Ausgabe Nr. 45/2025 vom 04.11.2025, Fotos: picturedesk.com, dpa, Kauck/Virginia Giiuffre/zvg
Giuffre wurde im Alter von 17 Jahren zum Sex mit Prinz Andrew gezwungen. Der Prinz leugnete das Treffen und sagte, das Foto sei eine Fälschung. re.: Ghislaine Maxwell.
Das erschütternde Enthüllungsbuch der Virginia Giuffre:
Sex-Sklavin der Reichen und Mächtigen
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Als Elfjährige missbraucht, lernte die Amerikanerin Virginia Giuffre im Nobelhotel Mar-a-Lago von Donald Trump jene Frau kennen, die sie als Minderjährige Männern zum Sex anbot. Darunter Prinz Andrew. Der Bruder von König Charles III. von England verlor daraufhin alle Titel.
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In der Früh des 10. März 2001 weckte eine Frauenstimme Virginia Roberts mit fröhlichem Klang. „Werde wach, Schlafmütze. Heute wird ein spezieller Tag, einer wie für Aschenputtel.“
Dem 17jährigen blonden Mädchen wurde erklärt, es würde einen schönen Prinzen treffen. Dabei handelte es sich um Prinz Andrew, den jüngsten Bruder des damaligen britischen Thronfolgers und heutigen Königs,
Charles III.
Dieses Treffen entwickelte sich zu einem Sex-Skandal, der Prinz Andrew kürzlich dazu zwang, alle seine Titel und königlichen Ämter aufzugeben. Sogar der eigentlich vererbte Titel Prinz wurde ihm genommen, das hat König Charles nun selbst in die Wege geleitet. Seinen
noblen Wohnsitz verlor er genauso.
Ein später Sieg Roberts‘, die nach ihrer Heirat Giuffre hieß. Sie hat lange um die Aufarbeitung ihres und anderer ähnlicher Sex-Skandale gekämpft. Sie alle wurden vom früheren amerikanischen Investmentbanker
Jeffrey Epstein und dessen Assistentin Ghislaine Maxwell inszeniert. Dafür wurden junge Mädchen für perverse Sexspiele von Maxwell angeheuert. Freilich mit den Verlockungen, in einen elitären gesellschaftlichen Kreis eingeführt zu werden. Ihre Erlebnisse hat Virginia Giuffre nicht nur vor Gericht geschildert und dafür gesorgt, dass Epstein als Sexualstraftäter verurteilt wurde.
Er nahm sich im Alter von 66 Jahren im Gefängnis das Leben. Auch Ghislaine Maxwell, 63, sitzt mittlerweile in Haft, ihr wurde vorgeworfen, als Zuhälterin in einem Kindesmissbrauchsring gewirkt zu haben.
In ihren Memoiren unter dem Titel „Nobody‘s Girl (zu deutsch: „Niemandes Mädchen“) – Meine Geschichte von Missbrauch und dem Kampf um Gerechtigkeit“ (Yes Publishing Verlag) berichtet Giuffre ebenfalls ausführlich von ihren Erlebnissen. Nachdem kürzlich die englische Ausgabe erschienen ist, kommt am 18. November die deutsche Version in den Handel.
Aufgewachsen ist Virginia Roberts, wie sie ursprünglich hieß, im US-Staat Kalifornien. Dort geriet ihr Leben bereits im Alter von elf Jahren aus den Fugen. In ihrer Biografie enthüllt sie, vom Vater und dessen Freunden sexuell missbraucht worden zu sein, was ihr Vater Sky Roberts bestreitet. In der Folge habe sie rebelliert, berichtet sie, und sei in ein Erziehungsheim gesteckt worden. Die Eltern ließen sich scheiden und sie habe keine Chance gehabt, als Kind die zur Selbstverteidigung erforderliche moralische Kraft zu entwickeln.
