖVP-Kanzler Karl Nehammer verspricht jedenfalls, „Niemand wird in Österreich frieren.“ Rund 20 Terawattstunden (TWh) Gas hat der Staat eingelagert, insgesamt liegen in unseren Gasspeichern 94,5 TWh. „Das ist mehr als ein Jahresbedarf für ganz Österreich.“ Der lag im Vorjahr bei 75,6 TWh. Die vollmundige Ankündigung hat allerdings einen Schönheitsfehler. Fast die Hälfte der Gas-Vorräte gehören ausländischen Unternehmen. Gashändler an sich haben das Gas in unserem Land gespeichert, weil sie „am österreichischen Handelspunkt verkaufen wollen“, erklärt Carola Millgramm, die Leiterin der Abteilung Gas bei der Regulierungsbehörde E-Control. „Das heißt nicht unbedingt, dass es in unserem Land bleibt.“
Es könnte zum Beispiel auch nach Italien exportiert werden, wenn der Preis dort höher ist. „Aber wenn man sich eine Situation vorstellt, in der weniger Gas nach Österreich käme, dann würde der Preis ja auch steigen und dann steigt auch der Anreiz dafür, dass diese Gasmengen hier verkauft werden und hierbleiben“, ist Millgramm optimistisch.
Rund ein Drittel der Gas-Reserven ist auf jeden Fall für hiesige Kunden. Für die Gasversorgung gibt es zudem nicht-russische Alternativen. „Wir wissen nicht genau, was am 1. Jänner passiert, aber wenn kein Gas mehr aus Russland kommt, kann man andere Lieferquellen nutzen“, sagt die Gas-Expertin. „Die Transportkapazitäten sind vorhanden, ebenso wie die Gasmengen am europäischen Markt, die auch über Deutschland oder Italien an den Handelspunkten eingekauft werden können.“
Das betrifft verflüssigtes Erdgas (LNG) oder norwegisches Gas. „Am italienischen Handelspunkt werden auch algerische Mengen oder Gas aus Aserbaidschan gehandelt.“
Transportiert wird das Gas aus Italien über den Knoten Arnoldstein in Kärnten oder aus Deutschland etwa über den Knoten Oberkappel (OÖ). Auf beiden Routen „kann auch Gas aus LNG-Lieferungen transportiert werden“, informiert das Klimaschutzministerium.
Für Gas, das aus Deutschland kommt, müssen wir allerdings derzeit noch eine Art „Maut“ zahlen. Die dort verlangte Gasspeicherumlage für die Gas-Durchleitung schlägt sich mit Mehrkosten von 2,5 Millionen Euro pro Terawattstunde nieder. Für den ganzen Gas-Jahresbedarf unseres Landes wären das gut 190 Millionen Euro zusätzlich.
Die Abschaffung dieser Gas-„Maut“ war schon von der deutschen Ampel-Regierung versprochen worden. Nach dem Scheitern der Koalition war aber unklar, wann sie tatsächlich im Parlament beschlossen wird.
Auch ohne weltpolitische Unwägbarkeiten und „Ausfuhr-Zölle“ in der Nachbarschaft, wird Gas auf jeden Fall teurer. „Die Netzentgelte im Gasbereich werden nächstes Jahr erhöht, auch die CO2-Steuer wird wahrscheinlich angehoben“, sagt Carola Millgramm. „Haushaltskunden sollten sich dessen bewusst sein, dass die Gaskosten nicht mehr deutlich sinken werden.“ Gespart werden kann etwa durch einen Wechsel des Energieversorgers. Das hat heuer jeder zwanzigste Gaskunde getan.
Die Netzgebühren steigen ab Jänner massiv, für Gas im Schnitt um 16,6 Prozent. Ein Lieferantenwechsel ist hier nicht möglich. Am teuersten sind die Kosten für das Gasnetz voraussichtlich in Wien mit 2,73 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Am billigsten ist Salzburg mit 1,72 Cent.
Die Netzkosten betragen ein Fünftel des Gaspreises. Sie steigen nicht nur wegen der allgemeinen Teuerung, sondern auch, weil weniger Energie verbraucht wird. So verteilt sich die Netzgebühr auf weniger Kunden.
Dabei bleibt es aber nicht. Der Staat greift mit Steuern und Abgaben tief in die Geldbörsen der Gaskunden. Schon jetzt machen sie mehr als ein Viertel des Gas-Preises aus.
Nach dem Ende vieler Energiekosten-Hilfen der Regierung befürchten Wirtschafts-Vertreter nun „eine massive Kostenwelle“. Neben dem CO2-Preis soll die Erdgasabgabe verfünffacht werden. Auch andere Gebühren steigen, wenn nicht noch die politische Notbremse gezogen wird.
Die Großhandelspreise sind nach der Ankündigung des Gas-Lieferstopps aus Russland für die OMV kurzzeitig gestiegen. Sie haben sich aber wieder eingependelt.
