Glücklich mit Glatze:
Junger Frau fielen
alle Haare aus
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Michelle Vicente war erst Anfang zwanzig, als sie die erste kahle Stelle an ihrem Hinterkopf entdeckte. Heute trägt sie ihre Glatze und hat den Mut gefunden, zu sich selbst zu stehen.
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Wenn Michelle Vicente in der Früh aufsteht, greift sie nicht mehr nach der Haarbürste. „Es gibt nichts mehr zu kämmen“, sagt sie und lacht leise. Die 25jährige aus München (Deutschland) lebt mit Alopecia areata, einer Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die eigenen Haarwurzeln angreift. Die Folge sind kreisrunde kahle Stellen, die letztlich das ganze Kopfhaar verschwinden lassen.
Die studierte Modejournalistin war gerade erst für die Arbeit nach Hamburg gezogen, als das Schicksal seinen Lauf nahm. Sie erinnert sich noch heute an den Tag, an dem sie den ersten kahlen Fleck entdeckte. „Es war der 15. Februar 2021, ich bin aufgewacht und habe mich am Kopf gekratzt, da habe ich die kahle Stelle gespürt, etwa so groß wie eine Traube.“ Dem Termin bei der Hausärztin folgte ein Termin bei einer Hautärztin, die sie wiederum an andere Fachärzte verwies.
„Die Blutwerte und die Schilddrüse wurden kontrolliert, alles war so, wie es sein sollte, nur der Haarausfall nahm zu“, klagt Vicente. Was mit einer kleinen kahlen Stelle begann, weitete sich in wenigen Monaten aus. Die Ärzte stellten schließlich die Diagnose kreisrunder Haarausfall. Eine Krankheit, die durch Erbanlagen, Stress, Virusinfektionen oder hormonelle Störungen ausgelöst wird und in jedem Alter auftreten kann.
„Ich hatte noch nie davon gehört und wusste vor meiner Diagnose nicht einmal, dass es diese Krankheit überhaupt gibt. Niemand in meiner Familie war davon betroffen.“ Etwa zwei Prozent aller Menschen weltweit leiden darunter, manchmal wachsen Haare nach, manchmal nicht.
Ihre Krankheit ist weder ansteckend noch lebensbedrohlich, aber gnadenlos sichtbar. Denn Haare sind mehr als nur Keratin. Für Vicente waren sie ein Symbol für Weiblichkeit, Attraktivität und Identität. Plötzlich ohne sie dazustehen, löste bei der damals Zwanzigjährigen Unsicherheit und Scham aus.
„Ich liebte meine Haare und experimentierte viel mit ihnen herum. Einmal trug ich sie lang, dann kurz, ich färbte sie mir knallpink oder dunkelrot. Der
Friseurbesuch war mein Höhepunkt des Monats.“ Weder Tabletten noch Cremes oder spezielles Shampoo halfen, die nahende Glatze war nicht mehr zu vermeiden. Im Studium begann sie ein Kopftuch zu tragen, unter dem auch ihre Persönlichkeit verschwand. Dazu kämpfte sie mit Akne, Untergewicht und Depressionen. Die Blicke in den Spiegel wurden immer unterträglicher. „Ich war der Krankheit hilflos ausgeliefert, das machte mich so unfassbar wütend.“
Innerhalb von nur acht Monaten war sie am Kopf kahl. Augenbrauen, Wimpern und die restliche Körperbehaarung folgten. „Das einzig Positive ist, dass ich mir jetzt nicht mehr die Beine rasieren muss“, meint Vicente scherzhaft.
Sie bekam ihre erste Perücke, Kostenpunkt: um die zweitausend Euro. „Damit fühlte ich mich wie verkleidet, sie war ein Fremdkörper, drückte, juckte und schmerzte.“ Ständig hatte sie das Gefühl, angestarrt und beobachtet zu werden. „Nach meinem ersten Besuch im Fitnessstudio mit der Perücke bin ich daheim am Boden gesessen und habe geweint.“
Rettung fand die 25jährige in ihren Therapiestunden, in denen sie sich mit Gleichgesinnten austauschte und sich andere Vorbilder suchte. „Ein großes Vorbild von mir ist Sharon Battiste, die Bachelorette, die vor laufender Kamera ihre Perücke abnahm.“ Das ließ auch Vicentes Selbstbewusstsein wieder wachsen.