Jahre später fand sie aber wieder zu ihrem Vater, der in der noblen Hotelanlage Mar-a-Lago im US-Staat Florida für die Raumkühlungsanlagen zuständig war. Das Anwesen gehört dem heutigen Präsidenten Donald Trump und dort bekam Virginia dank ihres Vaters Arbeit im Wellnessbereich. In eine schicke, weiße Uniform gekleidet, tauschte sie für neun Dollar pro Stunde die Handtücher aus. Es war, als habe Roberts mit der Arbeitsvermittlung gutzumachen versucht, was er seiner Tochter als kleines Mädchen angetan hatte. Nach ein paar Tagen stellte Sky Roberts den Teenager stolz Donald Trump vor. „Dies ist meine Tochter.“ Sie war 16 Jahre alt.
„Trump hätte nicht freundlicher sein können“, erinnerte sie sich. „Magst du Kinder?“, wollte er wissen. Virginia sagte „Ja“. Er habe Freunde in der Nähe, die oft Babysitter bräuchten, erklärte Trump. Er könne den Kontakt herstellen. „Für mich war das der erste Lichtblick auf eine bessere Zukunft“, war Giuffre überzeugt.
Einige Zeit später wurde sie während einer Arbeitspause in der Bibliothek der Hotelanlage von einer „beeindruckenden Frau mit kurzem, schwarzem Haar angesprochen. ‚Hallo‘, sagte sie freundlich, mit britischem Akzent. Sie reichte mir ihre manikürte Hand. ,Ich bin Ghislaine Maxwell‘.“ Die Frau schaute auf das Buch in Virginias Hand und fragte: „Hast du Interesse an Massagen?“ Nachdem sie mit „Ja“ geantwortet hat, bot ihr Maxwell Unterstützung an. Sie kenne einen reichen Mann, ein respektiertes Klubmitglied von Mar-a-Lago, der eine Massage-Therapeutin suche. „Komm für ein Vorstellungsgespräch nach Palm Beach, ganz in der Nähe. Heute Abend, nach der Arbeit.“ Sie gab dem Mädchen einen Zettel mit einer Telefonnummer und der Adresse 358 El Brillo Way.
Was die damals 16jährige nicht ahnte, war, dass es sich bei dieser scheinbar vornehmen Frau um ein Raubtier gehandelt hat, das Beute machen wollte. Denn hinter der Adresse verbarg sich ein Haus des Schreckens.
Maxwell hatte wieder einmal einen Köder für ein Sex-Opfer ausgelegt. In derselben Nacht wurde die junge Virginia von Jeffrey Epstein vergewaltigt. Danach missbrauchten Epstein und Maxwell das Mädchen zwei Jahre lang sexuell und „verliehen“ ihr Opfer an andere Männer. Polizeiliche Ermittlungen ergaben, dass der Millionär und dessen Partnerin im Laufe der Jahre mehr als tausend Minderjährige sexuell misshandelt hatten. Der Trick war immer derselbe. Die elegante Engländerin ging Opfer „fischen“, bot ihnen zwischen 200 und 500 Dollar für einen Massage-Abend an, und Epstein verging sich an ihnen.
Danach wurden die Mädchen, die meist aus armen Familien kamen, mit Geld oder Drohungen ruhiggestellt.
Virginia lebte damals in einem Wohnwagen. Eines Tages wurde sie von Epstein gefragt, ob sie ihre Arbeit in Mar-a-Lago nicht aufgeben könnte, um nur noch für ihn zu arbeiten. Als Lockmittel hielt er ihr ein Bündel Dollarscheine hin. „Es waren vielleicht 2.500 Dollar“, erinnert sie sich. Ein kleines Vermögen. „Er sagte: „Nimm‘ dies und miete dir ein Apartment.“
Doch sie war sich nicht sicher, was sie tun sollte. Sie hatte viele Mädchen kommen und gehen sehen, die nie wieder „eingeladen“ wurden. „Würde er auch mich nach einer Weile wegwerfen? Epstein muss meine Zweifel gespürt haben“, schreibt sie in ihrem Buch. „Er ging zu seinem Schreibtisch, nahm ein Foto, das meinen geliebten kleinen Bruder Skydy zeigte, und reichte es mir wortlos. Ich fühlte einen Stich. Warum hatte er dieses Foto?
