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Ausgabe Nr. 42/2025 vom 14.10.2025, Fotos: ORF/ORF III/Maximilian Motel, picturedesk.com
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Proschat Madani, 58.
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Madani mit Partner Harald Sicheritz bei der
Präsentation ihres Buches.

„Leben spielen“,
erschienen bei Molden
um € 25,–,

ISBN: 978-3-222-15135-4
Proschat Madani, 58:
„Manchmal brauche ich Fasten von der Welt“
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Proschat Madani, 58, kam mit vier Jahren aus dem Iran über die USA nach Wien und hat sich mit Serien wie „Der letzte Bulle“ und „Vorstadtweiber“ einen Namen gemacht.
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Sie fand über Umwege in unser Land. Am 11. Oktober 1967 im Iran geboren, kam Proschat Madani als Vierjährige mit drei älteren Geschwistern über Los Angeles (Amerika) und die Türkei mit ihrer Mutter nach Wien.

Der Vater blieb aus beruflichen Gründen im Iran, versprach nachzukommen, hat das aber nie gemacht. In der fremden Stadt lernte das kleine Mädchen die Sprache und den Schmäh mit Hilfe von „Biene Maja“, „Pippi Langstrumpf“ und „Am Dam Des“. Mit dem „Seniorenklub“, „Guten Abend am Samstag“ und „Was bin ich?“ verschaffte sie sich endgültig Zugang zu unserer Seele und wurde trotzdem anfangs als Schauspielerin für Rollen besetzt, die „Gülgül“ oder „Nasrin“ hießen.

„Ich will lernen, mich lieb zu haben. So wie ich bin.“

Doch Madani wusste sich durchzusetzen und schlüpfte bald in die Rollen von Chefinnen und Ärztinnen. Mit der Krimi-Serie „Der letzte Bulle“, in der sie eine Polizeipsychologin namens Tanja Hafner verkörperte, und mit den „Vorstadtweibern“, wo sie als Rechtsanwältin Dr. Tina Mossaheb-Heldt zu sehen war, war sie schließlich auch in ihren Rollen in der ehemals fremden Welt angekommen.

Mit 58 Jahren hat Madani genug erlebt, um darüber zu schreiben. Obwohl sie nach wie vor eine attraktive Frau ist, hadert sie, wie sie im Buch schreibt, doch hin und wieder damit, älter zu werden. Ein Satz von Eckhart Tolle, einem deutschen spirituellen Lehrer und Autor, den sie einmal gehört hat, ist ihr dazu im Gedächtnis geblieben. „Die Zeit ist der größte Serienmörder aller Zeiten. Am Ende bringt sie uns alle zur Strecke. Wir entkommen ihr nicht. Ist es unter diesen Umständen nicht klüger, bewusst Abschied zu nehmen?“

Der Schauspielerin gelingt der Umgang mit dem Alter freilich, weil ihr Mann, der Regisseur Harald Sicheritz, 67, dem Schönheitswahn nichts abgewinnen kann. Sie hat verstanden anzunehmen, was die Zeit aus ihr macht. „Mit Staunen und Neugier. Mit Lächeln und Lachen. Über mich. Ich will lernen, mich lieb zu haben. So wie ich bin“, schreibt sie.

Dafür nimmt die Wienerin auch in Kauf, dass Männer sich nicht mehr nach ihr umdrehen und dass das Wort „schön“ immer öfter der Floskel „Für ihr Alter sind Sie ja noch …“ weichen muss. „Es stört mich nicht“, sagt sie. Was sie aber stört, ist die Veränderung unter den Menschen, die sie seit einigen Jahren immer stärker wahrnimmt.

