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Ausgabe Nr. 41/2025 vom 07.10.2025, Fotos: Zeppelzauer, mauritius images / ARCHIVIO GBB / Alamy, AHN YOUNG-JOON / AFP / picturedesk.com
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Sein Bildnis begrüßt die Besucher seines Hauses.
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Pavarotti als Dreijähriger.
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Der Tenor Luciano Pavarotti.
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Pavarotti liebte auch das Malen.
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Die Küche des Opernsängers.
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Der Salon mit Pavarottis Flügel.
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Das Bad des Opernsängers.
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Auch seine Kostüme sind ausgestellt.
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Statue in Modena.
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Foto von Pavarottis Eltern.
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Mit Frau und Tochter.
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Die Familiengruft.
Zum 90. Geburtstag von Luciano Pavarotti:
Zuhause beim
„König des hohen C“
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Trotz seines Weltruhmes blieb der italienische Opernsänger Luciano Pavarotti tief in seiner Heimat verwurzelt. Dort lebte er mit seiner Familie in einer Zwölf-Zimmer-Villa am Rande seiner Geburtsstadt Modena in Norditalien.
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Den Namen Modena verbinden Feinschmecker mit exzellentem Balsamico-Essig, dem „Aceto Balsamico di Modena“. Auch die Herzen der Freunde edler Sportkarossen werden in der norditalienischen Stadt höherschlagen, geben sich dort doch gleich drei Luxusmarken – Ferrari, Lamborghini und Maserati – ein Stelldichein. Die PS-starken Boliden können bei Werksführungen besichtigt werden.

Für Opern-Liebhaber aus aller Welt ist Modena hingegen längst zu einem musikalischen Wallfahrtsort geworden, denn sie ist die Heimat von Luciano Pavarotti, einem der größten Tenöre aller Zeiten. Und nirgends ist die Gegenwart des großen Sohnes der Stadt so spürbar wie in seinem Anwesen am Rande Modenas.

Die Zwölf-Zimmer-Villa ist heute ein Museum, das täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet ist (Stradello Nava 6, 40126 Modena, Eintritt € 12,–). „Jede Ecke in dem Haus erzählt eine Geschichte. Wir versuchen, dieses Haus lebendig zu halten. Seine Musik und seine Präsenz sind so allgegenwärtig, dass man denkt, der Maestro kommt gleich um die Ecke“, erzählt Serena Belladelli von der Pavarotti-Stiftung.

Die Residenz liegt auf einem Gelände, das Pavarotti Mitte der 1980er Jahre erworben hat. Dort widmete er sich zuerst seiner Leidenschaft für Pferde und baute auch eine Reitschule. Das Haus selbst wurde Anfang 2000 nach Pavarottis Anweisungen entworfen. Die Einrichtung und die Gegenstände sind unverändert geblieben und zeugen von seinem täglichen Leben. „Dieses Haus spiegelt seinen Geschmack und alles wider, was er liebte. Im großen Wohnzimmer im Erdgeschoß mit seinen hellen Farben, dem Naturholz und der Balkendecke verbrachte er sicherlich den größten Teil seines Tages. Hier empfing der Maestro Freunde, speiste und spielte Karten“, weiß Belladelli.

In einem anderen Zimmer hängen farbenfrohe Gemälde, signiert mit LUPA, seinen Initialen. Malen war neben dem Sport eine weitere große Leidenschaft des Sängers.

Die beiden oberen Stockwerke geben Einblick in die Höhepunkte von Pavarottis langer Karriere. Eine Auswahl von Kostümen aus seinen denkwürdigsten Opern, internationale Auszeichnungen, persönliche Gegenstände und viele Fotos, die sein Leben auf und abseits der Bühne dokumentieren, sind dort zu besichtigen.

„Der Maestro liebte die Landschaft und deshalb hat er sich entschieden, dieses Haus hier zu bauen. Die Ruhe und die Nähe zur Natur, die man hier findet, sind unvergleichlich.“ Pavarotti war aber auch die Nähe zu Modena wichtig. „Modena war wirklich immer in seinem Herzen“, sagt Belladelli. Das war seine Heimatstadt, sein Mittelpunkt.