Dann verstand ich: Ich fürchtete, er könnte Skydy etwas antun.“ Die Drohung Epsteins ließ nicht lange auf sich warten. „Wir wissen, wo dein Bruder zur Schule geht. Du darfst keiner Menschenseele erzählen, was in diesem Haus geschieht. Übrigens“, sagte er, „die Polizei habe ich in der Tasche. Sie wird nichts tun.“
Nun war die Situation für das Mädchen klar, sie war Epsteins Gefangene geworden, eine Sex-Sklavin mit unsichtbaren Fesseln. Von nun an war sie ihm rund um die Uhr zu Diensten. „Oft wurde mir gesagt, ich solle auch Ghislaine bedienen“, schreibt sie.
Die anfängliche Faszination von Epsteins Reichtum war bald verflogen. Doch diese Traumwelt hat nicht nur sie als unerfahrenen Teenager beeindruckt. Dem Lebensstil des reichen Mannes verfielen zahlreiche namhafte Persönlichkeiten, die sie in ihrem Buch festgehalten hat. Da heißt es, Prominente wie Bill Gates, Heidi Klum, Bill Clinton, Woody Allen und George Clooney seien bei ihm zu Gast gewesen. Sicher, ohne etwas von dessen finsteren Seite zu wissen.
Der Reichtum Epsteins schien wie ein Magnet gewesen zu sein, der alles, was Rang und Namen hatte, anzog. Da war die mehr als drei Quadratkilometer große „Zorro-Ranch“ in Neu Mexiko, mit drei Meter hohen Kaminen, eisernen Lüstern, sprudelnden Brunnen und einem Helikopter-Landeplatz.
Da waren luxuriöse Stadthäuser in London (England) und New York (USA). Und da war „Little Saint James“, ein Eiland, das zum Außengebiet der Amerikanischen Jungferninseln gehört. Die Insel liegt nahe Puerto Ricos am Rande der Karibik. „Um dorthin zu gelangen, nahmen wir zuerst eines von Epsteins Flugzeugen – er besaß eine Gulfstream IV, eine Boeing 727 und einen Helikopter – von Palm Beach nach New York. Dann flogen wir nach Süden, zu seiner luxuriösesten Besitzung.“
Was wie eine Reise zu einem geruhsamen Urlaub in der Karibik klingt, wurde für die junge Virginia zur Hölle. „Denn dort begannen Epstein und Maxwell, mich an ihre Freunde auszuleihen.
Unter anderem an einen Mann und dessen schwangere Frau, einen brutalen Premier-Minister, einen früheren US-Senator, einen kleingewachsenen Psychologie-Professor und einen Milliardär.“ Den französischen Modellagentur-Chef Jean-Luc Brunel nennt Giuffre namentlich.
„Ich habe mich immer wieder gefragt, warum Epstein und Maxwell mächtige und reiche Männer auf diese Weise hofierten. Vielleicht versprachen sie sich Vergünstigungen. Oder diese Männer wussten nicht, wie man eine Frau gewinnt. Angesichts der vielen Videokameras in Epsteins Häusern ist es auch möglich, dass er die Männer heimlich in kompromittierenden Situationen filmte, um sie eines Tages zu erpressen.“
Der englische Prinz Andrew, 65, hat sich ebenfalls in diesem Netz der Sexualverbrecher verfangen. Zum ersten Mal an besagtem Tag im März des Jahres 2001 im Londoner Domizil von Epstein.
„Vor diesem Treffen kaufte mir Ghislaine Maxwell eine teure Tasche von Burberry und drei verschiedene Kleider-Kombinationen. Ich wählte ein rosa Mini-T-Shirt und mehrfarbige Jeans aus. Ein bisschen von meinem Bauch war zu sehen.“ Der Sex habe weniger als eine halbe Stunde gedauert, heißt es im Buch. Dabei soll der königliche Spross vor allem von den Füßen des damals 17jährigen Mädchens begeistert gewesen sein und sie genüsslich abgeschleckt und liebkost haben.
Zwei weitere Treffen folgten wenige Monate später, eines in New York und eines auf Epsteins Insel.
