Karoline Herfurth:
Alltags-Geschichten
Mit einem Film über die Gewichtsprobleme vieler Frauen verarbeitete Karoline Herfurth (re.) als Hauptdarstellerin und Regisseurin auch ihr eigenes Schicksal. Und wurde dafür geehrt.
Frauke (Martina Gedeck, 63) hat Probleme mit dem Älterwerden, sie findet sich von Tag zu Tag weniger schön. Ihr Mann Wolfi (Joachim Król, 67,) hat andere Sorgen. Er ist seit Kurzem pensioniert und weiß mit sich nichts anzufangen.

Die gemeinsame Tochter Julie (Emilia Schüle, 31) strebt eine Karriere als Modell an und versucht krampfhaft, sich dem Schönheitsideal dieser Branche anzupassen. Leyla (Dilara Aylin Ziem, 22) ist Schülerin und verfolgt Julies Leben mit Argusaugen. Durch ihr Übergewicht fühlt sie sich als Außenseiterin, und sie würde gerne mit Julie tauschen. Wer so aussieht wie sie – davon ist sie überzeugt – müsse ein besseres Leben führen.

Währenddessen kämpft Julies Schwägerin Sonja (Karoline Herfurth, 40) mit ihrem Dasein als zweifache Mutter. Ihr Mann Milan (Friedrich Mücke, 43) unterschätzt völlig, welchem Stress sich die junge Mutter aussetzt.

Sonjas beste Freundin, die Lehrerin Vicky (Nora Tschirner, 43) sieht all das pragmatisch. Für sie war schon immer klar, dass Frauen und Männer niemals gleichberechtigt miteinander umgehen werden. Dabei rechnet sie freilich nicht mit ihrem Kollegen Franz (Maximilian Brückner, 45), der sie gerne vom Gegenteil überzeugen möchte …

„Ich habe mir das ,optische‘ Denken in jahrelanger Arbeit tatsächlich abtrainiert“, betont Nora Tschirner, die in der Geschichte als selbstbewusste Feministin auftritt.

„Wenn‘s nur ums Äußerliche geht, gibt‘s bei mir eine richtige Blockade. Ich bin mit meinem Körper zufrieden, weil er bestens funktioniert. Ich habe zwei gesunde Arme, zwei gesunde Beine und ein waches Hirn. Deshalb empfinde ich mich als gut gelungen, aber das hat am wenigsten mit meinen äußerlichen Merkmalen zu tun. Ich glaube, das mit den ,inneren Werten‘ ist mehr als nur eine Phrase. Wenn du nur eine Hülle bist, interessiert das nach einer Minute keine Sau mehr.“

Zu Beginn von Nora Tschirners Laufbahn war das jedoch nicht so. „Aber ich denke trotzdem nicht, dass dieses ,Wie sehe ich aus?‘-Gefühl bei mir jemals viel Raum einnahm. Ich hatte wohl das Glück, dass ich anders geprägt war. Das Werte-System, aus dem ich stamme, war einfach deutlich anders“, sagt Tschirner.

Karoline Herfurth, die bei dem Film auch Regie führte und dafür mit dem „Ernst-Lubitsch-Preis“ ausgezeichnet wurde, meinte in ihrer Dankesrede, „Ich selbst habe eine Magersucht überlebt und kenne keine Frau, die aus einem gesunden Bauchgefühl heraus isst oder mit liebevollem Blick den eigenen Körper betrachtet.“

Somit ist es kein Wunder, dass es ihr ein Anliegen war, „Wunderschön“ auf die Leinwand und die Bildschirme zu bringen. „Ich bin als junges Mädchen mit vermeintlich perfekten Vorbildern aufgewachsen, die mir einen Konflikt mit dem eigenen Körper bescherten.“