Wenn es wieder auf der Sonne stürmt
Wenn die Sonne mehr Flecken als sonst bekommt, wird es ernst. Dann ist sie besonders aktiv – und es drohen Sonnenstürme. Für uns Erdenbürger macht sich dies meist nur durch ein verstärktes Auftreten von Polarlichtern bemerkbar. Doch ein Sonnensturm hat im Extremfall mit seiner elektromagnetischen Strahlung auch eine negative – sogar gefährliche – Seite.
Sonnenflecken wurden schon früh durch Galileo Galilei beobachtet.Der italienische Universalgelehrte beschrieb dieses Phänomen zu Beginn des 17. Jahrhunderts und erregte damit großes Aufsehen. Schließlich passten derartige Flecken am Himmelskörper nicht ins damalige Bild von einer makellosen Sonne und wurden kurzerhand als kleine Planeten abgetan.

Mittlerweile ist längst bekannt, dass die von der Erde aus als winzige dunkle Punkte erkennbaren Flecken auf der Sonnenoberfläche – wo im Durchschnitt Temperaturen von 6.000 Grad Celsius herrschen – durch Störungen im gewaltigen solaren Magnetfeld zustande kommen, die das Austreten von Wärme aus dem heißen Sonneninneren an die Oberfläche behindern.

Brodelnder Hexenkessel
Eine hohe Anzahl an Sonnenflecken gilt für die Wissenschaftler zudem als verlässliches Zeichen dafür, dass es auf der Sonnenoberfläche gerade heftig brodelt und dass bei einem möglichen Ausbruch gewaltige Energiemengen freiwerden.
„Stellen Sie sich vor, Sie erwärmen Wasser. Sobald es kocht, steigen heiße Gasblasen nach oben, und genauso verhält es sich auf der Sonne“, liefert Dr. Christian Möstl einen anschaulichen Vergleich. Der Physiker und Leiter des Weltraumwetter-Büros in Graz beschäftigt sich in seiner Forschungsarbeit vor allem damit, wann und wo Sonnenstürme auf die Erde treffen.

Zur Zeit wird die Sonne wieder besonders unruhig, die Aktivitäten auf ihrer Oberfläche nehmen bis zum Sommer 2025 immer mehr zu. „Bis dahin werden also immer häufiger Sonneneruptionen auftreten, die gigantische Massen an elektromagnetischer Strahlung und geladener Teilchen ins All schießen“, prognostiziert der Experte. Gleich mehrere solcher heftigen Ausbrüche der „X-Klasse“, der höchsten Stufe, wurden in den vergangenen Wochen beobachtet. Glücklicherweise haben sie alle unseren 150 Millionen Kilometer entfernten blauen Planeten verfehlt.

Direkte Auswirkungen auf die Erde und den Menschen selbst hätten diese starken Sonnenstürme allerdings nicht gehabt. „Davor schützt uns das Erdmagnetfeld“, erklärt Möstl. Die hochenergetischen, schnellen Teilchen könnten jedoch unsere elektrifizierte Infrastruktur im schlimmsten Fall komplett lahmlegen. So könnten beispielsweise zahlreiche Transformatoren durchbrennen und Millionen von Menschen ohne Strom lassen. Spitäler und Kernkraftwerke müssten dann auf Notstromaggregate zurückgreifen. Der Schaden wäre immens und läge im Bereich mehrerer Billionen Euro.

Vor zehn Jahren schrammte die Erde nur knapp an einem solchen Katastrophenszenario vorbei. Am 23. Juli 2012 hatte die Sonne Billionen Tonnen magnetisiertes Plasma in unsere Richtung geschleudert, kurz nachdem unser Planet die Schussbahn verlassen hatte.

Der bislang heftigste dokumentierte Sonnensturm auf der Erde ereignete sich im Jahr 1859 – also einer Zeit, als es noch keine empfindlichen Computer und Elektronik gab. Die geomagnetischen Störungen waren damals aber so stark, dass Telegrafenämter von Funkenschlag aus ihren Geräten berichteten, der teilweise sogar das Papier in Brand setzte. Der Sonnensturm zerstörte damit quasi das Internet der damaligen Zeit. Aber nicht nur auf der Erde sind die Auswirkungen zu spüren. Erst im Februar vergangenen Jahres stürzten 40 Kleinsatelliten kurz nach dem Start ab, weil sie in einen Sonnensturm geraten sind.

Ausreichend Vorwarnzeit
Es gibt aber auch gute Nachrichten. Mit aktuell fünf Weltraumsonden steht die Sonne mittlerweile unter ständiger Beobachtung.
Zudem lässt sich die Zeit, die zwischen dem Auftreten der Eruption auf der Sonne und dem Eintreffen des Sturms auf der Erde liegt, mittlerweile recht genau bestimmen.
„Die Schockwelle eines starken geomagnetischen Sturms trifft in der Regel erst zwischen zwölf Stunden und fünf Tagen danach bei uns ein. Zeit genug, um Vorkehrungen zu treffen und einen Teil der kritischen Infrastruktur vom Netz zu nehmen“, berichtet Dr. Möstl.

Abseits aller Horrorszenarien haben Sonnenstürme für uns Erdenbürger aber auch einen schönen Nebeneffekt. Wenn die Strahlung von unserem Magnetfeld abgefangen wird, werden die mystischen Polarlichter sichtbar. Nicht nur im hohen Norden Finnlands, sondern manchmal sogar in unserem Land.