Der häufige sexuelle Missbrauch des Mädchens hatte Folgen. Es wurde schwanger, hatte aber eine Fehlgeburt. „Im Sommer 2002, wenige Tage vor meinem 19. Geburtstag, setzte sich Epstein dann neben mich, legte eine Hand auf meinen Rücken und sagte:
‚Ich möchte, dass du unser Baby kriegst.‘
Ich versuchte, nicht zu erschrecken. Maxwell fügte hinzu: ,Jeffrey würde dir ein großes Haus in Palm Beach kaufen. Du würdest monatlich 200.000 Dollar erhalten.‘“
„Ich konnte dieses Angebot schwer ablehnen“, erinnerte sich Giuffre. „Es wäre gefährlich gewesen. Aber es gab mir eine Chance zu fliehen.“
Also fragte sie die beiden, ob sie ihr eine Ausbildung zur Masseurin bezahlen würden, wenn sie zum Baby einwillige.
Tatsächlich flog sie Mitte September 2002 nach Bangkok (Thailand) und begann eine Massage-Ausbildung. Kurz darauf lernte sie einen jungen Australier italienischer Herkunft namens Roberto Antonio Giuffre kennen und verliebte sich zum ersten Mal in ihrem Leben.
„Ich, eine Überlebende, die jahrelang sexuell misshandelt wurde, hatte mich verliebt.“ Schon einen Monat später, am 16. Oktober, haben die beiden geheiratet und sie hieß nun Virginia Roberts Giuffre. Am Telefon teilte sie dann Epstein mit, dass sie geheiratet habe und nicht mehr nach Amerika zurückkehren würde.
„Nach einer kurzen Pause sagte er: ,Hab‘ ein gutes Leben‘ und legte auf.“ Danach hörte sie fünf Jahre lang nichts mehr von ihm.
Erst im Jahr 2007, als sie mit „Robbie“ Giuffre und zwei Kindern ein neues Leben in Australien führte, rief der Sex-Verbrecher aus heiterem Himmel an und wollte wissen, ob die Bundespolizei FBI sich bei ihr gemeldet habe.
In den Nachrichten erfuhr Virginia Giuffre, dass Epstein von den Eltern eines 14jährigen Mädchens angezeigt worden war, mit dem er geschlafen hatte. Dies brach ihre Angst vor den Sex-Monstern in Palm Beach.
Sie meldete sich bei der Justiz Floridas als weiteres Epstein-Opfer und löste eine Lawine von Ermittlungen aus. Dies führte 2008 zur Verurteilung Epsteins.
Allerdings hatten einflussreiche Freunde erwirkt, dass die Strafe auf nur 18 Monate in einem Gefängnis mit Mindest-Sicherheitsstufe wegen Prostitution mit einer Minderjährigen beschränkt wurde. Als Anfang 2010 Giuffrey ihre Tochter Emily Ellie zur Welt brachte, kamen all ihre schrecklichen Erlebnisse wieder auf.
Bei der Vorstellung, was dem Mädchen eines Tages als Teenager geschehen könnte, begann das Blut der Mutter zu kochen. Empört über die leichte Strafe des Serien-Vergewaltigers, sammelte sie Aussagen Hunderter von Epstein-Opfern und gründete die Organisation „Opfer verweigern das Schweigen“ („Victims Refuse Silence). Am 6. Juli 2019 verhaftete das FBI Jeffrey Epstein auf dem Flughafen Teterboro im US-Staat New Jersey, kurz nach der Landung.
Vier Wochen später, am 10. August, wurde er erhängt in seiner Zelle gefunden. Seine Partnerin Ghislaine Maxwell sitzt seit 2022 in Florida eine 20jährige Haftstrafe ab. Auch sie in einem Gefängnis, das ihr viele Freiheiten erlaubt. Virginia Roberts Giuffre hat ihren Peinigern das Handwerk gelegt. Doch vor Gewalt von anderer Seite konnte sie sich nicht schützen.
Im Jänner dieses Jahres verprügelte „Robbie“ Giuffre, der einzige Mann, den sie je geliebt hat, seine Frau derart, dass sie im Spital landete.
Der Grund war Eifersucht auf ihren Erfolg bei der Verteidigung verletzbarer Mädchen. Gerade einmal 41 Jahre alt und zutiefst enttäuscht von den Mitmenschen, schied Virginia Giuffre freiwillig aus dem Leben.
