Wegwerfen wird teuer
Ab Jänner sind für Plastikflaschen und Alu-Dosen 25 Cent Pfand fällig. Das soll weniger Müll auf den Straßen und mehr Wiederverwertung bringen. Aber es regt sich Unmut.
In der kleinen Trafik von Wolfgang Winkler ist nicht viel Platz. Künftig soll er dort auch noch den 300-Liter-Sack mit zurückgegebenen Pfandflaschen aufheben, bis er abgeholt wird. „Die Bürokratie nimmt uns die Luft zum Atmen“, klagt der Trafikant über die neuen Pfand-Bestimmungen.

Ab 1. Jänner gilt für Plastikflaschen und Alu-Dosen eine Pfand-Pflicht. An der Kassa werden 25 Cent aufgeschlagen. Die Kunden können sich das Geld bei Rückgabe-Automaten in Supermarkt-Filialen zurückholen. Aber auch kleinere Betriebe wie Bäckereien, Würstlstände oder eben Trafiken sind verpflichtet, leere Flaschen und Dosen zurückzunehmen.

Zwar nur in der Menge, in der die Getränke über die Budel gehen – also ein bis zwei pro Kunde. Doch auch das läppert sich.

Die neuen Regelungen „sind nichts anderes als eine Attacke auf kleine Unternehmer, die tagtäglich hart arbeiten, um zu bestehen“, kritisiert Marko Fischer, der Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Wien. Für kleine Geschäfte, die oft weniger als zehn Quadratmeter Fläche haben, stelle die Pfandpflicht eine immense und unverhältnismäßige Belastung dar. Er sieht Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) in der Pflicht. Laut Pfand-Verordnung können an „stark frequentierten Orten, wie insbesondere auf Flughäfen, Bahnhöfen, in Einkaufsstraßen oder -centern“ mehrere Unternehmen eine „gemeinsame alternative Rücknahmestelle benennen“. Diese Regelung wollen die kleinen Unternehmen überall für sich ausnützen. Dafür brauche es eine offizielle Klarstellung.

Im Büro von Umweltministerin Leonore Gewessler ist man allerdings überzeugt, „für alle Seiten eine gute Lösung gefunden“ zu haben. Zumal „kleine Geschäfte ohne Automaten nur jene Gebindesorten zurücknehmen müssen, die auch bei ihnen verkauft werden. Wer nur Dosen anbietet, muss zum Beispiel nur Dosen zurücknehmen.“

Zubrot durch Flaschenpfand für 1,2 Millionen Deutsche

Plastik-Flaschen und Dosen einfach wegzuwerfen, ist ab nächstem Jahr teuer. In einer vierköpfigen Familie, in der jeder zumindest ein Flasche mit Mineralwasser oder Limonade pro Tag konsumiert, fallen so rund 30 Euro Pfand pro Monat an. Landen sie im Mistkübel, gehen jährlich mehr als 300 Euro „verloren“.

„Schuld“ am Pfand ist die EU. Bis zum Jahr 2029 müssen 90 Prozent der Einweg-Getränkeverpackungen getrennt gesammelt werden. Derzeit liegen wir bei rund 70 Prozent.

„Österreich ist leider noch immer ein Land der Plastikmüllberge“, erklärte Umweltministerin Leonore Gewessler schon im Sommer. „Wir tragen Verantwortung dafür, dass dieser Müll nicht unsere Wälder, Wiesen und Bäche verschmutzt.“

In Ländern, wo es schon länger ein Pfandsystem gibt, landen die meisten Plastikflaschen und Getränkedosen bei der Rückgabe. Auch weil sich manche damit ein Zubrot verdienen.

In Deutschland zahlen Kunden seit dem Jahr 2003 Einsatz für Einweg-Gebinde. Dort sammeln laut Schätzungen der Initiative „Pfand gehört daneben“ rund 1,2 Millionen Menschen zumindest gelegentlich stehengelassene Pfandflaschen, um über die Runden zu kommen. Nur rund ein Drittel der Pfandsammler ist obdachlos. Viele gehen arbeiten oder sind in der Pension.

Keine Pfandringe für Stadt-Mistkübel in Wien

Bei großen Veranstaltungen springen bis zu hundert Euro pro Tag heraus. Ansonsten erleichtern sogenannte Pfandringe oder Abstellflächen, die an den öffentlichen Mistkübeln angebracht werden, das Sammeln und verhindern, dass „Pfandtaucher“ im Müll „stierln“.

