Pfiffige Gesellen
Als typischer Kulturfolger lebt der Haussperling, im Volksmund auch Spatz genannt, schon seit Jahrtausenden in direkter Nachbarschaft mit uns Menschen. Kein Wunder also, dass der „freche Nachbar“ vielfach Eingang in Geschichten und Sprichwörter gefunden hat.
Manche halten ihn für diebisch und frech, andere trauen ihm aber auch eine gute Portion Raffinesse zu.
Ohne Zweifel handelt es sich beim 15 Zentimeter kleinen Haussperling um ein geselliges Wesen, das dem Menschen in fast jeden Winkel der Erde gefolgt ist.

Der Spatz ist in aller Munde
Daher überrascht es kaum, dass dieser bekannte Singvogel auch fester Bestandteil von allerlei Sprichwörtern oder Redensarten ist.
„Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“, „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“, „Die Spatzen pfeifen es von den Dächern“, „Essen wie ein Spatz“ oder „Schimpfen wie ein Rohrspatz“.

Die geflügelten Worte über die „Allerweltsvögel“ führen jedoch oft in die Irre. Ein neues Buch über das erstaunliche Leben der Spatzen räumt nun mit Fehlannahmen und Halbwahrheiten auf. Denn ein „Spatzenhirn“ hat dieser Vogel nicht und „Dreckspatz“ ist er ebenso wenig. „Der Haussperling ist ein äußerst reinlicher Vogel, mehrmals am Tag badet er in Wasser und sogar im Sand.
Dies hat den Vorteil, dass sein Gefieder von Milben und Parasiten gut gereinigt wird“, erklärt die Buchautorin und Biologin Eva Goris.

Schönheitspflege spielt sowieso eine große Rolle im Alltag dieser putzigen Vögel. „Vor allem bei der Balz kommt es auf das Äußere an. Wer zerfleddert aussieht, kann nicht gesund sein und hat daher auch so gut wie keine Chance bei den Damen“, berichtet die Biologin mit einem Schmunzeln.
Die Spatzen „pfeifen“ übrigens auch nichts von den Dächern. Spatzen tschilpen. Munter und etwas monoton. Die kleinen Vögel sind zudem auch schlauer als ihr Ruf.

„In Experimenten gelang es Spatzen ohne Mühe, die Foliendeckel von Milchflaschen aufzupicken – eine Leistung, die davor nur Meisen zugetraut wurde“, weiß Eva Goris. Als standorttreue Koloniebrüter – die meist in einem Umkreis von 100 Metern um ihren Brutplatz leben – befinden sich Spatzen auch in ständigem Austausch mit den Nachbarn. Sie warnen, wenn ein Fressfeind auftaucht, etwa eine Katze oder eine Elster. „Dieser Warnruf klingt für uns Menschen ein bisschen schrill. Kein Wunder also, dass auch ‚Schimpfen wie ein Rohrspatz‘ zur bekannten Redewendung wurde“, berichtet Goris in ihrem Buch.

Weltweit gibt es 36 Sperlingsarten. Der Haussperling ist dabei in fast allen Regionen der Welt anzutreffen, außer in Westaustralien, Nordsibirien und in den Tropen.
Die Besiedlung auf nahezu dem gesamten Globus ist auch auf den Menschen zurückzuführen. „Vermutet wird, dass das vor zehntausenden Jahren mit unserer Sesshaftwerdung zu tun hat. Der Spatz hat gleich gemerkt, dass es in unserer Nähe viel Futter gibt“, sagt Goris.Diese Nähe war aber nicht immer von Vorteil. Schließlich ernähren sich Spatzen besonders gerne von Sämereien wie Weizen, Roggen und Gerste. „Wenn jedoch die Vögel in großen Schwärmen die in mühevoller Arbeit gesäten Samen gefressen haben, war das nicht im Sinne der Landwirte“, erklärt die Biologin.

Massenjagd brachte Insektenplage
Im 19. Jahrhundert wurde der Spatz daher als Landplage verfolgt. Vielerorts gingen Buben mit der Schleuder auf die Jagd und kassierten für die geflügelte Beute ein Kopfgeld. Manch einer landete auch im Kochtopf, obwohl an den nur dreißig Gramm schweren Tieren nicht viel dran ist. Durch die Massenvernichtung kam es jedoch zu starken Insektenplagen. Also wurde er wieder in Ruhe gelassen, damit sich die Bestände erholen konnten, denn Spatzen verputzen auch Raupen, die den Jungpflanzen enorm zusetzen.

In unseren Gärten freuen sich die Vögel vor allem über Nistkästen und verwilderte Plätzchen ohne Pestizide. „Dann zeigen sie sich dankbar. Und zwar mit einem lauten Pfeifkonzert, das bereits rund zwanzig Minuten vor Sonnenaufgang einsetzt und das Ausschlafen unmöglich macht. Dafür brauchen wir mit dieser ,Vogeluhr‘ keinen Wecker mehr“, meint Goris lachend.

Buchtipp:
„Federleicht. Das erstaunliche Leben der Spatzen“
von Eva Goris und Claus-Peter Hutter. Heyne-Verlag, € 15,-