Mit der Veröffentlichung ihrer schrecklichen Erinnerungen wolle sie junge Mädchen warnen, damit sie nicht auch durch die Hölle gehen müssen, sagte sie.
„Wenn ich an jene Zeit denke, dann bin ich nicht stolz. Auch wenn ich weiß, dass ich damals ums Überleben kämpfte, erschreckt es mich, wie passiv ich war. Ich weiß, dass bei der Lektüre dieses Buches eine Menge zu verarbeiten ist. Aber hören Sie bitte nicht auf zu lesen.“ kauck
Dem 17jährigen blonden Mädchen wurde erklärt, es würde einen schönen Prinzen treffen. Dabei handelte es sich um Prinz Andrew, den jüngsten Bruder des damaligen britischen Thronfolgers und heutigen Königs,
Charles III.
Dieses Treffen entwickelte sich zu einem Sex-Skandal, der Prinz Andrew kürzlich dazu zwang, alle seine Titel und königlichen Ämter aufzugeben. Sogar der eigentlich vererbte Titel Prinz wurde ihm genommen, das hat König Charles nun selbst in die Wege geleitet. Seinen
noblen Wohnsitz verlor er genauso.
Ein später Sieg Roberts‘, die nach ihrer Heirat Giuffre hieß. Sie hat lange um die Aufarbeitung ihres und anderer ähnlicher Sex-Skandale gekämpft. Sie alle wurden vom früheren amerikanischen Investmentbanker
Jeffrey Epstein und dessen Assistentin Ghislaine Maxwell inszeniert. Dafür wurden junge Mädchen für perverse Sexspiele von Maxwell angeheuert. Freilich mit den Verlockungen, in einen elitären gesellschaftlichen Kreis eingeführt zu werden. Ihre Erlebnisse hat Virginia Giuffre nicht nur vor Gericht geschildert und dafür gesorgt, dass Epstein als Sexualstraftäter verurteilt wurde.
Er nahm sich im Alter von 66 Jahren im Gefängnis das Leben. Auch Ghislaine Maxwell, 63, sitzt mittlerweile in Haft, ihr wurde vorgeworfen, als Zuhälterin in einem Kindesmissbrauchsring gewirkt zu haben.
In ihren Memoiren unter dem Titel „Nobody‘s Girl (zu deutsch: „Niemandes Mädchen“) – Meine Geschichte von Missbrauch und dem Kampf um Gerechtigkeit“ (Yes Publishing Verlag) berichtet Giuffre ebenfalls ausführlich von ihren Erlebnissen. Nachdem kürzlich die englische Ausgabe erschienen ist, kommt am 18. November die deutsche Version in den Handel.
Aufgewachsen ist Virginia Roberts, wie sie ursprünglich hieß, im US-Staat Kalifornien. Dort geriet ihr Leben bereits im Alter von elf Jahren aus den Fugen. In ihrer Biografie enthüllt sie, vom Vater und dessen Freunden sexuell missbraucht worden zu sein, was ihr Vater Sky Roberts bestreitet. In der Folge habe sie rebelliert, berichtet sie, und sei in ein Erziehungsheim gesteckt worden. Die Eltern ließen sich scheiden und sie habe keine Chance gehabt, als Kind die zur Selbstverteidigung erforderliche moralische Kraft zu entwickeln.
Jahre später fand sie aber wieder zu ihrem Vater, der in der noblen Hotelanlage Mar-a-Lago im US-Staat Florida für die Raumkühlungsanlagen zuständig war. Das Anwesen gehört dem heutigen Präsidenten Donald Trump und dort bekam Virginia dank ihres Vaters Arbeit im Wellnessbereich. In eine schicke, weiße Uniform gekleidet, tauschte sie für neun Dollar pro Stunde die Handtücher aus. Es war, als habe Roberts mit der Arbeitsvermittlung gutzumachen versucht, was er seiner Tochter als kleines Mädchen angetan hatte. Nach ein paar Tagen stellte Sky Roberts den Teenager stolz Donald Trump vor. „Dies ist meine Tochter.“ Sie war 16 Jahre alt.