Dreht die Ukraine ab Jänner tatsächlich ihre Fernleitungen für russisches Gas zu, rechnen Experten mit einem Anstieg. Das würde sich spätestens in der nächsten Heizsaison auch auf die Gas-Rechnung der Haushalte auswirken.
Wem das eingespeicherte Gas gehört:
A: Die strategische Gasreserve ist der staatlich kontrollierte Erdgas-Vorrat. Sie entspricht gut einem Viertel des jährlichen Gas-Verbrauches.
Die Staatsreserve wurde 2022 um rund vier Milliarden Euro Steuergeld gekauft. Ein Jahr später war sie nach dem Sinken des Gaspreises nur noch 800 Millionen Euro wert.
B: Die „immunisierten Mengen“ sind Gasvorräte, die (Industrie-)Unternehmen als Vorsorge eingespeichert haben. Darauf haben sie auch im Notfall Zugang.
C: Der Anteil ist für „geschützte Kunden“ vorgesehen. Das sind alle Haushalte, die an das Gasnetz angeschlossen sind, aber auch Spitäler oder Pflegeheime. Sie sollen auch bei akutem Gasmangel durchgängig beliefert werden.
D: Die Vorräte österreichischer Speicherkunden sind mit hoher Wahrscheinlichkeit für den heimischen Markt bestimmt. Sie können theoretisch aber auch an ausländische Kunden verkauft werden.
E: Dieser geringe Anteil von 0,4 Prozent ist jetzt schon für ausländische Endkunden bestimmt.
F: Fast die Hälfte des gespeicherten Erdgases gehört ausländischen Speicherkunden. Die Unternehmen sind teilweise internationale Gashändler, die sich nicht im Vorhinein auf ein bestimmtes Abnehmer-Land festlegen.
Gut 800.000 Haushalte heizen bei uns mit Gas. Ganze Industriezweige sind vom Erdgas abhängig, 86 Prozent davon kamen im September aus Russland. Seit mehr als 50 Jahren lieferte zuerst die Sowjetunion und dann Russland Gas in unser Land. Noch fließt das russische Gas, wenn auch etwas weniger.
Verantwortlich dafür ist ein Rechtsstreit zwischen der OMV und Gazprom. Der heimische Energiekonzern, der zu 31,5 Prozent dem Staat gehört, hat schon im Vorjahr ein Schiedsgerichtsverfahren wegen ausgebliebener und unregelmäßiger Gaslieferungen 2022 in Deutschland eingeleitet.
Schönheitsfehler beim Gasspeicher-Versprechen
Jetzt bekam die OMV 230 Millionen Euro plus Zinsen zugesprochen. Die Summe wollte sie mit Zahlungen von ihrer Seite gegenverrechnen. Daraufhin hat Gazprom die Lieferungen an die OMV eingestellt.
An der Verteilerstation in Baumgarten (NÖ) kam zuletzt allerdings weiter Gas aus Russland an. Abnehmer sind wohl andere Gashändler.
ÖVP-Kanzler Karl Nehammer verspricht jedenfalls, „Niemand wird in Österreich frieren.“ Rund 20 Terawattstunden (TWh) Gas hat der Staat eingelagert, insgesamt liegen in unseren Gasspeichern 94,5 TWh. „Das ist mehr als ein Jahresbedarf für ganz Österreich.“ Der lag im Vorjahr bei 75,6 TWh. Die vollmundige Ankündigung hat allerdings einen Schönheitsfehler. Fast die Hälfte der Gas-Vorräte gehören ausländischen Unternehmen. Gashändler an sich haben das Gas in unserem Land gespeichert, weil sie „am österreichischen Handelspunkt verkaufen wollen“, erklärt Carola Millgramm, die Leiterin der Abteilung Gas bei der Regulierungsbehörde E-Control. „Das heißt nicht unbedingt, dass es in unserem Land bleibt.“
Es könnte zum Beispiel auch nach Italien exportiert werden, wenn der Preis dort höher ist. „Aber wenn man sich eine Situation vorstellt, in der weniger Gas nach Österreich käme, dann würde der Preis ja auch steigen und dann steigt auch der Anreiz dafür, dass diese Gasmengen hier verkauft werden und hierbleiben“, ist Millgramm optimistisch.
Rund ein Drittel der Gas-Reserven ist auf jeden Fall für hiesige Kunden. Für die Gasversorgung gibt es zudem nicht-russische Alternativen. „Wir wissen nicht genau, was am 1. Jänner passiert, aber wenn kein Gas mehr aus Russland kommt, kann man andere Lieferquellen nutzen“, sagt die Gas-Expertin. „Die Transportkapazitäten sind vorhanden, ebenso wie die Gasmengen am europäischen Markt, die auch über Deutschland oder Italien an den Handelspunkten eingekauft werden können.“
Das betrifft verflüssigtes Erdgas (LNG) oder norwegisches Gas. „Am italienischen Handelspunkt werden auch algerische Mengen oder Gas aus Aserbaidschan gehandelt.“
Transportiert wird das Gas aus Italien über den Knoten Arnoldstein in Kärnten oder aus Deutschland etwa über den Knoten Oberkappel (OÖ). Auf beiden Routen „kann auch Gas aus LNG-Lieferungen transportiert werden“, informiert das Klimaschutzministerium.
