Annette Frier: „Ich blase den andern den Marsch“
Sie ist verheiratet, Mutter von 16jährigen Zwillingen und hält Komödien für den idealen Platz, um dem Publikum schwere Themen humorvoll zu servieren. In Annette Friers neuem Film geht‘s nicht zuletzt um Ausbeutung und Armut.
Frau Frier, Ihr neuer Film be-ginnt mit einer missglückten Geburtstagsüberraschung.
Haben Sie mit so etwas auch private Erfahrungen?


Der Klassiker in der Familie ist doch, dass alle geheimnisvoll tun, um die Überraschung zum Geburtstag nicht zu versauen. Das Geburtstagskind selbst weiß allerdings schon längst Bescheid und muss dann so tun, als ob es von nix weiß. Diese Variante kenne ich von beiden Seiten jedenfalls gut.

Sind Geschenke wie Socken, Hemden oder Unterhosen bereits Symptome für den Zustand einer Ehe?

Gibt es die Krawatte oder Socken oder Teflonpfanne zum Geburtstag in der alljährlichen Wiederholungsschleife, dann ja. Dann lassen sich zweifellos gewisse Rückschlüsse über den Zustand ziehen. Grundsätzlich darf man sich aber durchaus einmal ein spießiges Geschenk erlauben. Mein Gott, hab‘ ich mich über unseren Sandwich-Toaster gefreut. Kein Witz.

In dem Hemd, das Sie im Film Ihrem Mann schenken, finden Sie einen kleinen Zettel mit einem Hilferuf aus Bangladesch. Was hält Sie davon ab, davon zu erzählen?

Bärbel, die ich spiele, spürt intuitiv, dass der kleine Zettel eine große Sache werden könnte in der Beziehung zum Ehemann und zur ganzen Familie. Was sich dann ja auch bestätigt.

Populistische Positionen, Migration und Abschiebungen sind zur Zeit Topthemen in den Nachrichten …

Ja, stellen wir uns ein wenig mehr Bärbel in den Trumps, Orbans und Putins dieser Welt vor. Sie wäre wahrscheinlich ein weiserer Ort als derzeit.

Was macht für Sie den Reiz aus, so ernste Themen wie Ausbeutung, Armut und Ungerechtigkeit in einer Komödie zu behandeln?

Ich halte Komödien für den idealen Ort, um große Themen des Lebens aufzugreifen. Durch die Humorebene schaffe ich dabei ab und zu Platz zum freien Atmen, zum Durchatmen. Das hilft beim Verarbeiten schwerer Themen enorm.

Im Film platzt Ihrer Figur Bärbel einmal ganz gehörig der Kragen.
Wie groß ist Ihr persönliches Vergnügen an solchen Szenen?


Grenzenlos. Ich blase den andern so richtig den Marsch. Herrlich. Aber mir sind solche inszenierten Ausraster selbstverständlich bedeutend lieber als solche in der Wirklichkeit. Denn sie sind durch Musik, Schnitt und eine einfühlsame, leichte Inszenierung doch wesentlich vergnüglicher als im echten Leben.