„Trump hätte nicht freundlicher sein können“, erinnerte sie sich. „Magst du Kinder?“, wollte er wissen. Virginia sagte „Ja“. Er habe Freunde in der Nähe, die oft Babysitter bräuchten, erklärte Trump. Er könne den Kontakt herstellen. „Für mich war das der erste Lichtblick auf eine bessere Zukunft“, war Giuffre überzeugt.
Einige Zeit später wurde sie während einer Arbeitspause in der Bibliothek der Hotelanlage von einer „beeindruckenden Frau mit kurzem, schwarzem Haar angesprochen. ‚Hallo‘, sagte sie freundlich, mit britischem Akzent. Sie reichte mir ihre manikürte Hand. ,Ich bin Ghislaine Maxwell‘.“ Die Frau schaute auf das Buch in Virginias Hand und fragte: „Hast du Interesse an Massagen?“ Nachdem sie mit „Ja“ geantwortet hat, bot ihr Maxwell Unterstützung an. Sie kenne einen reichen Mann, ein respektiertes Klubmitglied von Mar-a-Lago, der eine Massage-Therapeutin suche. „Komm für ein Vorstellungsgespräch nach Palm Beach, ganz in der Nähe. Heute Abend, nach der Arbeit.“ Sie gab dem Mädchen einen Zettel mit einer Telefonnummer und der Adresse 358 El Brillo Way.
Was die damals 16jährige nicht ahnte, war, dass es sich bei dieser scheinbar vornehmen Frau um ein Raubtier gehandelt hat, das Beute machen wollte. Denn hinter der Adresse verbarg sich ein Haus des Schreckens.
Maxwell hatte wieder einmal einen Köder für ein Sex-Opfer ausgelegt. In derselben Nacht wurde die junge Virginia von Jeffrey Epstein vergewaltigt. Danach missbrauchten Epstein und Maxwell das Mädchen zwei Jahre lang sexuell und „verliehen“ ihr Opfer an andere Männer. Polizeiliche Ermittlungen ergaben, dass der Millionär und dessen Partnerin im Laufe der Jahre mehr als tausend Minderjährige sexuell misshandelt hatten. Der Trick war immer derselbe. Die elegante Engländerin ging Opfer „fischen“, bot ihnen zwischen 200 und 500 Dollar für einen Massage-Abend an, und Epstein verging sich an ihnen.
Danach wurden die Mädchen, die meist aus armen Familien kamen, mit Geld oder Drohungen ruhiggestellt.
Virginia lebte damals in einem Wohnwagen. Eines Tages wurde sie von Epstein gefragt, ob sie ihre Arbeit in Mar-a-Lago nicht aufgeben könnte, um nur noch für ihn zu arbeiten. Als Lockmittel hielt er ihr ein Bündel Dollarscheine hin. „Es waren vielleicht 2.500 Dollar“, erinnert sie sich. Ein kleines Vermögen. „Er sagte: „Nimm‘ dies und miete dir ein Apartment.“
Doch sie war sich nicht sicher, was sie tun sollte. Sie hatte viele Mädchen kommen und gehen sehen, die nie wieder „eingeladen“ wurden. „Würde er auch mich nach einer Weile wegwerfen? Epstein muss meine Zweifel gespürt haben“, schreibt sie in ihrem Buch. „Er ging zu seinem Schreibtisch, nahm ein Foto, das meinen geliebten kleinen Bruder Skydy zeigte, und reichte es mir wortlos. Ich fühlte einen Stich. Warum hatte er dieses Foto?
Dann verstand ich: Ich fürchtete, er könnte Skydy etwas antun.“ Die Drohung Epsteins ließ nicht lange auf sich warten. „Wir wissen, wo dein Bruder zur Schule geht. Du darfst keiner Menschenseele erzählen, was in diesem Haus geschieht. Übrigens“, sagte er, „die Polizei habe ich in der Tasche. Sie wird nichts tun.“
Nun war die Situation für das Mädchen klar, sie war Epsteins Gefangene geworden, eine Sex-Sklavin mit unsichtbaren Fesseln. Von nun an war sie ihm rund um die Uhr zu Diensten. „Oft wurde mir gesagt, ich solle auch Ghislaine bedienen“, schreibt sie.