„Ich wollte nicht, dass die Krankheit mein Leben beherrscht. Und ich wollte endlich aufhören, gegen etwas anzukämpfen, das ich nicht beeinflussen konnte.“
Nach vier Jahren hat sie ihr Schicksal akzeptiert und zeigt sich bewusst in der Öffentlichkeit mit Glatze. Sie hat gelernt, dass Verletzlichkeit auch eine Form von Stärke ist. „Ich bin heute selbstbewusster denn je zuvor und im Reinen mit mir. Meine Glatze trage ich mit Stolz. Am Anfang war es ein Schock, jetzt ist es mein Standpunkt. Und es befreit von den klassischen Schönheitsidealen und dem Druck, perfekt sein zu wollen.“
Erst jetzt konnte sie erkennen, dass „Schönheit wandelbar ist. Ich dachte lange, meine Haare seien mein wichtigstes Merkmal. Aber ohne sie habe ich gelernt, andere Dinge an mir zu sehen.“
Heute besitzt Vicente mehr Haarutensilien als zuvor und erhält viele Komplimente für ihre Frisuren mit den insgesamt elf Perücken. In den sozialen Medien (@michellevicentex) leistet sie Aufklärungsarbeit und macht vor allem anderen Mädchen und Frauen Mut.
„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele, Männer oft noch mehr, für den Verlust ihrer Haare schämen. Dafür gibt es absolut keinen Grund.“ Immer wieder bekommt Vicente Nachrichten von Mädchen und Frauen, die ihr Schicksal teilen und sie um Ratschläge und Hilfe bitten. „Ich finde es schön, wenn sich Menschen mir anvertrauen und ich eine Ansprechperson für sie bin.“
Gefühlvoll streicht sich Vicente heute über die Glatze. Früher hätte sie diesen Moment vermieden, mittlerweile wirkt die Geste fast liebevoll. „Die Krankheit hat mir viel genommen. Aber sie hat mir auch etwas geschenkt: Mut. Den Mut, ich selbst zu sein.“ Schuh
Die studierte Modejournalistin war gerade erst für die Arbeit nach Hamburg gezogen, als das Schicksal seinen Lauf nahm. Sie erinnert sich noch heute an den Tag, an dem sie den ersten kahlen Fleck entdeckte. „Es war der 15. Februar 2021, ich bin aufgewacht und habe mich am Kopf gekratzt, da habe ich die kahle Stelle gespürt, etwa so groß wie eine Traube.“ Dem Termin bei der Hausärztin folgte ein Termin bei einer Hautärztin, die sie wiederum an andere Fachärzte verwies.
„Die Blutwerte und die Schilddrüse wurden kontrolliert, alles war so, wie es sein sollte, nur der Haarausfall nahm zu“, klagt Vicente. Was mit einer kleinen kahlen Stelle begann, weitete sich in wenigen Monaten aus. Die Ärzte stellten schließlich die Diagnose kreisrunder Haarausfall. Eine Krankheit, die durch Erbanlagen, Stress, Virusinfektionen oder hormonelle Störungen ausgelöst wird und in jedem Alter auftreten kann.
„Ich hatte noch nie davon gehört und wusste vor meiner Diagnose nicht einmal, dass es diese Krankheit überhaupt gibt. Niemand in meiner Familie war davon betroffen.“ Etwa zwei Prozent aller Menschen weltweit leiden darunter, manchmal wachsen Haare nach, manchmal nicht.
Ihre Krankheit ist weder ansteckend noch lebensbedrohlich, aber gnadenlos sichtbar. Denn Haare sind mehr als nur Keratin. Für Vicente waren sie ein Symbol für Weiblichkeit, Attraktivität und Identität. Plötzlich ohne sie dazustehen, löste bei der damals Zwanzigjährigen Unsicherheit und Scham aus.
