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Ausgabe Nr. 44/2025 vom 29.10.2025, Foto: picturedesk.com
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Jennifer Frankl &
Michael Niavarani:
„Es war Lachen auf den ersten Blick“
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Er schreibt, sie spielt und gemeinsam denken sie sich
neue Welten aus. Jenny Frankl, 38, und Michael Niavarani, 57, haben mit „Märchen ohne Ende“ eine neue Simpl-Revue auf die Bühne gebracht. Er mag Dracula, sie Aschenputtel. Beim Humor sind sich die beiden aber einig.
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Sie arbeiten, schreiben und lachen miteinander und haben jetzt mit „Märchen ohne Ende“ ein neues Programm auf die Bühne des Kabaretts Simpl gebracht. Im Sinne von „Es war einmal …“ – wie hat Ihre Zusammenarbeit begonnen?

Michael Niavarani: Wir haben uns vor, mein Gott, 14 Jahren kennengelernt. Werner Sobotka hat mich damals angerufen: „Da spielt eine Blonde in den Kammerspielen, die ist unglaublich lustig.“ Ich wäre auch gekommen, wenn er nur gesagt hätte, „da spielt eine Blonde“ …

Jenny Frankl: (lacht) Danke! Ich wusste gar nicht, dass er im Publikum sitzt. Weil wir die letzte Vorstellung hatten, ist das ganze Ensemble gemeinsam essen gegangen. Der Nia war auch dabei, aber wir haben kaum geredet und er hat mir auch keine Kritik gegeben. Ein Dreivierteljahr später hat er angerufen.

Niavarani: Ah, erst so spät? Offenbar musste ich dich erst auf mich wirken lassen. Aber ich war, ehrlich gesagt, sofort begeistert. Jennifer hat ein extrem hohes komödiantisches Talent.

Frankl: Das ist charmant, aber klingt wie Eigenlob, weil wir ja inzwischen gemeinsam arbeiten.

Niavarani: Stimmt. Dann lobe ich uns halt beide – wir haben beide wahnsinnig viel Talent.

Es war also Lachen auf den ersten Blick?

Frankl: Genau so war‘s.

Niavarani: Lachen auf den ersten Blick – das ist schön.

Sie haben die neue Simpl-Revue „Märchen ohne Ende“ gemeinsam geschrieben. Das klingt wahrscheinlich romantischer, als es ist, oder?

Niavarani: Natürlich. Es geht um das, was nach dem „Und wenn sie nicht gestorben sind“ kommt – also um das echte Leben. Da beginnt ja das Drama.

Frankl: Oder die Komödie. Je nach Sichtweise.

Märchen sind alles andere als nett.
Der Wolf frisst die Großmutter, die Hexe sperrt Kinder ein – spielt das bei Ihnen eine Rolle?


Niavarani: Wir haben uns zum Beispiel ausführlich und therapeutisch mit dem Problem des Wolfes beschäftigt. Das Märchen „Rotkäppchen“ wird quasi aus der Sicht des bösen Wolfes erzählt. Wie ist seine Version der Geschichte? Das wollten wir zeigen.

Frau Frankl, Sie sind Mutter von zwei Kindern. Wie bringen Sie Arbeit und Familie unter einen Hut?

Frankl: Nia muss einfach immer wieder meinen Alltag aushalten. Oft telefonieren wir und ich koche und rede mit den Kindern gleichzeitig.

Niavarani: Plötzlich fragt sie: „Warum hast du keine Unterhose an?“, und ich denke mir, ich habe doch eine an. Bis mir klar wird, ach so, sie redet mit den Kindern.

Sie werden auch dieses Mal nicht auf der Bühne zu sehen sein, Herr Niavarani. Warum ist es beim Schreiben und Inszenieren geblieben?

Niavarani: Es ist ewig her, dass ich eine Revue gespielt habe. Dann habe ich 2019 das Simpl gekauft und übernommen. Die Sehnsucht ist groß und eines Tages wird das vielleicht wieder passieren. Aber ich möchte dem Ensemble nicht reinpfuschen. Ich mache mein Solo-Programm, spiele meine Stücke, wir schreiben zusammen und stehen auch gemeinsam auf der Bühne. Ehrlicherweise muss ich aber sagen, ich wäre dieses Mal gerne der böse Wolf gewesen, der die Großmutter frisst. Obwohl es bei uns ja umgekehrt ist.

Mögen Sie Märchen?

Niavarani: Ja schon, aber Lieblingsmärchen habe ich keines.

Frankl: Du wirst doch wohl ein Lieblingsmärchen haben?

Niavarani: Dracula vielleicht, wobei das kein Märchen ist. Es gibt zwar keine Vampire, aber Vlad Tepes hat es wirklich gegeben. Er hat den Menschen kein Blut ausgesaugt, aber er hat sie gepfählt und die Straße mit Hunderten von Leichen dekoriert. Er wollte, dass die türkischen Soldaten die Gepfählten sehen und Angst bekommen, wenn sie angreifen. Das hat mich als Jugendlicher gepackt. Es war der erste Roman, den ich gelesen habe.

Die Geschichte ist zumindest so brutal wie die Märchen …

Niavarani: Das stimmt, obwohl die Grimm-Version viel humaner ist als die Ursprungsvariante aus dem Mittelalter. Was mich reizt, ist, die Märchen in die Jetzt-Zeit zu übersetzen und zu überlegen, was sie in der heutigen Zeit bedeuten. Schneewittchen zum Beispiel, das in den Spiegel schaut, ist heute eigentlich … Willst du es sagen? Es war deine Idee …

Frankl: … also der Spiegel, der antwortet, ist heute unser Instagram. Das schafft die Brücke zu unserem Schönheitswahn, wo Altern verboten ist. Dabei ist es das Natürlichste auf der Welt. Da darf man sich schon fragen, warum das so verpönt ist.

Welches ist Ihr liebstes Märchen, Frau Frankl?

Frankl: Als Kind war es Cinderella, also Aschenputtel, weil ich auch zwei Schwestern habe.

Niavarani: Und du bist auch adoptiert?

Frankl: Cinderella war gar nicht adoptiert. Ihre Mutter ist verstorben und der Vater hat eine neue Frau geheiratet. Ich finde es blöd, dass man den Kindern mitgibt, dass die Stiefmutter immer die Böse ist. Das kommt daher, dass die Frau durch Erbschaft damals bessergestellt war als die Kinder. In der heutigen Zeit macht das aber überhaupt keinen Sinn mehr.

Märchen haben ein glückliches Ende. Da heißt es dann „Und wenn sie nicht gestorben sind …“

Niavarani: Wir haben uns tatsächlich entschieden, dass wir die Besucher hoffnungsfroh nach Hause schicken – als Ausgleich dafür, dass wir nachdenklich in die Pause gehen.

Frankl: Mehr wird nicht verraten …
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