Die anfängliche Faszination von Epsteins Reichtum war bald verflogen. Doch diese Traumwelt hat nicht nur sie als unerfahrenen Teenager beeindruckt. Dem Lebensstil des reichen Mannes verfielen zahlreiche namhafte Persönlichkeiten, die sie in ihrem Buch festgehalten hat. Da heißt es, Prominente wie Bill Gates, Heidi Klum, Bill Clinton, Woody Allen und George Clooney seien bei ihm zu Gast gewesen. Sicher, ohne etwas von dessen finsteren Seite zu wissen.
Der Reichtum Epsteins schien wie ein Magnet gewesen zu sein, der alles, was Rang und Namen hatte, anzog. Da war die mehr als drei Quadratkilometer große „Zorro-Ranch“ in Neu Mexiko, mit drei Meter hohen Kaminen, eisernen Lüstern, sprudelnden Brunnen und einem Helikopter-Landeplatz.
Da waren luxuriöse Stadthäuser in London (England) und New York (USA). Und da war „Little Saint James“, ein Eiland, das zum Außengebiet der Amerikanischen Jungferninseln gehört. Die Insel liegt nahe Puerto Ricos am Rande der Karibik. „Um dorthin zu gelangen, nahmen wir zuerst eines von Epsteins Flugzeugen – er besaß eine Gulfstream IV, eine Boeing 727 und einen Helikopter – von Palm Beach nach New York. Dann flogen wir nach Süden, zu seiner luxuriösesten Besitzung.“
Was wie eine Reise zu einem geruhsamen Urlaub in der Karibik klingt, wurde für die junge Virginia zur Hölle. „Denn dort begannen Epstein und Maxwell, mich an ihre Freunde auszuleihen.
Unter anderem an einen Mann und dessen schwangere Frau, einen brutalen Premier-Minister, einen früheren US-Senator, einen kleingewachsenen Psychologie-Professor und einen Milliardär.“ Den französischen Modellagentur-Chef Jean-Luc Brunel nennt Giuffre namentlich.
„Ich habe mich immer wieder gefragt, warum Epstein und Maxwell mächtige und reiche Männer auf diese Weise hofierten. Vielleicht versprachen sie sich Vergünstigungen. Oder diese Männer wussten nicht, wie man eine Frau gewinnt. Angesichts der vielen Videokameras in Epsteins Häusern ist es auch möglich, dass er die Männer heimlich in kompromittierenden Situationen filmte, um sie eines Tages zu erpressen.“
Der englische Prinz Andrew, 65, hat sich ebenfalls in diesem Netz der Sexualverbrecher verfangen. Zum ersten Mal an besagtem Tag im März des Jahres 2001 im Londoner Domizil von Epstein.
„Vor diesem Treffen kaufte mir Ghislaine Maxwell eine teure Tasche von Burberry und drei verschiedene Kleider-Kombinationen. Ich wählte ein rosa Mini-T-Shirt und mehrfarbige Jeans aus. Ein bisschen von meinem Bauch war zu sehen.“ Der Sex habe weniger als eine halbe Stunde gedauert, heißt es im Buch. Dabei soll der königliche Spross vor allem von den Füßen des damals 17jährigen Mädchens begeistert gewesen sein und sie genüsslich abgeschleckt und liebkost haben.
Zwei weitere Treffen folgten wenige Monate später, eines in New York und eines auf Epsteins Insel.
Der häufige sexuelle Missbrauch des Mädchens hatte Folgen. Es wurde schwanger, hatte aber eine Fehlgeburt. „Im Sommer 2002, wenige Tage vor meinem 19. Geburtstag, setzte sich Epstein dann neben mich, legte eine Hand auf meinen Rücken und sagte:
‚Ich möchte, dass du unser Baby kriegst.‘
Ich versuchte, nicht zu erschrecken. Maxwell fügte hinzu: ,Jeffrey würde dir ein großes Haus in Palm Beach kaufen. Du würdest monatlich 200.000 Dollar erhalten.‘“
„Ich konnte dieses Angebot schwer ablehnen“, erinnerte sich Giuffre. „Es wäre gefährlich gewesen. Aber es gab mir eine Chance zu fliehen.“
Also fragte sie die beiden, ob sie ihr eine Ausbildung zur Masseurin bezahlen würden, wenn sie zum Baby einwillige.
