Beim Arzt: Strafgebühren für unentschuldigte Termin-Schwänzer
Den Arzt-Termin zu „schwänzen“ kann teuer werden. Immer mehr Ärzte verrechnen Gebühren, wenn die Patienten nicht erscheinen. Das ist manchmal sogar jeder Fünfte.
Die Rechnung flatterte vor ein paar Wochen in den Postkasten. „Ich soll 50 Euro zahlen, weil ich einen Augenarzt-Termin verpasst habe“, erzählt Otto Maier (Name von der Redaktion geändert).
Immer mehr Ärzte verrechnen „Strafen“, wenn Patienten nicht in der Ordination erscheinen.
„Bei allen Kollegen, in allen Fächern werden im Schnitt zehn Prozent der Termine nicht wahrgenommen. Bei uns in der Praxis ist das auch so, an manchen Tagen sind es sogar bis zu 20 Prozent“, sagt Mehmet Özsoy, der Präsident des Berufsverbandes der Urologie. Das ist angesichts der langen Wartezeiten eine „enorme Belastung für unser Gesundheitssystem. Wenn vier oder fünf Patienten hintereinander nicht kommen, dann steht die Ordination für eine Stunde leer. Das sind Termine, die wir an andere Patienten vergeben könnten.“
Alleine in der Urologie in Wien gehen rund 26.000 Termine pro Jahr verloren, „durch Patienten, die nicht auftauchen. Das sind 2.200 Termine jedes Monat“, rechnet Mehmet Özsoy vor. „Es würde uns reichen, wenn wir 24 Stunden davor wüssten, der Patient wird nicht kommen.“
Der Facharzt für Urologie spricht aus eigener Erfahrung.
„Gestern hatte ich am Vormittag 29 Patienten eingeteilt, sieben davon waren nicht da. Sie haben sich auch nicht gemeldet. Obwohl wir wie fast alle Ärzte heutzutage Erinnungen per SMS verschicken.“
Zwei Erinnerungs-SMS für die Patienten
Eine Woche vor dem Termin bekommen Patienten seiner Praxis die erste Kurznachricht auf das Mobiltelefon. Sind sie verhindert, können sie mit einem einfachen „Nein“ absagen. Drei Tage vor dem Termin geht die zweite SMS hinaus. „Aber egal was wir machen, es gibt halt leider diese ,Wurschtigkeit‘ bei vielen Patienten, dass sie einfach nicht absagen.“
Dann stehen auch teure Geräte still.Die Instrumente für eine Blasenspiegelung müssen beispielsweise „vorbereitet werden, sterilisiert, das sind lange Prozesse. In Ordinationen, wo etwa Darm- oder Magenspiegelungen gemacht werden, sind das noch aufwendigere Untersuchungen, die rund 40 Minuten dauern.“
In seiner Praxis werden in der Regel 60 Euro verrechnet, wenn ein Patient seinen Termin nicht fristgerecht absagt. „Aber wenn jemand anruft, und sagt, es tut mir leid, es gab ein akutes Problem, sind wir auch sehr kulant. Wir sind nicht hinter dem Geld her, wir wollen arbeiten und Patienten behandeln.“
Leerstehende Ordinationen haben weitreichende Auswirkungen. „Wenn Patienten länger auf Termine warten und keine bekommen, dann gehen sie ins Spital. Dann sind die Spitalsambulanzen überlastet, wo 80 Prozent der Fälle gar nicht hingehören.“
Die Ärztekammer empfiehlt ihren Mitgliedern jedenfalls, Ausfallshonorare zu verrechnen. „Bei Allgemeinmedizinern liegt das meist etwa bei 20 bis 30 Euro. Wenn jemand den Termin für eine Vorsorgeuntersuchung nicht wahrnimmt, wird die Gebühr bei 100 bis 120 Euro liegen“, erklärt der Ärztekammer-Vizepräsident Edgar Wutscher. Er ist auch Hausarzt in Zirl (Tirol).
„Da ist auch ein gewisser Erziehungsfaktor dabei. Es ist wichtig, die Wartezeiten für die Patienten in Grenzen zu halten, aber wir müssen auch bei den Patienten die Verlässlichkeit einfordern, dass sie die Termine wahrnehmen.“
Auch Wutscher verrechnet Gebühren. „In unserer Ordination sind wir in einer glücklichen Situation. Weniger als zehn Prozent der Patienten nehmen ihren Termin nicht wahr. Wenn es trotzdem passiert, verlangen wir 20 Euro, allerdings nur, wenn jemand unbegründet nicht kommt.“ Gibt es einen Grund „sind wir relativ großzügig.“ Für Vorsorgeuntersuchungen wird ein Zeitaufwand von rund einer halben Stunde veranschlagt. „Nimmt ein Patient diesen Termin nicht wahr, dann verlangen wir von ihm den
Tarif, den wir für die Untersuchung bekommen hätten.“
Die meisten Patienten verstehen laut Wutscher die Zahlung, allerdings nicht alle. „In den vergangenen zwei Jahren habe ich jeweils einmal ein Inkasso-Büro eingeschaltet. Aber nicht wegen der 20 Euro, sondern es ging um eine höhere Summe.“
Bei den Patientenanwaltschaften sind die Ausfallshonorare in allen Bundesländern zwar auch ein Thema, „aber nicht das große Thema“, weiß Michaela Wlattnig, die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Patienten- und Pflegeanwaltschaften.
