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Ausgabe Nr. 26/2025 vom 24.06.2025, Fotos: picturedesk.com, Alamy
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legendäre Pop-Blondinen, Debbie Harry, 80
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Debbie Harry als Sängerin der Band „Blondie“.
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Parallele Linien, „Blondie“- Album.
Zum 80er der „Blondie“-Sängerin Debbie Harry:
„Alt sein ist sch…“
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Eine der legendärsten Pop-Blondinen aller Zeiten wird auch schon 80. Doch Debbie Harry denkt noch nicht ans Aufhören. Im Gegenteil. Sie will es zu ihrem runden Geburtstag ordentlich krachen lassen.
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Es war der berühmte Fotograf David LaChapelle, der Debbie Harry einmal als „die Definition von cool“ bezeichnete. Sie selbst sieht das kritischer. „Eigentlich glaube ich, so cool bin ich gar nicht. Patti Smith ist definitiv viel cooler als ich. Lou Reed war cooler. David Bowie war cooler. Und ich?

Anfangs waren wir cool, weil wir frivol waren. Heute sind wir cool, weil wir immer noch da sind. Und dennoch: Ich sehe mich höchstens im oberen Mittelfeld, was das Coolsein angeht.“

Wo auch immer sie stehen mag auf der Weltrangliste der coolen Menschen, an einer Zahl kommt selbst eine der schillerndsten Ikonen der Popgeschichte nicht vorbei. Am 1. Juli feiert Deborah Ann Harry, die als Angela Trimble in Florida (USA) zur Welt kam und im Alter von drei Monaten von einem Paar aus New Jersey (USA) adoptiert und umbenannt wurde, ihren 80. Geburtstag.

Wobei das mit dem Feiern in Harrys Fall wörtlich gemeint ist. „Ich werde eine riesige Feier veranstalten“, kündigte sie kürzlich in einem Gespräch mit der englischen Zeitung „The Sunday Times“ an.

Sie will keine Sudokus lösen

„Es wird eine Party geben mit allen meinen lieben Menschen, die noch leben.“ Denn viele sind ja schon nicht mehr da. Clem Burke etwa, der Schlagzeuger ihrer Band „Blondie“, als deren Sängerin Debbie Harry zu jener weltberühmten und stilprägenden Ikone wurde, die sie seit den späten Siebzigern und bis heute ist.

Er starb im April an Krebs. Und Andy Warhol, der 1980 eine legendäre Porträtserie von ihr schuf, schied bereits im Jahr 1987 nach einer Routineoperation aus dem Leben.

Aber Debbie Harry ist noch da. Und denkt nicht im Traum daran, sich in der Tagesgestaltung den Altersgefährtinnen anzupassen. „Soll ich auf dem Sofa sitzen und Sudokus lösen?“, empörte sie sich scherzhaft. Das sei viel zu langweilig.

Sie gehe immer noch gern aus, selbst in Klubs, allerdings nicht mehr so lange. „Ich werde schneller müde als früher.“ Bis vor Kurzem hielt sie sich noch mit einem eigenen Trainer fit. Übungen „für die Stabilität des gesamten Bewegungsapparates“ mache sie nach wie vor, Kern des Ausdauerprogrammes seien aber die mehrmals täglichen Spaziergänge mit ihren Hunden – zumeist ungeschminkt, „denn eine Gassi-Runde ist nun einmal nicht glamourös“. Sie sei, so die seit Jahren alleinlebende Harry, zwar nicht „Wonder Woman“, auch habe die Energie etwas nachgelassen. „Aber ich bin zäh und weiß mir die Kräfte einzuteilen.“

Das Eigenheim wegen Schulden verloren

Dem Älterwerden begegnet Harry mit einer gewissen Unbekümmertheit. „Ich denke einfach nicht oft darüber nach.“ Aber wer sie darum bittet, es kurz doch zu tun, bekommt eine klare Antwort. „Alt sein ist scheiße. Mehr lässt sich nicht dazu sagen.“

Extrem dankbar ist Harry über den wohl besten Rat, den ihr enger Freund Andy Warhol ihr einst gegeben hat. „Andy brachte mir bei, offen und neugierig durchs Leben zu gehen, immer bereit, Neues zu lernen und sich auf Ungewohntes einzulassen.“