Für Gas, das aus Deutschland kommt, müssen wir allerdings derzeit noch eine Art „Maut“ zahlen. Die dort verlangte Gasspeicherumlage für die Gas-Durchleitung schlägt sich mit Mehrkosten von 2,5 Millionen Euro pro Terawattstunde nieder. Für den ganzen Gas-Jahresbedarf unseres Landes wären das gut 190 Millionen Euro zusätzlich.
Die Abschaffung dieser Gas-„Maut“ war schon von der deutschen Ampel-Regierung versprochen worden. Nach dem Scheitern der Koalition war aber unklar, wann sie tatsächlich im Parlament beschlossen wird.
Auch ohne weltpolitische Unwägbarkeiten und „Ausfuhr-Zölle“ in der Nachbarschaft, wird Gas auf jeden Fall teurer. „Die Netzentgelte im Gasbereich werden nächstes Jahr erhöht, auch die CO2-Steuer wird wahrscheinlich angehoben“, sagt Carola Millgramm. „Haushaltskunden sollten sich dessen bewusst sein, dass die Gaskosten nicht mehr deutlich sinken werden.“ Gespart werden kann etwa durch einen Wechsel des Energieversorgers. Das hat heuer jeder zwanzigste Gaskunde getan.
Die Netzgebühren steigen ab Jänner massiv, für Gas im Schnitt um 16,6 Prozent. Ein Lieferantenwechsel ist hier nicht möglich. Am teuersten sind die Kosten für das Gasnetz voraussichtlich in Wien mit 2,73 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Am billigsten ist Salzburg mit 1,72 Cent.
Die Netzkosten betragen ein Fünftel des Gaspreises. Sie steigen nicht nur wegen der allgemeinen Teuerung, sondern auch, weil weniger Energie verbraucht wird. So verteilt sich die Netzgebühr auf weniger Kunden.
Dabei bleibt es aber nicht. Der Staat greift mit Steuern und Abgaben tief in die Geldbörsen der Gaskunden. Schon jetzt machen sie mehr als ein Viertel des Gas-Preises aus.
Nach dem Ende vieler Energiekosten-Hilfen der Regierung befürchten Wirtschafts-Vertreter nun „eine massive Kostenwelle“. Neben dem CO2-Preis soll die Erdgasabgabe verfünffacht werden. Auch andere Gebühren steigen, wenn nicht noch die politische Notbremse gezogen wird.
Die Großhandelspreise sind nach der Ankündigung des Gas-Lieferstopps aus Russland für die OMV kurzzeitig gestiegen. Sie haben sich aber wieder eingependelt.
Dreht die Ukraine ab Jänner tatsächlich ihre Fernleitungen für russisches Gas zu, rechnen Experten mit einem Anstieg. Das würde sich spätestens in der nächsten Heizsaison auch auf die Gas-Rechnung der Haushalte auswirken.
Wem das eingespeicherte Gas gehört:
A: Die strategische Gasreserve ist der staatlich kontrollierte Erdgas-Vorrat. Sie entspricht gut einem Viertel des jährlichen Gas-Verbrauches.
Die Staatsreserve wurde 2022 um rund vier Milliarden Euro Steuergeld gekauft. Ein Jahr später war sie nach dem Sinken des Gaspreises nur noch 800 Millionen Euro wert.
B: Die „immunisierten Mengen“ sind Gasvorräte, die (Industrie-)Unternehmen als Vorsorge eingespeichert haben. Darauf haben sie auch im Notfall Zugang.
C: Der Anteil ist für „geschützte Kunden“ vorgesehen. Das sind alle Haushalte, die an das Gasnetz angeschlossen sind, aber auch Spitäler oder Pflegeheime. Sie sollen auch bei akutem Gasmangel durchgängig beliefert werden.
D: Die Vorräte österreichischer Speicherkunden sind mit hoher Wahrscheinlichkeit für den heimischen Markt bestimmt. Sie können theoretisch aber auch an ausländische Kunden verkauft werden.
E: Dieser geringe Anteil von 0,4 Prozent ist jetzt schon für ausländische Endkunden bestimmt.
F: Fast die Hälfte des gespeicherten Erdgases gehört ausländischen Speicherkunden. Die Unternehmen sind teilweise internationale Gashändler, die sich nicht im Vorhinein auf ein bestimmtes Abnehmer-Land festlegen.