Vor allem in einer Branche, in der das Gespräch zum Geschäft gehört. „Auch wenn sich mehrere Menschen im selben Raum befinden, ist doch jeder in seiner eigenen Welt gefangen. Textet, lacht, flirtet, spricht digital – anstatt analog mit dem Tischnachbarn. Da kann es schon passieren, dass ich mich einsam fühle. Unter Menschen.“ Dazu kommt die von Kriegen und Krisen geschüttelte Welt, die sie – wie so viele Menschen – plötzlich direkt tangiert.

„Die Geschehnisse auf der Weltbühne haben sich in mein Persönlichstes gedrängt. In meine Beziehungen zu Freunden und Bekannten. Sie kontaminieren meinen bislang geschützten Raum, sorgen für Konflikt und Streit, zwingen mich, auf Distanz zu gehen. Auf Distanz zu Menschen, die ich nach wie vor für warmherzig und gut halte, mit deren plötzlichem Sinneswandel ich aber nicht umgehen kann.“

Ihre Antwort darauf ist der Rückzug in ihre eigene Welt, in der sich ihr Wohnzimmer-Sofa zum Epizentrum entwickelt. Madani nennt sie „neutrale Zone“, in der sie alleine ist, aber nicht einsam, und in der sie sich mit Torte und Nussschokolade belohnt, eine Schüssel Chips leerfuttert und „nur so fürs Gefühl“, weil ihr eine Histamin-Allergie zu schaffen macht und sie kein Glas davon trinken kann, eine Flasche Rotwein öffnet. „Einfach, weil es so gemütlich ist.“

„Ich habe mich freiwillig zurückgezogen. In meine vier Wände“

Was sie aber trinkt, sind doppelte Espressi in rauen Mengen, damit sie den Ausgang der Serie „Penny Dreadful“ ja nicht verschläft. Horror am Bildschirm gegen den Horror vor der Tür. „Ich habe mich freiwillig
zurückgezogen. In meine vier Wände“, schreibt sie.

„Ich brauche das. Immer wieder einmal. Fasten von der Welt. Wenngleich ich leidenschaftlich mit Menschen fühle, sie im Prinzip sogar liebe – sie strengen mich an.“ Das ist nicht die schlechteste Methode, zu sich selbst zu finden und sich wieder für andere zu öffnen. Denn dort kommt Madani zum Schluss, dass es jenseits der vielen Meinungen und Ideologien so viel Gemeinsames gibt. „Auf das müssen wir uns fokussieren, um zu kapieren, dass jeder Mensch auch noch ganz andere Seiten hat.“

Die flüchtigen Begegnungen im Alltag, die zum Schmunzeln sind

Dass das Leben aber auch immer wieder Humor zeigt, stimmt schließlich nicht nur sie wieder optimistisch. Wenn Madani in ihrem Buch kleine Szenen aus ihrem Alltag einstreut, zeigt sie sich nahbar und uneitel. Da ist der belesene Herr in der Konditorei, der sie partout „vom Akademikerball“ zu kennen glaubt. Als sie andeutet, er könne sie auch aus dem Fernsehen kennen, zischt er: „Na! Owa wirklich net!“ – und rauscht beleidigt ab.

Ein Mini-Schauplatz über Eitelkeiten, Zuschreibungen und wie schnell wir einander verkennen. Dann gibt es auch noch die Geschichte von einer Garten-Feier, wo sich eine Dame zu Madani gesellt.

„Ich signalisiere dezent Gesprächsbereitschaft, lächle charmant. Sie starrt mich hingegen nur an. (…) Plötzlich schlägt sich mein Gegenüber auf die Stirn und ruft laut aus: ,Moschat Pradani! Hab‘ ich‘s gewusst, dass mir Ihr Name noch einfällt.‘“

Solche Miniaturen machen die Schauspielerin Proschat Madani greifbar. Sie ist prominent genug, dass junge Verkäuferinnen bei einer Begegnung schon einmal zittern – und anonym genug, dass die Kassiererin in ihre Tasche schauen will.

„Das ist die Bandbreite, in der ich mich bewege“, meint sie selbstbewusst.
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