Luciano Pavarotti wurde hier am 12. Oktober 1935 geboren. „Wir lebten in einem Wohnblock in einem Außenbezirk von Modena. Vor dem Haus gab es nur Felder und Bäume, eine herrliche Gegend für Kinder, um darin aufzuwachsen“, schrieb der Opernsänger später in seinen Memoiren „Ich, Luciano Pavarotti“ (Noack-Hübner Verlag).

Pavarottis Vater Fernando (1912–2002) war Bäcker und ein leidenschaftlicher Amateur-Sänger. „Für ihn war die Vokalmusik die wichtigste Sache der Welt. Er brachte Schallplatten mit all den großen Tenören jener Tage – Gigli, Martinelli, Enrico Caruso – nach Hause und spielte sie wieder und wieder“, erinnerte sich der Italiener an eine Kindheit, in der Musik ein Teil des Alltags war.

Und da er immerzu „diese großartigen Stimmen hörte, war es unvermeidlich, dass ich versuchte, wie sie zu singen. Ich ging in mein Zimmer, schloss die Tür und sang aus vollem Halse ,La donna è mobile‘, mit Kinderstimme natürlich. Von den 16 Familien im Haus riefen 14, ich solle den Mund halten.“ In den frühen 1950er Jahren sangen Vater und Sohn dann gemeinsam im „Corale Rossini“, einem der ältesten Chorvereine Italiens.

Die Mutter des Opernsängers, Adele Venturi (1915–2002), arbeitete in einer Zigarrenfabrik und liebte die Musik ebenso. „Sie erzählte gerne, wie ich nach meiner Geburt schreiend neben ihr lag und der Doktor sagte, ,Mama mia, welche hohen Töne.‘ Meine Mutter meinte, dass ich die Stimme von meinem Vater geerbt habe und Herz und Gefühl in meiner Musik von ihr.“

Nicht nur die Musik begeisterte den jungen Pavarotti. Er sei auch ein Sportnarr gewesen, erinnert er sich in seiner Autobiografie. „Wann immer wir keine Schule hatten, spielten wir im Freien, meistens Fußball.“ Ganze Nachmittage verbrachte er damit, war kaum ins Haus zu kriegen.

Seine „kleine Welt“ wurde erstmals erschüttert, als der Zweite Weltkrieg auch bis in die italienische Provinz vordrang. „Als die Amerikaner und Engländer begannen, Modena zu bombadieren, trat der Krieg mit Gewalt in mein Bewusstsein und er war schrecklich.“ Die Bombenangriffe wurden so schlimm, dass die Familie 1943 ihr Zuhause verlassen musste und nahe der Stadt Carpi bei einem Bauern Zuflucht fand. Pavarotti, damals acht Jahre alt, erlebte die Kämpfe der italienischen Partisanen gegen die feindlichen Deutschen und die örtlichen Faschisten mit. Jede Nacht sei er beim „Geknatter der Gewehre“ eingeschlafen. „Mein gutes Gefühl für Rhythmus kommt vielleicht daher, dass sich die Schussfolgen der automatischen Waffen in mein Kindergehirn einhämmerten“, erinnerte er sich.

Doch die Kriegsjahre hatten auch etwas Positives für ihn. Sie brachten ihm das Landleben nahe und seine „sinnlich-erdverhaftete Seite“ zum Vorschein. Eine Seite, die ihm auch später immer gegenwärtig blieb.

