Ein seltsames Paar
Zwei Schauspieler, eine Vision, eine Erfolgsgeschichte. So lässt sich in Kurzfassung der Werdegang des Lastkrafttheaters beschreiben. Vor zehn Jahren hatten Max Mayerhofer und David Czifer die Idee, Theater auf der Ladefläche eines LKWs zu den Menschen zu bringen. Nach mehr als 35.000 Besuchern sind sie nun auf Jubiläumstour.
Felix, würdest du jetzt bitte aufhören mit Saubermachen, ich bin noch nicht fertig mit Dreck machen“, sagt Oscar zu seinem neuen Mitbewohner Felix. Der Satz, der die Besucher wieder einmal herzlich zum Lachen bringt, entstammt dem Theaterstück „Ein seltsames Paar“ von Neil Simon.
Mit Walter Matthau und Jack Lemmon wurde die Komödie um eine Männer-Wohngemeinschaft (WG) auf der Kinoleinwand zum Welterfolg. Jetzt sind die komischen Wortgefechte zwischen Oscar und Felix in Niederösterreich und Wien auf der Bühne zu sehen. Aber nicht in einem dunklen Theater, sondern an der frischen Luft. Max Mayerhofer, 43, und David Czifer, 34, führen das Stück an insgesamt 31 Spielorten auf. Ihre Bühne ist die Ladefläche eines LKWs.

„Wir feiern in diesem Jahr zehnjähriges Jubiläum unseres Lastkrafttheaters“, sagt Mayerhofer eine Stunde vor seinem Auftritt in Vösendorf, wo auf der Festwiese am Schlossplatz schon die Sessel aufgestellt sind. Auf der Ladefläche, die als Bühne dient, werden noch die Scheinwerfer eingestellt, sowie Kulissen und Requisiten platziert. „Was an einem Theater die Bühnenarbeiter erledigen, gehört im Lastkrafttheater zur Aufgabe des Ensembles. Wir machen alles selbst“, sagt sein Kollege David Czifer, dem, frisch rasiert in gebügeltem Anzug und Gilet, eindeutig die Rolle des Ordnungs- und Sauberkeitsfanatikers Felix zuzuordnen ist, während Mayerhofer mit Dreitagebart und buntem Hemd schon optisch keinen Zweifel lässt, wer den chaotischen Single Oscar verkörpert.

Die Suche nach einem LKW gestaltete sich schwierig
Die Idee zum Lastkrafttheater entstand, als die beiden Freunde mit einer Joseph-Roth-Lesung durch unser Land tourten. „Wir dachten an ein barrierefreies Theater, zu dem die Besucher nicht weiß Gott wie weit fahren müssen. An ein Theater, das zu den Menschen kommt“, erinnert sich Mayerhofer. Dass die beiden Schauspieler nun ihr Jubiläum feiern, grenzt fast an ein Wunder, denn mit ihrem Ansinnen waren sie schon damals ein seltsames Paar. „Wo wir überall um einen LKW angefragt haben. Sogar beim Bundesheer. Aber auch dort hieß es nur: ‚Ein LKW ist ein Arbeitsgerät, kein Spielzeug‘“, sagt Czifer schmunzelnd. Bis sie auf den Frächter Karl Gruber stießen. „Er war selbst Laienschauspieler und stellte uns nicht nur ein Fahrzeug zur Verfügung, sondern fährt es auch zu jedem Spielort.“ Als sich auch noch einige öffentliche und private Sponsoren fanden, konnte der selbst auferlegte Auftrag als kultureller Nahversorger beginnen. „Denn Grundvoraussetzung war, dass die Vorstellungen für die Besucher gratis sein sollten.“ Und das sind sie bis heute.

Es wurde eine wahre Erfolgsgeschichte. Seit der Gründung im Jahr 2013 hat das Lastkrafttheater bereits mehr als 230 Vorstellungen vor etwa 35.000 Besuchern gespielt. Natürlich gibt es jedes Jahr ein neues Stück, das etwa sieben Wochen lang einstudiert wird. „Im Schnitt kommen zwischen 100 und 150 Personen. Bei unserer heurigen Premiere bei der Ybbsiade hatten wir 200 Gäste und einmal spielten wir in Wolkersdorf vor 600 Zuschauern. Wie bei jeder Freiluftveranstaltung spielt natürlich auch das Wetter eine große Rolle. Einmal bekamen wir von einer Gemeinde kurz vor der Abfahrt einen Anruf. ‚Bitte kommt nicht, unser Hauptplatz steht zehn Zentimeter unter Wasser‘, wurden wir nach einem Wolkenbruch noch rechtzeitig gewarnt.“

Dass sich ihre Spielorte nicht immer auf asphaltiertem Untergrund, sondern auch im Grünen befinden, hat zwar den Vorteil, dass die Atmosphäre dann einer Waldbühne gleicht, kann aber auch zu unvorhergesehenen Problemen führen.

Mit dem LKW in die Wiese hinein, mit dem Traktor heraus
„Vor zwei Jahren kamen wir mit dem LKW zwar noch auf eine Wiese, aber nicht mehr heraus. Er ist dann mithilfe eines Traktors wieder flottgemacht worden“, erinnert sich Czifer.

Das Spiel mit einem überschaubaren Ensemble (das in diesem Jahr mit Mara Koppitsch, Patrick Kaiblinger und Sarah Victoria Reiter fünfköpfig ist) erfordert ein gewisses Improvisationstalent. „Einmal ist uns kurz vor der Vorstellung ein Kollege erkrankt. Zum Glück hatte ich seinen Text im Kopf. Also erklärten wir dem Publikum vor der Vorstellung, dass sich niemand wundern soll, wenn ich in unterschiedlichen Kostümierungen auftrete“, sagt Mayerhofer.

Dass Komödien in dem Umfang, den das Lastkrafttheater bietet, am besten funktionieren, hat sich in den Jahren ihres Bestehens gezeigt. So standen etwa Carlo Goldonis „Mirandolina“, Nestroys „Höllenangst“ oder „Der Heiratsantrag“ von Anton Tschechow am Programm. Was nun den Ausschlag für „Ein seltsames Paar“ gegeben hat? „Nach 13 Jahren unserer Freundschaft mussten wir nicht mehr viel proben“, sagt Mayerhofer mit einem Augenzwinkern.

Termine im Mai:
19., 19.30 Uhr, Droß
23., 18.30 Uhr, Wien Meidling
24., 19.00 Uhr, Korneuburg
25., 19.00 Uhr, Kaltenleutgeben
26., 19.00 Uhr, Wr. Neudorf
28., 17.00 Uhr, Schloss Artstetten
31., 19.30 Uhr, Retz
1. Juni, 19.00 Uhr, Leobendorf
2. Juni, 19.30 Uhr, Herzogenburg

Weitere Termine unter: www.lastkrafttheater.com