Sie verweist auf die Notwendigkeit von eindeutigen Regeln. „Die Patienten müssen wissen, dass ihnen ein Ausfallshonorar verrechnet werden kann, indem sie bei Terminvereinbarung darauf ausdrücklich hingewiesen werden.“ Zudem müsse klar ersichtlich sein, was eine rechtzeitige Terminabsage bedeute und in welcher Höhe die Gebühr anfallen kann.
„Leer-Termine“ über die Krankenkasse abrechnen
Dass ein Ausfallshonorar in voller Höhe des Honorars verlangt werde, könne nicht sein. „Wenn beispielsweise bei einem Zahnarzt ein Implantat geplant gewesen wäre, dann kann der Arzt nicht 1.000 Euro oder mehr für einen nicht wahrgenommenen Termin verrechnen. In einem Gerichtsverfahren ist es immer eine Einzelfallbetrachtung. Wenn der Arzt trotz des Nichterscheinens des Patienten einen anderen drangenommen hat, müsste das angerechnet werden.“
Für Mehmet Özsoy, den Präsidenten des Urologie-Berufsverbandes, ist die „Strafe“ zweitrangig. „Das Allerwichtigste ist, das Bewusstsein zu schaffen, dass es wichtig ist, seinen Arzt-Termin wahrzunehmen oder rechtzeitig abzusagen.“
Wird sie dennoch eingefordert, wäre seiner Meinung nach „eine Pönale über die Gesundheitskasse das einfachste.“ Für die Ärzte sollte es bei „Leer-Terminen“ möglich sein, „eine Leistungsposition bei der Kasse zu buchen, beispielsweise 50 Euro, damit wir dann von der Gesundheitskasse das Geld bekommen. Sie kann an den Patienten die Rechnung weiterleiten.“
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) fühlt sich dafür jedoch nicht zuständig. Auch der Ärztekammer-Vizepräsident Wutscher will auch lieber an einer individuellen Regelung festhalten.
Für Michaela Wlattnig, die Sprecherin der Patientenanwälte steht ohnehin bei diesem Thema fest: „Das ist ein Miteinander von Arzt und Patienten und es bedarf von beiden Seiten einer Mitwirkung. Eine generelle Regelung wünsche ich mir aber nicht. Die Einführung einer ,Stornogebühr‘ bei jeder Terminabsage halte ich rechtlich für bedenklich.“
Immer mehr Ärzte verrechnen „Strafen“, wenn Patienten nicht in der Ordination erscheinen.
„Bei allen Kollegen, in allen Fächern werden im Schnitt zehn Prozent der Termine nicht wahrgenommen. Bei uns in der Praxis ist das auch so, an manchen Tagen sind es sogar bis zu 20 Prozent“, sagt Mehmet Özsoy, der Präsident des Berufsverbandes der Urologie. Das ist angesichts der langen Wartezeiten eine „enorme Belastung für unser Gesundheitssystem. Wenn vier oder fünf Patienten hintereinander nicht kommen, dann steht die Ordination für eine Stunde leer. Das sind Termine, die wir an andere Patienten vergeben könnten.“
Alleine in der Urologie in Wien gehen rund 26.000 Termine pro Jahr verloren, „durch Patienten, die nicht auftauchen. Das sind 2.200 Termine jedes Monat“, rechnet Mehmet Özsoy vor. „Es würde uns reichen, wenn wir 24 Stunden davor wüssten, der Patient wird nicht kommen.“
Der Facharzt für Urologie spricht aus eigener Erfahrung.