Sie lehrten ihn auch, den Tod zu verstehen. „Was ich sah, prägte mir ein, wie leicht ein Leben zerstört werden kann, wie schnell es endet. Ich lernte damals das Leben glühend zu lieben.“ Zwei Mal sei er später selbst dem Tod sehr nahe gekommen. Zuerst mit zwölf Jahren, als er eine schwere Blutvergiftung hatte und kaum noch Hoffnung bestand. „Der Priester wurde gerufen und ich hörte ihn sagen, dass es Zeit sei, mich auf den Himmel vorzubereiten.“ Seine Genesung verdankte er damals einem Wunder namens Penicillin. Ein Wunder war es auch, dass ihn 1975 einen Flugzeugabsturz überleben ließ. Lebenslange Flugangst war die Folge. Keine gute Voraussetzung für jemanden, der oft monatelang auf anderen Kontinenten unterwegs war.

Pavarotti, der 1961 sein Operndebüt als Rodolfo in der Puccini-Oper „La Bohème“ am Teatro Reggio Emilia feierte, trat in Konzertsälen und Stadien in Nord- und Südamerika, in Asien, Australien, Europa, im Nahen Osten und in Südafrika auf. Mit seiner kraftvollen Stimme und seinem Charisma zog er Millionen von Zuhörern in seinen Bann und stellte Rekorde auf, die bis heute unerreicht sind. Etwa an der Deutschen Oper in Berlin, wo er am 24. Februar 1988 in Donizettis „L‘elisir d‘amore“ das Publikum derart verzauberte, dass er unglaubliche 165 Vorhänge und 67 Minuten ununterbrochenen Applaus erhielt. Oder im Jahr 1966, als er in der Londoner (GB) Royal Opera in der Arie „Ah mes amis“ (Donizetti, „Regimentstochter“) neun Mal das hohe C treffen musste. Was bislang noch niemand perfekt geschafft hatte, gelang Pavarotti an diesem Abend in Vollendung. Der „König des hohen C“ war geboren – den Beinamen behielt der Ausnahmetenor bis zu seinem Lebensende.

Mit einem Repertoire von nur 18 Opernpartien schaffte Pavarotti die größte Klassik-Karriere aller Zeiten. Diese Rollen perfektionierte er bis zur Meisterschaft. Vor allem seine Interpretation von „Nessun Dorma“ aus dem Puccini-Werk „Turandot“ schrieb Geschichte, denn es war die erste Opernarie, die es auch in die „Pop-Hitparade“ schaffte. Sein Leben lang liebte Pavarotti aber nicht nur die Musik, sondern auch gutes Essen, wie seine Figur bezeugte. „Ich glaube, ich kann mich beruflich auf jede Art von Herausforderung einstellen, doch wenn es ans Essen geht, schüttle ich jede Art von Beschränkung ab“, wusste er, warum zahlreiche Diäten in seinem Leben erfolglos blieben.

Zu kämpfen hatte er auch im Privatleben. Von seiner ersten Frau Adua, die er 1961 geheiratet und mit der er drei Töchter hatte, ließ er sich im Jahr 2000 scheiden. Die Trennung kostete ihn rund 100 Millionen Euro. Damals hatte er schon viele Jahre ein Verhältnis mit seiner Sekretärin Nicoletta Mantovani, die er im Dezember 2003 heiratete. Im Jänner davor wurden die beiden Eltern von Zwillingen, von denen der Sohn jedoch einen Tag nach der Geburt starb. Seit Ende der 90er Jahre war ihm auch die Steuerfahndung auf den Fersen. Nach einer außergerichtlichen Einigung musste der Tenor 2002 rund zwölf Millionen Euro Steuern nachzahlen.

Im März 2004 trat Luciano Pavarotti zum letzten Mal in einer Operninszenierung auf – an der Metropolitan Opera New York (USA). Als 2006 Bauchspeicheldrüsenkrebs bei ihm diagnostiziert wurde, zog er sich zurück.

„Ich bin in Modena groß geworden und ich will da auch sterben“, meinte er einst. Umgeben von seiner Familie und in Sichtweite der Felder, die er so liebte, tat Luciano Pavarotti seinen letzten Atemzug. Am 6. September 2007 verstummte eine der größten Stimmen der Welt still und friedlich im Schlafzimmer seiner Villa in Modena. rz
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