Meister der „schönen Leich“
Für zwei Burgenländer ist der Tod alltäglich. Sie konservieren, frisieren und schminken Leichen für deren letzten Weg. Ein Beruf, der nie ausstirbt.
Skalpell, Schere, Pinzette, Gefäßklammern, Zwirn und Injektionsnadeln. Neben dem Chirurgenbesteck befinden sich außerdem Pinsel, Rasierer und Watte im Arbeitskoffer von Franz Nechansky. Der 55jährige Burgenländer ist ausgebildeter Thanatopraktiker und arbeitet seit fast dreißig Jahren an und mit Leichen. Seine Aufgabe ist, das äußere Erscheinungsbild der Toten wiederherzustellen und den Körper gleichzeitig vor Verfall zu schützen. „Die Angehörigen sollen den Verstorbenen ein letztes Mal so sehen, wie sie ihn in Erinnerung haben“, sagt Nechansky.
Es braucht mehrere Schritte, um einen toten Körper zu konservieren. Wenn die Verstorbenen in der Leichenhalle ankommen, beginnt zuerst die Grundreinigung. Dabei wird die Leiche mit warmem Wasser gewaschen und desinfiziert, um unangenehme Gerüche zu vermeiden und Krankheiten nicht zu übertragen. Anschließend wird das gesamte Blut entnommen und eine Formaldehyd-Mischung injiziert, um den Verwesungsprozess zu verlangsamen. „Die Chemikalien ersetzen das Blut und andere Körperflüssigkeiten, wodurch der Körper konserviert wird. Das ist wie eine Drainage“, erklärt der Fachmann. Die Leiche bleibt danach wenige Wochen bis zu einem halben Jahr ansehbar.
Einen friedlichen Eindruck hinterlassen
Bei der Arbeit ist Fingerspitzengefühl gefragt. Die Augen werden mit Plastikkappen verschlossen und der Mund mithilfe einer unsichtbaren Naht zugenäht. „Wichtig ist, am Gesicht einen friedlichen, schlafenden Eindruck zu hinterlassen“, erklärt Nechansky. Oft sind nach schweren Krankheiten Gesichtspartien eingefallen oder hängen, sie werden aufgespritzt. Offene Wunden oder Verletzungen werden verschlossen. Die Haut wird eingecremt, um sie frisch aussehen zu lassen. Totenflecke werden kaschiert, die Nägel an Händen und Füßen geschnitten. Haare waschen und frisieren, Bart rasieren und das Gesicht schminken gehört ebenso zum Arbeitsalltag. „Die Person soll so authentisch wie möglich abgebildet werden, daher fragen wir immer nach einem Foto vor dem Zeitpunkt des Ablebens.“
An Nechanskys Seite ist sein langjähriger Kollege Miguel Palomo-Rodriguez. Der 51jährige ist gelernter Schlosser und durch Zufall in der Bestattungsbranche gelandet. Nun arbeitet er gemeinsam mit seinem Chef oft tagelang an einer Leiche. „Vor allem nach schweren Unfällen, bei Suizid oder Mord sind die Körper schwer gezeichnet. Hier ist die Aufbereitung eine Herausforderung“, weiß Palomo-Rodriguez. Es gibt auch Leichen, die bereits so stark entstellt waren, dass sie diese ablehnen mussten. Falls gewünscht, leisten die beiden Assistenz bei Obduktionen und Exhumierungen.
Für die Arbeit als Thanatopraktiker (abgeleitet vom griechischen Wort thanatos für Tod) ist eine Ausbildung in der Bestattungsbranche zwingend notwendig, einen Lehrberuf gibt es nicht. „Wir haben für zwei Jahre einen Universitätslehrgang in Graz besucht. Unterrichtet wurden wir in den wissenschaftlichen Grundlagen der plastischen Chirurgie und in den Fächern Anatomie, Mikrobiologie und Chemie.