Tatsächlich flog sie Mitte September 2002 nach Bangkok (Thailand) und begann eine Massage-Ausbildung. Kurz darauf lernte sie einen jungen Australier italienischer Herkunft namens Roberto Antonio Giuffre kennen und verliebte sich zum ersten Mal in ihrem Leben.
„Ich, eine Überlebende, die jahrelang sexuell misshandelt wurde, hatte mich verliebt.“ Schon einen Monat später, am 16. Oktober, haben die beiden geheiratet und sie hieß nun Virginia Roberts Giuffre. Am Telefon teilte sie dann Epstein mit, dass sie geheiratet habe und nicht mehr nach Amerika zurückkehren würde.
„Nach einer kurzen Pause sagte er: ,Hab‘ ein gutes Leben‘ und legte auf.“ Danach hörte sie fünf Jahre lang nichts mehr von ihm.
Erst im Jahr 2007, als sie mit „Robbie“ Giuffre und zwei Kindern ein neues Leben in Australien führte, rief der Sex-Verbrecher aus heiterem Himmel an und wollte wissen, ob die Bundespolizei FBI sich bei ihr gemeldet habe.
In den Nachrichten erfuhr Virginia Giuffre, dass Epstein von den Eltern eines 14jährigen Mädchens angezeigt worden war, mit dem er geschlafen hatte. Dies brach ihre Angst vor den Sex-Monstern in Palm Beach.
Sie meldete sich bei der Justiz Floridas als weiteres Epstein-Opfer und löste eine Lawine von Ermittlungen aus. Dies führte 2008 zur Verurteilung Epsteins.
Allerdings hatten einflussreiche Freunde erwirkt, dass die Strafe auf nur 18 Monate in einem Gefängnis mit Mindest-Sicherheitsstufe wegen Prostitution mit einer Minderjährigen beschränkt wurde. Als Anfang 2010 Giuffrey ihre Tochter Emily Ellie zur Welt brachte, kamen all ihre schrecklichen Erlebnisse wieder auf.
Bei der Vorstellung, was dem Mädchen eines Tages als Teenager geschehen könnte, begann das Blut der Mutter zu kochen. Empört über die leichte Strafe des Serien-Vergewaltigers, sammelte sie Aussagen Hunderter von Epstein-Opfern und gründete die Organisation „Opfer verweigern das Schweigen“ („Victims Refuse Silence). Am 6. Juli 2019 verhaftete das FBI Jeffrey Epstein auf dem Flughafen Teterboro im US-Staat New Jersey, kurz nach der Landung.
Vier Wochen später, am 10. August, wurde er erhängt in seiner Zelle gefunden. Seine Partnerin Ghislaine Maxwell sitzt seit 2022 in Florida eine 20jährige Haftstrafe ab. Auch sie in einem Gefängnis, das ihr viele Freiheiten erlaubt. Virginia Roberts Giuffre hat ihren Peinigern das Handwerk gelegt. Doch vor Gewalt von anderer Seite konnte sie sich nicht schützen.
Im Jänner dieses Jahres verprügelte „Robbie“ Giuffre, der einzige Mann, den sie je geliebt hat, seine Frau derart, dass sie im Spital landete.
Der Grund war Eifersucht auf ihren Erfolg bei der Verteidigung verletzbarer Mädchen. Gerade einmal 41 Jahre alt und zutiefst enttäuscht von den Mitmenschen, schied Virginia Giuffre freiwillig aus dem Leben.
Mit der Veröffentlichung ihrer schrecklichen Erinnerungen wolle sie junge Mädchen warnen, damit sie nicht auch durch die Hölle gehen müssen, sagte sie.
„Wenn ich an jene Zeit denke, dann bin ich nicht stolz. Auch wenn ich weiß, dass ich damals ums Überleben kämpfte, erschreckt es mich, wie passiv ich war. Ich weiß, dass bei der Lektüre dieses Buches eine Menge zu verarbeiten ist. Aber hören Sie bitte nicht auf zu lesen.“ kauck
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