Ein Dank aus Hafer und Roggen
Umgeben von Körben voller Brot, Obst und Gemüse bildet die Erntedankkrone den Mittelpunkt des Erntedankfestes. Für deren Gestaltung sind neben getrocknetem Getreide vor allem helfende Hände nötig. Traditionellerweise wird eine Erntedankkrone daher gemeinschaftlich gebunden, so wie von der Landjugend Tamsweg (S).
Es liegt alles fein säuberlich aufgereiht da. Roggenhalme, Hafer, ein paar Sonnenblumen für den Farbtupfer … Die Landjugend Tamsweg (S) steht vor ihrer jährlichen Herausforderung. Dem Binden der Erntedankkrone, die traditionell beim Erntedankfest als zentrales Element von vier Burschen getragen wird.

Sie symbolisiert die Fruchtbarkeit, Fülle und den Kreislauf des Lebens. „Mit der Erntedankkrone wollen wir auch die Dankbarkeit für die Gaben der Natur und die erfolgreiche Ernte des Jahres zum Ausdruck bringen. Deshalb wird jede Krone aus den Ernteerträgen des Jahres wie Getreide, Früchten und Blumen gebunden, und repräsentiert damit die Arbeit der Landwirte und den Segen der Natur“, erklärt Magdalena Löcker, 22, die Leiterin der Landjugend Tamsweg. Anfang September beginnt sie mit ihren Helferinnen und Helfern fleißig das Getreide für die Krone zu sammeln.

„Wir bekommen Hafer und Roggen von den Bauern zur Verfügung gestellt. Wir bündeln das Getreide und hängen es zum Trocknen kopfüber in einem luftigen Raum auf.“ Auch sonst sind die Bauern in der Umgebung äußerst hilfsbereit und unterstützen die Landjugend, wo sie können. Deshalb findet in diesem Jahr das große Binden der Erntedankkrone beim „Tonibauer“ im Vorhof des Stalles statt, wo die Burschen und Mädchen genug Platz haben, um sich kreativ verwirklichen zu können.

Die Halme bilden eine Strohunterlage

Das getrocknete Getreide wird zuerst auf gut zehn Zentimeter Halmlänge eingekürzt, damit es sich besser binden lässt. „Aus den restlichen Halmen, die beim Zurechtschneiden der Ähren übrigbleiben, binden wir eine Strohunterlage auf das Gestell der Krone. Dadurch sparen wir Ähren und die Krone wird fülliger“, weiß Löcker. Fleißig unterstützt wird sie dabei von Christina Gruber, 19, und Andreas Brandstätter, 19, er ist Löckers männliches Pendant und ebenfalls Landjugendleiter. Die drei alleine würden die Krone aber nicht in Form bringen. „Deshalb helfen beim Binden abwechselnd zwölf Mitglieder aus unserer Landjugend mit. Schließlich wollen wir die Krone, die aus acht Eisenstäben geformt ist, kunstvoll verzieren. Unterm Jahr dürfen wir das Gerüst der Krone in der Scheune einer älteren Dame unterstellen, bis wir sie für das Erntedankfest wieder auf Hochglanz bringen“, erklärt Brandstätter, der ein Kreuz aus Lorbeerzweigen bindet, das auf die Spitze der Krone kommt.

Ein Fest mit Ursprung im dritten Jahrhundert

Das Erntedankfest hat in der römisch-katholischen Kirche eine lange Geschichte. Erste Belege dafür stammen aus dem dritten Jahrhundert. Die Feier, wie wir sie heute
kennen, geht auf einen weltlichen Brauch des bäuerlichen Arbeitslebens zurück, den die Kirche im 18. Jahrhundert aufgegriffen hat. Seither hat es sich zu einem gemeinsam gefeierten Fest von Bauernschaft und Kirche entwickelt.

Früher war es Brauch, dass die Erntearbeiter den Bauern nach Abschluss der Arbeiten einen Kranz aus geflochtenem Getreide überreichten, als Dank bekamen sie ein Festessen. Der Kranz ist im Laufe der Zeit zur festlich geschmückten Erntekrone geworden. Die Landjugend Tamsweg fertigt sie bereits seit 77 Jahren immer wieder an, die Größe ist unverändert geblieben.

Von vier starken Burschen wird die 180 Zentimeter große und rund 100 Kilo schwere Krone dann am Sonntag, dem 6. Oktober, für den Erntedank-Gottesdienst ab 10 Uhr zur Pfarrkirche Tamsweg getragen. „Die Aufstellung erfolgt auf dem Marktplatz, die gesamte Landjugend marschiert dann, begleitet von der Musikkapelle, zur Kirche und die Bäuerinnen verteilen frische, selbstgemachte Weckerln an die Besucher“, erzählt Löcker.

Damit die Besucher des Festes nicht nur eine „ährenvolle“, sondern auch ein bunte Krone zu bestaunen bekommen, werden neben dem goldfarbenen Roggen noch weitere Materialien aus der Natur eingebunden. Dazu wickelt Christina Gruber mit viel Geduld Latschenkieferzweige um die Eisenstangen und bindet sie mit Draht fest. „Mindestens 30 Stunden arbeiten wir an der Krone, bis sie in ihrer ganzen Pracht erstrahlt. Wir versuchen, sie jedes Jahr anders und noch prächtiger zu gestalten. Neben den 20 Sonnenblumen, die wir von einem Feld abschneiden durften, verwenden wir in diesem Jahr Äpfel, Mais, orangefarbene Gerbera und Vogelbeeren. Damit die Krone beim Fest wie frisch gebunden wirkt, wird sie einen Tag vor der Segnung nochmals mit frischen Blumen bestückt und mit Getreide aufgepeppt“, sagt Gruber. Danach ist sie bis November in der Kirche zu bestaunen.