Eine Kosmetikerin und eine Visagistin waren ebenfalls vor Ort“, erzählt Nechansky. Die Zusatzausbildung geht mit einer Meisterprüfung, abgenommen von Fachärzten, einher. Ekel oder Hemmungen empfindet Nechansky nicht. „Ich bin damit aufgewachsen.“ Schon Nechanskys Großvater war in der Bestattungsbranche tätig, das Familienunternehmen besteht seit dem Jahr 1892 in Neufeld an der Leitha (B). Nechansky selbst, eigentlich gelernter Augenoptiker, hat den Betrieb vor fast dreißig Jahren übernommen. Thanatopraktisch arbeitet er seit fast zwanzig Jahren und war Teil des ersten Ausbildungslehrganges, der in unserem Land stattfand. Nechansky und Palomo-Rodriguez sind im Burgenland die einzigen Thanatopraktiker.
„Nicht jeder Mensch ist für die tägliche Arbeit mit Toten geeignet. Wichtig ist, psychisch belastbar zu sein und die Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen.“
Die Thanatopraxie geht auf die alten Ägypter zurück und wurde bereits 6.000 v. Chr. praktiziert. Bei uns darf die Thanatopraxie legal durchgeführt werden. Die Eingriffe finden in Absprache mit den Angehörigen statt. Auch das Anfertigen von Totenmasken gehört dazu. Eine Totenmaske soll ein persönliches Andenken an einen verstorbenen Menschen sein. Sie kann aus Gips, Bronze oder Kunststoff angefertigt werden und ist eine 1:1-Abbildung des Gesichtes. Genauso können Fingerabdrücke des Verstorbenen kopiert und als Gravur auf einem Schmuckstück getragen werden. Mittlerweile werden aus der Asche der Verstorbenen sogar Diamanten oder Schallplatten gepresst, Kostenpunkt 8.000 Euro aufwärts.
Auch bei Begräbnissen beobachtet Nechansky eine Trendwende und modernere Zugänge. „Immer mehr Menschen lassen sich verbrennen, besonders Stadtbewohner.“ Außerdem steigt die Nachfrage nach Wasser- und Waldbestattungen ganz nach dem Motto „Zurück zur Natur“.
Angst vor dem Tod haben weder Nechansky noch Palomo-Rodriguez. Nur vor der Art des Sterbens. „Manchmal kann der Tod eine Erlösung sein“, sagt Rodriguez. Nechansky kritisiert den Umgang der Gesellschaft mit dem Tod. „Früher wurden die Toten in den Häusern daheim aufgebahrt. Heute haben die Menschen Angst, überhaupt in die Leichenhalle zu gehen. Wir haben das Sterben aus der Gesellschaft verdrängt. Dabei ist es die Logik des Lebens.“ Sein Tipp als langjähriger Bestatter lautet, „Haben Sie keine Scham. Lassen Sie Ihre Angehörigen wissen, was Sie sich für Ihr Begräbnis vorstellen. Äußern Sie Ihre Wünsche nicht erst im Testament.“
Es braucht mehrere Schritte, um einen toten Körper zu konservieren. Wenn die Verstorbenen in der Leichenhalle ankommen, beginnt zuerst die Grundreinigung. Dabei wird die Leiche mit warmem Wasser gewaschen und desinfiziert, um unangenehme Gerüche zu vermeiden und Krankheiten nicht zu übertragen. Anschließend wird das gesamte Blut entnommen und eine Formaldehyd-Mischung injiziert, um den Verwesungsprozess zu verlangsamen. „Die Chemikalien ersetzen das Blut und andere Körperflüssigkeiten, wodurch der Körper konserviert wird. Das ist wie eine Drainage“, erklärt der Fachmann. Die Leiche bleibt danach wenige Wochen bis zu einem halben Jahr ansehbar.
Einen friedlichen Eindruck hinterlassen
Bei der Arbeit ist Fingerspitzengefühl gefragt. Die Augen werden mit Plastikkappen verschlossen und der Mund mithilfe einer unsichtbaren Naht zugenäht. „Wichtig ist, am Gesicht einen friedlichen, schlafenden Eindruck zu hinterlassen“, erklärt Nechansky. Oft sind nach schweren Krankheiten Gesichtspartien eingefallen oder hängen, sie werden aufgespritzt. Offene Wunden oder Verletzungen werden verschlossen. Die Haut wird eingecremt, um sie frisch aussehen zu lassen. Totenflecke werden kaschiert, die Nägel an Händen und Füßen geschnitten. Haare waschen und frisieren, Bart rasieren und das Gesicht schminken gehört ebenso zum Arbeitsalltag. „Die Person soll so authentisch wie möglich abgebildet werden, daher fragen wir immer nach einem Foto vor dem Zeitpunkt des Ablebens.“
An Nechanskys Seite ist sein langjähriger Kollege Miguel Palomo-Rodriguez. Der 51jährige ist gelernter Schlosser und durch Zufall in der Bestattungsbranche gelandet. Nun arbeitet er gemeinsam mit seinem Chef oft tagelang an einer Leiche. „Vor allem nach schweren Unfällen, bei Suizid oder Mord sind die Körper schwer gezeichnet. Hier ist die Aufbereitung eine Herausforderung“, weiß Palomo-Rodriguez. Es gibt auch Leichen, die bereits so stark entstellt waren, dass sie diese ablehnen mussten. Falls gewünscht, leisten die beiden Assistenz bei Obduktionen und Exhumierungen.
