Klagenfurtern stinkt das Trinkwasser
Im Sommer führten Fäkalbakterien in der Sattnitz, dem Abfluss des Wörthersees (K), zu einem Badeverbot. Dann traf es die Klagenfurter erneut. Ihr Trinkwasser ist mit denselben Bakterien verseucht.
Eigentlich hat das Trinkwasser in Klagenfurt eine gute Qualität. Die etwas mehr als 100.000 Bewohner der Kärntner Landeshauptstadt beziehen ihr kostbares Nass zu etwa 95 Prozent aus Grundwasser und zu fünf Prozent von Quellen.

Doch seit fast vier Wochen müssen zehntausende von ihnen ohne Trinkwasser auskommen. Die Misere begann in einem städtischen Kindergarten. Dort wurden am 20. September von der Gesundheitsbehörde bei einer Routinekontrolle in einer Probe Enterokokken, genauer gesagt menschliche Fäkalbakterien, nachgewiesen. Da die anderen acht Proben keine Verunreinigungen zeigten, wurde zunächst von einem lokalen Problem ausgegangen. Doch einen Tag später erhielt die Gesundheitsbehörde von den Klagenfurter Stadtwerken die Information, dass bei einem weiteren Wassertest, bei dem zwölf Proben entnommen wurden, sieben verunreinigt waren. Die Proben stammten aus unterschiedlichen Stadtteilen Klagenfurts.

Daraufhin wurde allen Bewohnern empfohlen, das Wasser aus der Leitung vor dem Verzehr drei Minuten abzukochen. Die Probleme mit der Wasserqualität halten auch nach Wochen an. Zwar haben 70.000 Bürger wieder sauberes Wasser, doch für 30.000 im Westen Klagenfurts konnten die Verunreinigungen durch Fäkalien noch nicht beseitigt werden.

Ursache nach einem Monat noch immer nicht gefunden

Die Stadtväter erklären zwar, das Wasser sei nach dem Abkochen bedenkenlos zu trinken, doch ein fahler Nachgeschmack bleibt. Und das Duschen, Zähneputzen sowie Wäsche waschen sei ohnedies auch mit dem verschmutzten Leitungswasser möglich. Dabei warnen sogar die Experten der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), dass es durch Enterokokken „bei Verschleppung aus dem Darmbereich zu Harnwegsinfektionen, Bauchfellentzündungen und selten – bei Einschwemmung in den Blutkreislauf sowie bei vorgeschädigten Herzklappen – zur Herzklappenentzündung kommen kann.“

Außerdem sei der Fall in Klagenfurt einzigartig in unserem Land, einen vergleichbaren habe es noch nie gegeben. Weil selbst nach einem Monat noch immer nicht die Ursache für die Verunreinigung gefunden wurde. Möglich sei alles, heißt es aus Klagenfurt. So könnten durch einen manipulierten Hydranten über eine beschädigte Leitung im 900 Kilometer langen Wassernetz bei Bauarbeiten die Fäkalbakterien ins Wasser gelangt sein, aber ebenso stehen private Brunnen im Verdacht, die unerlaubt ans öffentliche Wassernetz angeschlossen wurden. „Wir gehen davon aus, dass die Verunreinigung ein einmaliges Ereignis war. Hier reden wir bei 26 Millionen Liter Wasser in Klagenfurt insgesamt von einem Achtelliter Eintrag, den wir finden müssen“, erklärt der Stadtwerke-Vorstand Erwin Smole.

„Die Werte der Verunreinigung sind mittlerweile gering. Wir entnehmen jedoch weiterhin aus allen Stadtgebieten Proben – mit Schwerpunkt auf den Westen – bis zu 100 Proben täglich, wo wir die Ursache vermuten.“ Dabei werden immer öfters Stimmen laut, die sagen, dass die Stadtwerke das Schlamassel selbst verursacht hätten und bereits im Sommer Kanalanlagen und Wasserleitungen durch einen Bagger beschädigt wurden. Dann sei versucht worden, das Wasser mit Chlortabletten zu reinigen und die undichte Stelle wieder zu verschließen.