Dass das zum Problem werden kann, war in der irischen Hauptstadt Dublin zu sehen. Dort gilt seit Februar ein Pfandsystem. In den Bahnhöfen wurden sogar Plakate aufgestellt, die vor dem Griff in den Abfall und möglichen Verletzungen warnten. Jetzt hat die Stadtverwaltung in Dublin Aufsätze bei 80 öffentlichen Mistkübeln gebaut, auf denen Passanten ihre Pfandgebinde hinterlassen können.

In Wien sind Extra-Abstellflächen für Dosen und Flaschen nicht vorgesehen. Die für Abfallwirtschaft zuständige Magistratsabteilung (MA 48) beschäftigt sich „mit den internationalen Erfahrungen mit Pfandringen und ähnlichem schon seit einigen Jahren“, heißt es aus dem Rathaus. „Vor allem mit deutschen und Schweizer Großstädten sind wir in regem Austausch. Einige Städte wie Köln, Hannover oder Berlin haben ausführliche, mehrjährige – wissenschaftlich begleitete – Tests dazu gemacht. Das Ergebnis: Es wird von der Aufstellung von Pfandringen abgeraten.“

Es scheitert oft an den Passanten, die auf den Sammeltellern nicht nur Pfand-Gebinde, sondern auch anderen Müll abstellen. Damit landet mehr Abfall neben den Mistkübeln, das zieht Insekten und andere Tiere an.

Das Pfand an sich begrüßt die Stadt. Dass für die Temperatur der Müllverbrennungsanlage und damit die Fernwärme ein gewisser Anteil an Plastikmüll nötig ist, stimmt nicht. Das „ist ein Mythos, der sich leider hartnäckig hält“.

Die Abwicklung und Organisation des Pfandsystems bei uns übernimmt die „EWP Recycling Pfand Österreich GmbH“, wobei EWP für Einwegpfand steht. Sie „wird gemeinsam sowohl von den Getränkeherstellern als auch vom Handel getragen“, wird im Umweltministerium erklärt.

Rund 2,2 Milliarden Flaschen und Dosen sollen pro Jahr zurückgegeben werden. Dank des Pfandes sollen aus Flaschen wieder Flaschen werden, aus Dosen ebenfalls wieder Dosen. „Die zurückgegebenen Gebinde werden gesammelt, sortiert und stehen den Produzenten wieder als Rohstoff zur Verfügung“, sagen die Geschäftsführer der Pfand-Gesellschaft. Denn ab nächstem Jahr müssen Plastikflaschen laut EU zu mindestens einem Viertel aus wiederverwertetem Kunststoff bestehen.

Nicht alle Kunden holen sich ihren Einsatz wieder zurück. Das nicht abgeholte Geld ist der sogenannte Pfandschlupf. Er „bleibt im Pfandsystem und dient dazu, einen Teil der Kosten zu decken“, wird bei den „Recycling Pfand Österreich“ erklärt.

Neun von zehn Pfandflaschen sollen „zurückwandern“. Das würde einen Pfandschlupf von rund 50 Millionen Euro jährlich als „Pfand-Geschenk“ an die Firmen bedeuten.

Für zerquetschte Flaschen gibt es kein Geld

Ab 1. Jänner wird ein Pfand von 25 Cent auf Plastikflaschen und Getränkedosen aufgeschlagen. Das gilt für Gebinde zwischen 0,1 und drei Liter.

Einweg-Verpackungen von Milchprodukten, Sirupen und medizinischen Produkten sind vom „Zwangs-Pfand“ ausgenommen.

Bis Ende 2025 gilt die Übergangsphase. Nur wenn das nicht übermäßig große Pfandsymbol oberhalb des Strichcodes auf das Etikett gedruckt ist, sind die 25 Cent fällig.

Die Flaschen und Dosen dürfen nicht zerdrückt werden. Sie müssen leer und mit lesbarem Etikett zurückgegeben werden.

Die Flaschen können auch ohne Deckel zurückgebracht werden.

Die Kunden können sich das Pfand bei den Rückgabe-Automaten in Supermärkten zurückholen. Auch in Bäckereien, Drogeriemärkten oder in manchen Gastro-Betrieben, also überall dort, wo pfandpflichtige Flaschen und Alu-Dosen verkauft werden, werden sie zurückgenommen.

Lieferdienste müssen zwar das Pfand einheben, die
Flaschen und Dosen aber nicht zurücknehmen.

Automaten akzeptieren laut der zuständigen Pfand-Stelle unbegrenzt viele Gebinde. Verkaufsstellen mit händischer Rücknahme müssen nur die üblichen Mengen, die pro Kunden verkauft werden, zurücknehmen.