Als Debbie Harry, nicht zuletzt durch Neugier und allgemeinen Lebensdurst beflügelt, nach New York (USA) zog, war sie bereits Mitte zwanzig und nach einem Kunststudium in New Jersey mehr als heiß darauf, sich in der Szene einen Namen zu machen. Sie arbeitete als Go-Go-Tänzerin und als „Playboy Häschen“. Im Jahr 1973 lernte sie dann den Gitarristen Chris Stein kennen. Die beiden wurden ein Paar und gründeten 1974 die Band „Blondie“. Sie feierten wilde Nächte in angesagten Klubs wie dem „CBGB“, und als der Punk-Rock zu boomen begann, befand sich „Blondie“ mit ihrer Mischung aus Pop, Punk, Glamour und der lässig-sexuellen Ausstrahlung Debbie Harrys als die perfekte Band im perfekten Moment an einem perfekten Ort.

Von New York aus eroberten sie Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger des vorigen Jahrhunderts die Welt mit Liedern wie „Heart Of Glass“, „Call Me“ oder „Rapture“, das mit einem Stilmix aus Disco, New Wave und Rap absolut revolutionär klang.

„Das war eine wunderbare Zeit“, erinnert sich Harry. „New York war überschaubar, wir Musiker trafen uns immer in denselben Läden, und das Geld dominierte noch nicht alles. Wir fühlten uns glücklich und frei.“ Doch die Tiefschläge folgten schon bald. Harry entwickelte eine Heroinsucht (von der sie sich erfolgreich lösen konnte), sie pflegte den ab 1983 schwer erkrankten Chris Stein. Stein wurde wieder gesund, doch die Liebesbeziehung zerbrach.

In „Blondie“ spielen die beiden bis heute zusammen, sind beste Freunde, frotzeln gern übereinander, und die kinderlose Debbie Harry ist die Patentante von Steins beiden Töchtern. Aber damals ging alles den Bach hinunter, wegen Steuerschulden konfiszierte das Finanzamt gar das Haus der beiden.

Und mit der Band war es vorbei. Debbie Harry spielte mehrere Soloalben ein, angefangen 1981 mit „KooKoo“. Der Jubilarin gelangen auch solo ein paar Hits wie das von Giorgio Moroder produzierte „Rush Rush“ (1983) oder „French Kissin‘ In The USA“ (1986). An die Strahlkraft von „Blondie“ kam sie musikalisch allein jedoch nicht heran. Allerdings etablierte sie sich als Schauspielerin, zu ihren bekanntesten Filmen zählen David Cronenbergs Körperhorror „Videodrome“ (1983) und „Hairspray“, der satirische Tanzfilm von John Waters. Im Jahr 1997 fanden die Mannen von „Blondie“ schließlich wieder zusammen und feierten mit dem Nummer-eins-Hit „Maria“ ein Comeback, das selbst kühnste Hoffnungen übertraf.

Seitdem ist die Band konstant aktiv, das bisher letzte Album „Pollinator“ kam 2017 heraus. Zuletzt veröffentlichte sie vor einigen Monaten mit dem „Erasure“-Sänger Andy Bell das Pop-Duett „Heart‘s A Liar“, und wie es heißt, ist auch ein neues „Blondie“-Album fertig. Es soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Aber der Tod von Clem Burke im April könnte die Planungen beeinflussen, aktuelle Infos gibt es nicht.

Wer Harry die Laune vermiest, ist freilich auch klar – Donald Trump. Wie wenige andere Bands stehen „Blondie“ und auch Harry persönlich für Toleranz und für Menschenrechte an sich. „Trump und ,Blondie‘ stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die Politik dieser Regierung ist so rückwärtsgewandt und so auf die Interessen der Reichen ausgerichtet, dass mir unwohl ist.“

Wenn die Sängerin gefragt wird, wie sie eines Tages wiedergeboren werden möchte, schwankt sie zwischen Hund und Katze, entscheidet sich jedoch für letztere. „Eine Haus-
katze wird in der Regel verwöhnt. Und sie mag ein bequemes Leben ohne Stress. Genauso wie ich.“
Steffen Rüth
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