„Gestern hatte ich am Vormittag 29 Patienten eingeteilt, sieben davon waren nicht da. Sie haben sich auch nicht gemeldet. Obwohl wir wie fast alle Ärzte heutzutage Erinnungen per SMS verschicken.“
Zwei Erinnerungs-SMS für die Patienten
Eine Woche vor dem Termin bekommen Patienten seiner Praxis die erste Kurznachricht auf das Mobiltelefon. Sind sie verhindert, können sie mit einem einfachen „Nein“ absagen. Drei Tage vor dem Termin geht die zweite SMS hinaus. „Aber egal was wir machen, es gibt halt leider diese ,Wurschtigkeit‘ bei vielen Patienten, dass sie einfach nicht absagen.“
Dann stehen auch teure Geräte still.Die Instrumente für eine Blasenspiegelung müssen beispielsweise „vorbereitet werden, sterilisiert, das sind lange Prozesse. In Ordinationen, wo etwa Darm- oder Magenspiegelungen gemacht werden, sind das noch aufwendigere Untersuchungen, die rund 40 Minuten dauern.“
In seiner Praxis werden in der Regel 60 Euro verrechnet, wenn ein Patient seinen Termin nicht fristgerecht absagt. „Aber wenn jemand anruft, und sagt, es tut mir leid, es gab ein akutes Problem, sind wir auch sehr kulant. Wir sind nicht hinter dem Geld her, wir wollen arbeiten und Patienten behandeln.“
Leerstehende Ordinationen haben weitreichende Auswirkungen. „Wenn Patienten länger auf Termine warten und keine bekommen, dann gehen sie ins Spital. Dann sind die Spitalsambulanzen überlastet, wo 80 Prozent der Fälle gar nicht hingehören.“
Die Ärztekammer empfiehlt ihren Mitgliedern jedenfalls, Ausfallshonorare zu verrechnen. „Bei Allgemeinmedizinern liegt das meist etwa bei 20 bis 30 Euro. Wenn jemand den Termin für eine Vorsorgeuntersuchung nicht wahrnimmt, wird die Gebühr bei 100 bis 120 Euro liegen“, erklärt der Ärztekammer-Vizepräsident Edgar Wutscher. Er ist auch Hausarzt in Zirl (Tirol).
„Da ist auch ein gewisser Erziehungsfaktor dabei. Es ist wichtig, die Wartezeiten für die Patienten in Grenzen zu halten, aber wir müssen auch bei den Patienten die Verlässlichkeit einfordern, dass sie die Termine wahrnehmen.“
Auch Wutscher verrechnet Gebühren. „In unserer Ordination sind wir in einer glücklichen Situation. Weniger als zehn Prozent der Patienten nehmen ihren Termin nicht wahr. Wenn es trotzdem passiert, verlangen wir 20 Euro, allerdings nur, wenn jemand unbegründet nicht kommt.“ Gibt es einen Grund „sind wir relativ großzügig.“ Für Vorsorgeuntersuchungen wird ein Zeitaufwand von rund einer halben Stunde veranschlagt. „Nimmt ein Patient diesen Termin nicht wahr, dann verlangen wir von ihm den
Tarif, den wir für die Untersuchung bekommen hätten.“
Die meisten Patienten verstehen laut Wutscher die Zahlung, allerdings nicht alle. „In den vergangenen zwei Jahren habe ich jeweils einmal ein Inkasso-Büro eingeschaltet. Aber nicht wegen der 20 Euro, sondern es ging um eine höhere Summe.“
Bei den Patientenanwaltschaften sind die Ausfallshonorare in allen Bundesländern zwar auch ein Thema, „aber nicht das große Thema“, weiß Michaela Wlattnig, die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Patienten- und Pflegeanwaltschaften.
Sie verweist auf die Notwendigkeit von eindeutigen Regeln. „Die Patienten müssen wissen, dass ihnen ein Ausfallshonorar verrechnet werden kann, indem sie bei Terminvereinbarung darauf ausdrücklich hingewiesen werden.“ Zudem müsse klar ersichtlich sein, was eine rechtzeitige Terminabsage bedeute und in welcher Höhe die Gebühr anfallen kann.
„Leer-Termine“ über die Krankenkasse abrechnen
Dass ein Ausfallshonorar in voller Höhe des Honorars verlangt werde, könne nicht sein. „Wenn beispielsweise bei einem Zahnarzt ein Implantat geplant gewesen wäre, dann kann der Arzt nicht 1.000 Euro oder mehr für einen nicht wahrgenommenen Termin verrechnen. In einem Gerichtsverfahren ist es immer eine Einzelfallbetrachtung. Wenn der Arzt trotz des Nichterscheinens des Patienten einen anderen drangenommen hat, müsste das angerechnet werden.“
Für Mehmet Özsoy, den Präsidenten des Urologie-Berufsverbandes, ist die „Strafe“ zweitrangig. „Das Allerwichtigste ist, das Bewusstsein zu schaffen, dass es wichtig ist, seinen Arzt-Termin wahrzunehmen oder rechtzeitig abzusagen.“
Wird sie dennoch eingefordert, wäre seiner Meinung nach „eine Pönale über die Gesundheitskasse das einfachste.“ Für die Ärzte sollte es bei „Leer-Terminen“ möglich sein, „eine Leistungsposition bei der Kasse zu buchen, beispielsweise 50 Euro, damit wir dann von der Gesundheitskasse das Geld bekommen. Sie kann an den Patienten die Rechnung weiterleiten.“
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) fühlt sich dafür jedoch nicht zuständig. Auch der Ärztekammer-Vizepräsident Wutscher will auch lieber an einer individuellen Regelung festhalten.
Für Michaela Wlattnig, die Sprecherin der Patientenanwälte steht ohnehin bei diesem Thema fest: „Das ist ein Miteinander von Arzt und Patienten und es bedarf von beiden Seiten einer Mitwirkung. Eine generelle Regelung wünsche ich mir aber nicht. Die Einführung einer ,Stornogebühr‘ bei jeder Terminabsage halte ich rechtlich für bedenklich.“