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Ausgabe Nr. 27/2025 vom 01.07.2025, Fotos: imago, Barbara Majcan, zvg.
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'Frei' im Freibad.
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Anna Majcan schuf in Graz den „Frauen-Strand“.
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Betriebsleiter Mrskos erlaubt oben ohne in Herzogenburg. Im Grazer Margaretenbad ist es verboten.
Die Scheu vor „oben ohne“
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In vielen Freibädern ist es erlaubt, dass Frauen oben ohne baden. Doch kaum eine macht davon Gebrauch. Zu groß ist die Angst, angestarrt oder gar belästigt zu werden.
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Es war ein kalter Dezembertag im Jahr 2022, als eine 33jährige Frau in Berlin-Kaulsdorf (D) ein Hallenbad betrat – in der festen Absicht, ihre Bahnen „oben ohne“ zu ziehen. Was folgte, war ein Eklat, der bundesweit für Aufsehen sorgte. Als sie sich weigerte, ein Bikini-Oberteil anzuziehen, wurde sie des Bades verwiesen.

Doch die Frau ließ das nicht auf sich sitzen. Sie legte Beschwerde bei der Ombudsstelle für das Berliner Antidiskriminierungsgesetz ein – mit Erfolg.

Seit März 2023 ist es in Berlin offiziell erlaubt, dass Frauen beim Schwimmen in den Bädern ihre Brüste unbedeckt lassen dürfen, so wie die Männer.

Festgeschrieben ist das in der Hausordnung der Berliner Bäderbetriebe. Auch Städte wie München, Köln, Frankfurt, Hannover oder Hamburg haben in den vergangenen Jahren ähnliche Regelungen eingeführt. Doch die Revolution blieb aus. In der Praxis zeigt die neue Freiheit kaum blanke Brüste.

Die kulturelle Norm, dass weibliche Brüste bedeckt gehören, ist tief verankert, aber das Entblößen meistens erlaubt. Das gilt auch für unser Land. Festgeschrieben in der Hausordnung der jeweiligen Badeanstalt. In den 23 städtischen Freibädern Wiens etwa, ist das Schwimmen mit freiem Oberkörper für Frauen grundsätzlich erlaubt.

Das „Oben-ohne-Baden“ ist meistens erlaubt

„Die Freigabe erfolgte schrittweise in den 1980er Jahren. Das Angebot wird heute allerdings in geringem Ausmaß genutzt. Beschwerden darüber gab es bislang nicht“, erklärt Martin Kotinsky von der Stadt Wien.

In Kärnten ist die Situation ähnlich. „Oben ohne zu baden, ist in unseren Strandbädern erlaubt“, heißt es aus dem Strandbad Klagenfurt am Wörthersee. „Einige Frauen machen davon Gebrauch, aber es fällt kaum auf.“

Im Aquapark Herzogenburg (NÖ) wird das Thema zurückhaltender gehandhabt. „Oben ohne ist bei uns gestattet“, sagt der Betriebsleiter Christian Mrskos, „wir bitten die Gäste lediglich, sich in den hinteren Bereich der Anlage zu begeben.“

Etwa 50 Frauen nutzen diese Möglichkeit. Beschwerden gebe es vereinzelt – „meist von Jungmüttern mit dem Argument: ‚Das kann man doch nicht vor Kindern machen.‘ Nach einer Erklärung, dass es hierzulande nicht verboten ist, ist das Thema aber erledigt.“

Warum viele Frauen das Oben-ohne-Angebot nicht nutzen, hat einen ernsten Hintergrund. Laut einer Studie
haben 75 Prozent der Frauen bei uns bereits mindestens ein Mal sexuelle Belästigung in Strand- oder Freibädern erlebt. Um dem entgegenzuwirken, initiierte das Frauenreferat des Landes Oberösterreich im Sommer 2021 die Kampagne „NO GO“ – eine landesweite Aktion gegen sexuelle Belästigung in Schwimmbädern und an Badeseen.

Vor zwei Jahren wurde aus gleichem Grund im Grazer Margaretenbad ein „Frauen-Strand“ eingeführt. Das war ein geschützter Bereich, der für einige Stunden ausschließlich weiblichen Badegästen vorbehalten war. Männer hatten in dieser Zeit keinen Zutritt. „Wir wollten Frauen ermutigen, so ins Freibad zu kommen, wie sie es selbst möchten, oben ohne oder im Ganzkörperanzug“, sagt Anna Majcan vom Grazer Frauenrat, die die Aktion initiierte.

Auch wenn die Rückmeldungen der Besucherinnen durchwegs positiv ausfielen – „zum Teil sogar begeistert“, wie Majcan betont – gibt es die Initiative heuer nicht mehr. „Wir haben im Vorjahr sogar versucht, den Frauen-Strand auch auf andere Grazer Freibäder auszuweiten. Doch die Holding hat uns eine Absage erteilt“, so Majcan. Die Begründung war, dass ein Bereich, der exklusiv Frauen vorbehalten sei, schwer umzusetzen sei, insbesondere, wenn männliche Saisonkartenbesitzer in dieser Zeit bestimmte Flächen nicht nutzen dürfen.

Dabei habe die Aktion genau das erreicht, was beabsichtigt war: „Einen sicheren Raum zu schaffen, in dem sich Frauen frei und ungezwungen bewegen konnten, auch wenn es nur für wenige Stunden war.“ morri
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