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Ausgabe Nr. 44/2025 vom 29.10.2025, Fotos: Bianca PUSCHL
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Fahrlehrer Jörg Otti und Elisabeth Zaufl
bei der Auffrischungsfahrt.
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„Die Fahrlehrerin hat gesagt, ich fahre sicherer als so mancher 40jährige.“
Wilfried Huber, 80.
Im Alter sicher unterwegs
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Autofahren im Alter ist ein sensibles Thema. Für die Betroffenen ebenso wie für deren Angehörige und Verkehrsteilnehmer. Während manche Senioren freiwillig eine Fahrstunde besuchen, müssen andere nach einer Anzeige ihre Fahrtüchtigkeit unter Beweis stellen.
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In Vergessenheit geratene Verkehrsregeln und kleine Schlampereien, die sich im Laufe von 52 Jahren im Straßenverkehr eingeschlichen haben, möchte Elisabeth Zaufl wieder in Erinnerung rufen und ausmerzen.

Deshalb hat sich die 74jährige Kärntnerin entschlossen, einen Auffrischungskurs bei einer Fahrschule zu machen. Und so nimmt die Seniorin im Auto der Fahrschule Zygartowski in St. Veit an der Glan hinterm Steuer Platz, neben ihr der Fahrlehrer Jörg Otti, 57.

„Ich finde das großartig“, sagt er. „Viele Menschen merken gar nicht, dass sich manches verändert hat, vom Verkehrsfluss bis zur Technik. Aber Frau Zaufl zeigt, wie verantwortungsbewusst Menschen mit 70 plus sein können.“

Während der Fahrt gibt er Tipps. „Früher in den Seitenspiegel schauen, beim Spurwechsel noch einmal kurz über die Schulter blicken. Sehr gut.“

Letzte Möglichkeit, Fahrtauglichkeit zu zeigen

Dass ältere Menschen von sich aus Fahrunterricht nehmen, sei in der Praxis die Ausnahme, sagt Magdalena Sarny, 37, die Geschäftsführerin der Fahrschule Zygartowski. „Was wir hauptsächlich machen, sind sogenannte Beobachtungsfahrten – und die erfolgen nicht freiwillig.“

Denn in Kärnten, wie auch in den anderen Bundesländern, gebe es klare Vorgaben. Wenn jemand durch auffälliges Fahrverhalten, kleine Karambolagen oder sogar durch eine Anzeige ins Visier gerät, wird ein Verfahren eingeleitet. Zuständig ist die Bezirkshauptmannschaft.

„Oft sind es Verwandte oder Nachbarn, die die Senioren anzeigen. Wir hatten schon Fälle, da haben Enkerln oder Kinder gesagt, ‚Wir haben Angst, der Opa könnte ein Kind überfahren, weil er nicht mehr sicher unterwegs ist.‘ Dann wird die Behörde aktiv“, erzählt Sarny. Darauf folgt eine Vorladung durch den Amtsarzt, der die Beobachtungsfahrt bei einer zertifizierten Fahrschule anweist. „Alle fünf bis sechs Wochen haben wir bis zu drei Senioren, die das durchlaufen müssen“, sagt Sarny. „Und viele Senioren sind leider nicht einsichtig. Sie verstehen nicht, dass das keine Strafe ist, sondern eine letzte Möglichkeit, ihre Fahrtauglichkeit zu zeigen.“

Die Beobachtungsfahrt dauert rund 25 Minuten und findet im normalen Straßenverkehr statt. Im Auto sitzen dann ebenso der Fahrlehrer, ein Vertreter der Landesregierung sowie der Amtsarzt. Bewertet wird unter anderem, ob der Senior regelmäßig den dritten Blick, also den Schulterblick, macht, wie sicher er die Spur hält, Vorrangregeln beachtet und mit anderen Verkehrsteilnehmern umgeht.

„Auch die Nutzung der Spiegel, die Geschwindigkeit und das Fahrgefühl werden genau beobachtet“, erklärt Sarny. Am Ende steht eine Einschätzung, aber kein sofortiger Führerscheinentzug. „Von zehn Senioren verliert im Schnitt nur einer den Führerschein.“

Freilich ist nicht immer der Konflikt innerhalb der Familie zu finden. In Salzburg etwa hatte ein Senior kürzlich mit einem böswilligen Nachbarn zu kämpfen. Wilfried Huber, ein ehemaliger Manager, wurde von ihm bei der Bezirkshauptmannschaft gemeldet und musste zu einer Beobachtungsfahrt antreten.

„Der Nachbar hat behauptet, ich hätte beim Abbiegen falsch geblinkt, ich sei links gefahren, habe aber rechts angezeigt. Das kann ja einmal passieren. Ich glaube, der war nur angefressen, weil er nicht zu meinem Geburtstag eingeladen war. Ein Neidhammel“, sagt Huber. Der 80jährige ist topfit, geistig hellwach und stolz auf seinen neuwertigen Mittelklassewagen, den er sich erst vor wenigen Monaten gegönnt hat.

„Vielleicht war meinem Nachbarn das Auto auch zu schön. Manche sehen es halt nicht gern, wenn‘s einem im Alter noch gut geht.“ Die Beobachtungsfahrt hat er gut hinter sich gebracht. „Die Fahrlehrerin hat gesagt, ich fahre sicherer als so mancher 40jährige.“ Obendrein musste er die Kosten für die Beobachtungsfahrt auch noch selbst tragen. Hierzulande sind dafür 65,20 Euro zu berappen.

Für den Führerschein gibt es kein Alterslimit

Für den Besitz des Führerscheines gibt es bei uns kein Alterslimit. Er ist unbefristet gültig und wird, entgegen der Befürchtung vieler Senioren, bei harmlosen Verkehrsunfällen mit Blechschaden nicht gleich abgenommen.

Zudem widerlegt die Statistik ein gängiges Vorurteil. Ältere Menschen sind nicht die Hauptverursacher schwerer Unfälle. So war die Generation 75 plus im Vorjahr nur an jedem 15. Unfall im Straßenverkehr ursächlich beteiligt. Senioren sind öfter Opfer als Verursacher. Laut Statistik Austria wurden zwischen Jänner und September 2023 in unserem Land knapp 5.000 Menschen, die älter als 65 Jahre waren, bei Verkehrsunfällen verletzt oder getötet, so viele wie noch nie seit Beginn der digitalen Aufzeichnungen im Jahr 1992. Demgegenüber ist die Gesamtzahl der Verunglückten im Straßenverkehr in den vergangenen zehn Jahren um rund sieben Prozent zurückgegangen. Das zeigt, dass ältere Menschen im Verkehr zunehmend mehr Schutz als Kontrolle benötigen.

Dennoch bietet der Automobil-Klub ÖAMTC seit rund einem Jahr den sogenannten „Fahr-Fitness-Check“ an. Die freiwillige Überprüfung richtet sich in erster Linie an Senioren, die regelmäßig Auto fahren, aber auch an Wenigfahrer oder Wiedereinsteiger, die sich nach längerer Pause ein Bild über ihr aktuelles Fahrkönnen machen wollen. Die Fahrt findet im eigenen Auto und auf bekannten Strecken statt, begleitet von einem Fahrlehrer. Die Beobachtungsfahrt dauert rund 90 Minuten und kostet 179 Euro – für ÖAMTC-Mitglieder 149 Euro.

„Weder die Behörde noch Angehörige erhalten Einsicht, das Ergebnis bleibt vertraulich“, erklärt die ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. An landesweit 70 Fahrschulen wird diese Überprüfung derzeit angeboten, bisher haben 143 Senioren dieses Angebot in Anspruch genommen.

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