Die Stadtwerke widersprechen. „Im Wasserwerk der Stadtwerke Klagenfurt wird generell nicht mit Chlortabletten gearbeitet – also werden auch Probleme im Zusammenhang mit undichten oder beschädigten Wasserleitungen nicht damit gelöst. Dem Trinkwasser in Bereichen rund um Baustellen werden nach deren Fertigstellung immer Proben entnommen und an das Institut für Lebenssicherheit, Veterinärmedizin und Umwelt des Landes Kärnten geschickt.“

Laut Vorstand Smole werde intensiv an der Reinigung gearbeitet. „Das gesamte Wassernetz wird derzeit durchgespült. Dadurch wird das verunreinigte Wasser in Richtung Westen aus den Leitungen befördert, sodass die Verunreinigung nach und nach abnimmt.“

Indes geht die Staatsanwaltschaft Klagenfurt der ersten Anzeige nach, die im Zusammenhang mit der Trinkwasserverunreinigung eingegangen ist. „Es steht der Vorwurf im Raum, dass der Bürgermeister Christian Scheider und der Stadtwerke-Vorstand Erwin Smole zu Beginn des Vorfalles ein Hilfsangebot des Landes ausgeschlagen hätten, was zu einem erheblichen Schaden für Klagenfurt und dessen Bevölkerung geführt habe. Nun wird untersucht, ob ein Anfangsverdacht besteht“, erklärt der Staatsanwalt Markus Kitz.

Unter anderem soll einem Hinweis auf verunreinigte Brunnen in der Peripherie nicht ausreichend von der Stadt
Klagenfurt nachgegangen worden sein. Bürgermeister Christian Scheider ist sich keiner Schuld bewusst. „Wir haben alles richtig gemacht. Für alle Bürgerinnen und Bürger jener Stadtteile, in denen das Wasser noch nicht ohne Abkochen konsumiert werden soll, bleibt die Versorgung mit Trinkwasser aufrecht. Im Innenhof der Stadtwerke kann täglich zwischen 8 und 20 Uhr kostenlos Wasser abgeholt werden. Bisher wurden rund 500.000 Liter ausgegeben“, sagt Scheider, der mit weiteren Trinkwasser-Freigaben einzelner Stadtteile erst in etwa 14 Tagen rechnet.

Rechnungshof kritisierte veraltetes Leitungssystem

Allerdings scheint es durchaus Versäumnisse zu geben. So wurden von Mitarbeitern des Rechnungshofes (RH) die Stadtwerke Klagenfurt bereits mehrfach auf das veraltete Trinkwasser-Leitungsnetz und die damit verbundenen Risiken wie Lecks hingewiesen. In einer Überprüfung Ende des Jahres 2023 wurde festgestellt, dass die jährliche Erneuerungsrate des Netzes zwischen 2018 und 2022 bei lediglich 0,54 Prozent lag, während national und international 1,3 bis 1,5 Prozent empfohlen werden. Hohe Wasserverluste – im Prüfungszeitraum etwa 16 Prozent – führten zu einem Schaden von 6,47 Millionen Euro. Und der Vorstand Erwin Smole erklärte bereits 2022, dass die Leitungen am Ende seien, es jedoch an finanziellen Mitteln für notwendige Investitionen mangele.

Der Rechnungshof empfahl strukturelle Einsparungen oder Gebührenerhöhungen. Daraufhin wurden die Gebühren von 2,25 Euro brutto auf 2,69 Euro brutto pro Kubikmeter erhöht, obwohl das Klagenfurter Wasser seit jeher zu den teuersten in unserem Land gehört.

Zum Vergleich, in Wien zahlen die Einwohner 2,14 Euro brutto pro Kubikmeter, in Salzburg 2,17 Euro, zudem sorgen dort ständige Kontrollen für die gesicherte Trinkwasserqualität, erklärt Michael Frostel, Konzernsprecher der Salzburg AG. „Das Wasser in der Stadt Salzburg wird sowohl bei der Gewinnung als auch an vielen Punkten im Versorgungsnetz wöchentlich geprüft, das ist um ein Vielfaches mehr als die gesetzliche Anforderung. Der Eintrag von Fäkalbakterien aufgrund einer Leckage ist nicht möglich, da das Trinkwasserleitungsnetz unter Druck betrieben wird. Ein Eintrag kann nur über illegale Zusammenschlüsse mit Nicht-Trinkwassersystemen bei hohem Druck erfolgen.“ morri