„Ich liebte meine Haare und experimentierte viel mit ihnen herum. Einmal trug ich sie lang, dann kurz, ich färbte sie mir knallpink oder dunkelrot. Der
Friseurbesuch war mein Höhepunkt des Monats.“ Weder Tabletten noch Cremes oder spezielles Shampoo halfen, die nahende Glatze war nicht mehr zu vermeiden. Im Studium begann sie ein Kopftuch zu tragen, unter dem auch ihre Persönlichkeit verschwand. Dazu kämpfte sie mit Akne, Untergewicht und Depressionen. Die Blicke in den Spiegel wurden immer unterträglicher. „Ich war der Krankheit hilflos ausgeliefert, das machte mich so unfassbar wütend.“
Innerhalb von nur acht Monaten war sie am Kopf kahl. Augenbrauen, Wimpern und die restliche Körperbehaarung folgten. „Das einzig Positive ist, dass ich mir jetzt nicht mehr die Beine rasieren muss“, meint Vicente scherzhaft.
Sie bekam ihre erste Perücke, Kostenpunkt: um die zweitausend Euro. „Damit fühlte ich mich wie verkleidet, sie war ein Fremdkörper, drückte, juckte und schmerzte.“ Ständig hatte sie das Gefühl, angestarrt und beobachtet zu werden. „Nach meinem ersten Besuch im Fitnessstudio mit der Perücke bin ich daheim am Boden gesessen und habe geweint.“
Rettung fand die 25jährige in ihren Therapiestunden, in denen sie sich mit Gleichgesinnten austauschte und sich andere Vorbilder suchte. „Ein großes Vorbild von mir ist Sharon Battiste, die Bachelorette, die vor laufender Kamera ihre Perücke abnahm.“ Das ließ auch Vicentes Selbstbewusstsein wieder wachsen.
„Ich wollte nicht, dass die Krankheit mein Leben beherrscht. Und ich wollte endlich aufhören, gegen etwas anzukämpfen, das ich nicht beeinflussen konnte.“
Nach vier Jahren hat sie ihr Schicksal akzeptiert und zeigt sich bewusst in der Öffentlichkeit mit Glatze. Sie hat gelernt, dass Verletzlichkeit auch eine Form von Stärke ist. „Ich bin heute selbstbewusster denn je zuvor und im Reinen mit mir. Meine Glatze trage ich mit Stolz. Am Anfang war es ein Schock, jetzt ist es mein Standpunkt. Und es befreit von den klassischen Schönheitsidealen und dem Druck, perfekt sein zu wollen.“
Erst jetzt konnte sie erkennen, dass „Schönheit wandelbar ist. Ich dachte lange, meine Haare seien mein wichtigstes Merkmal. Aber ohne sie habe ich gelernt, andere Dinge an mir zu sehen.“
Heute besitzt Vicente mehr Haarutensilien als zuvor und erhält viele Komplimente für ihre Frisuren mit den insgesamt elf Perücken. In den sozialen Medien (@michellevicentex) leistet sie Aufklärungsarbeit und macht vor allem anderen Mädchen und Frauen Mut.
„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele, Männer oft noch mehr, für den Verlust ihrer Haare schämen. Dafür gibt es absolut keinen Grund.“ Immer wieder bekommt Vicente Nachrichten von Mädchen und Frauen, die ihr Schicksal teilen und sie um Ratschläge und Hilfe bitten. „Ich finde es schön, wenn sich Menschen mir anvertrauen und ich eine Ansprechperson für sie bin.“
Gefühlvoll streicht sich Vicente heute über die Glatze. Früher hätte sie diesen Moment vermieden, mittlerweile wirkt die Geste fast liebevoll. „Die Krankheit hat mir viel genommen. Aber sie hat mir auch etwas geschenkt: Mut. Den Mut, ich selbst zu sein.“ Schuh
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