Für die Arbeit als Thanatopraktiker (abgeleitet vom griechischen Wort thanatos für Tod) ist eine Ausbildung in der Bestattungsbranche zwingend notwendig, einen Lehrberuf gibt es nicht. „Wir haben für zwei Jahre einen Universitätslehrgang in Graz besucht. Unterrichtet wurden wir in den wissenschaftlichen Grundlagen der plastischen Chirurgie und in den Fächern Anatomie, Mikrobiologie und Chemie.
Eine Kosmetikerin und eine Visagistin waren ebenfalls vor Ort“, erzählt Nechansky. Die Zusatzausbildung geht mit einer Meisterprüfung, abgenommen von Fachärzten, einher. Ekel oder Hemmungen empfindet Nechansky nicht. „Ich bin damit aufgewachsen.“ Schon Nechanskys Großvater war in der Bestattungsbranche tätig, das Familienunternehmen besteht seit dem Jahr 1892 in Neufeld an der Leitha (B). Nechansky selbst, eigentlich gelernter Augenoptiker, hat den Betrieb vor fast dreißig Jahren übernommen. Thanatopraktisch arbeitet er seit fast zwanzig Jahren und war Teil des ersten Ausbildungslehrganges, der in unserem Land stattfand. Nechansky und Palomo-Rodriguez sind im Burgenland die einzigen Thanatopraktiker.
„Nicht jeder Mensch ist für die tägliche Arbeit mit Toten geeignet. Wichtig ist, psychisch belastbar zu sein und die Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen.“
Die Thanatopraxie geht auf die alten Ägypter zurück und wurde bereits 6.000 v. Chr. praktiziert. Bei uns darf die Thanatopraxie legal durchgeführt werden. Die Eingriffe finden in Absprache mit den Angehörigen statt. Auch das Anfertigen von Totenmasken gehört dazu. Eine Totenmaske soll ein persönliches Andenken an einen verstorbenen Menschen sein. Sie kann aus Gips, Bronze oder Kunststoff angefertigt werden und ist eine 1:1-Abbildung des Gesichtes. Genauso können Fingerabdrücke des Verstorbenen kopiert und als Gravur auf einem Schmuckstück getragen werden. Mittlerweile werden aus der Asche der Verstorbenen sogar Diamanten oder Schallplatten gepresst, Kostenpunkt 8.000 Euro aufwärts.
Auch bei Begräbnissen beobachtet Nechansky eine Trendwende und modernere Zugänge. „Immer mehr Menschen lassen sich verbrennen, besonders Stadtbewohner.“ Außerdem steigt die Nachfrage nach Wasser- und Waldbestattungen ganz nach dem Motto „Zurück zur Natur“.
Angst vor dem Tod haben weder Nechansky noch Palomo-Rodriguez. Nur vor der Art des Sterbens. „Manchmal kann der Tod eine Erlösung sein“, sagt Rodriguez. Nechansky kritisiert den Umgang der Gesellschaft mit dem Tod. „Früher wurden die Toten in den Häusern daheim aufgebahrt. Heute haben die Menschen Angst, überhaupt in die Leichenhalle zu gehen. Wir haben das Sterben aus der Gesellschaft verdrängt. Dabei ist es die Logik des Lebens.“ Sein Tipp als langjähriger Bestatter lautet, „Haben Sie keine Scham. Lassen Sie Ihre Angehörigen wissen, was Sie sich für Ihr Begräbnis vorstellen. Äußern Sie Ihre Wünsche nicht erst im Testament.“