Aufregung um den elektronischen Impfpass
Seit Ende September müssen einige Impfungen verpflichtend in den e-Impfpass eingetragen werden. Das ruft nicht nur die Opposition, sondern auch Ärzte und Datenschützer auf den Plan.
Das Thema Impfen ist ein heiß diskutiertes, besonders seit der Corona-Pandemie. Auch die Umstellung auf den elektronischen Impfpass, der künftig den bisherigen Papier-Impfpass ersetzen wird, lässt die Wogen hochgehen und sorgt nicht nur für Zustimmung. Vor allem, weil – anders als bei der 2014 eingeführten elektronischen Gesundheitsakte ELGA – für den e-Impfpass, für den auch keine eigene Karte ausgestellt wird, keine Abmeldemöglichkeit vorgesehen ist.

Dies bekrittelt unter anderen die FPÖ. „Wir fordern eine ,Opt-out‘-Option, also die Möglichkeit, sich von diesem Impfpass abmelden zu können. Das entspricht auch unserer Forderung auf das Recht auf ein analoges Leben“, sagt FPÖ-Gesundheitssprecher Mag. Gerhard Kaniak, 45.

Daten in der Hoheit des Gesundheitsministers

Gegen den „Zwang zur Digitalisierung sensibler Gesundheitsdaten mit all den damit verbundenen Missbrauchsgefahren“ spricht sich auch die LMP-Politikerin Dr. Madeleine Petrovic, 68, aus. „Der digitale Impfpass ist eine Einschränkung, was unsere Entscheidungsfreiheit über unsere Gesundheitsdaten betrifft.“ Zu erfassen, welcher Mensch welche Impfungen in Anspruch nimmt, sei ein Übergriff in die Privatsphäre.

Der e-Impfpass selbst wurde bereits im Jahr 2020 eingeführt. Die rechtliche Basis dafür wurde mit der Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes (GTelG) geschaffen. „Ursprünglich war geplant, dass im e-Impfpass in einem ersten Schritt Kinderimpfungen dokumentiert werden. Diese Pläne wurden in der Corona-Pandemie angepasst und seit Ende 2020 werden darin die COVID-19-Impfungen österreichweit erfasst“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.

Derzeit sei die ELGA GmbH für den Betrieb und die technische Weiterentwicklung verantwortlich. „Sobald alle Funktionen des e-Impfpasses zur Verfügung stehen, beginnt der sogenannte Vollbetrieb.“ Dann liege die Verantwortung beim Gesundheitsministerium, erklärt Thomas Neubauer, der Pressesprecher von Minister Johannes Rauch (Grüne).

Genau das kritisiert aber die FPÖ. „Aufgrund der letzten Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes werden die persönlichen und individuellen Daten der Bürger von der ELGA GmbH in die direkte Hoheit des Gesundheitsministeriums verschoben. Damit eröffnet sich die Möglichkeit des politischen Datenzugriffes und Missbrauches“, sagt Kaniak. Das werde durch eine „spezifische Zugriffsberechtigung“ verhindert, beschwichtigt das Gesundheitsministerium.

Neben Ärzten sind beispielsweise Apotheker berechtigt, Impf-Anamnesen (Erstgespräche) durchzuführen oder Impfungen nachzutragen. Aber auch Bezirksverwaltungsbehörden könnten ausnahmsweise auf die Namen der geimpften Person zugreifen, um fehlerhafte Daten zu korrigieren.

Die Impfdaten selbst werden im zentralen Impfregister gespeichert. „Derzeit besteht eine Eintragungspflicht nur für die Impfungen gegen COVID 19, Influenza (Grippe), Affenpocken (Mpox) und HPV (Humane Pappilomviren)“, betont Neubauer. Das sind jene Impfungen, die in öffentlichen Impfprogrammen bereitgestellt wurden, seitdem der e-Impfpass verfügbar ist.

„Wenn ELGA einen e-Impfpass anbietet und ich entscheide mich dafür, dann ist das perfekt“, sagt der Datenschutzexperte Mag. Georg Markus Kainz. Das jetzt aber verpflichtend für alle zu machen, werfe die Frage auf, ob der Nutzen des Impfpasses so viel höher ist für die Gemeinschaft „als das Recht, das ich verliere“. Das digitale Gesundheitswesen schließe außerdem ältere Menschen aus, die das technisch nicht mehr schaffen, warnt Kainz.

Impf-Angebote für die Bevölkerung planbarer

„Ein weiterer Punkt ist, dass in der ELGA-Datenbank gespeichert ist, wer zugreifen kann, etwa der Landeshauptmann oder -frau. Die werden das zwar nicht persönlich machen, aber damit hat das Land Zugriff auf die Daten.“ Die Frage sei auch, „zu welchem Zweck. Dieser Eingriff in den Datenschutz klingt nach Salamitechnik – es wird immer ein bisschen weggenommen“, sagt Kainz.

„Die Bürger haben ihre Informationen stets zeit- und ortsunabhängig digital verfügbar“, weist der Gesundheitsminister auf die Vorteile des e-Impfpasses hin. Angebote für die Bevölkerung könnten besser geplant werden. „Basierend auf den Daten des e-Impfpasses ist ersichtlich, wie viele Menschen sich impfen haben lassen und wie viele eine Auffrischung benötigen.“ Damit könne etwa die Menge bei Bestellungen besser abgeschätzt werden.

Durch die Datenansammlung im Gesundheitsministerium könne aber auch wieder ein „Lockdown“ für Ungeimpfte drohen, warnen hingegen die Freiheitlichen. „Das ist ausgeschlossen“, beteuert Rauch.

Welchen Sinn ein zentrales Impfregister mit persönlichen Daten aller Geimpften in Regierungshänden haben könnte, fragt auch die „Wissenschaftliche Initiative Gesundheit für Österreich“. „Denn um die Gesundheit der einzelnen Menschen kann es nicht gehen. Für die sind weder der Gesundheitsminister noch andere Regierungsmitglieder oder Verwaltungsbeamte zuständig. Weil sie nicht in der Lage sind zu beurteilen, welche Behandlung – also auch welche Impfung – für einen individuellen Menschen gerade nützlich oder eben eher schädlich sein könnte“, erklärt deren Obmann, der Wissenschaftler, Arzt und Autor Dr. Andreas Sönnichsen. Aus gesundheitlicher Sicht sei seiner Ansicht nach die verpflichtende Teilnahme an einem zentralen Impfregister nicht notwendig und möglicherweise schädlich. „Und zwar dann, wenn Menschen dazu gedrängt oder gezwungen werden, Impfungen über sich ergehen zu lassen, die ihnen nicht nützen, sondern sogar potenziell schaden. Die vielen mittlerweile anerkannten (und die nicht erfassten) Impfschäden aufgrund der Corona-Impfstoffe sind uns Warnung genug“, sagt Sönnichsen, der betont, kein strikter Impfgegner zu sein, aber „Verfechter einer freien Impfentscheidung nach angemessener Aufklärung über Nutzen und Risiken“.

Das steht auch für den FPÖ-Abgeordneten Kaniak außer Frage. Er erinnert auch daran, dass das unter Türkis-Grün eingeführte Impfpflichtgesetz 2022 nur außer Kraft gesetzt sei.

„Das kann sofort über eine einfache Mehrheit im Nationalrat wieder aktiviert werden. Wir haben damals als einzige Partei gegen dieses Gesetz gestimmt und das werden wir auch in Zukunft so beibehalten.“ rz