Zu viel, zu voll
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Hallstatt will eine Besucher-Obergrenze und höchstens 5.500 Touristen pro Tag in den Ort lassen. In anderen Urlauber-Hochburgen protestieren die Bewohner teils rabiat.
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Im spanischen Barcelona gehören Wasserpistolen zur Grundausstattung der Anti-Massentourismus-Demonstranten. Zuletzt gingen Mitte Juni hunderte Bewohner der Metropole auf die Straße, um gegen die wachsende Zahl der Besucher zu protestieren. „Ein wenig ärgern“, wolle er die Touristen, erzählte ein Mann, nachdem er ein Urlauber-Paar im Schanigarten nass gespritzt hatte.
Rund 30 Millionen Menschen reisen laut der Tourismusbehörde Jahr für Jahr in die 1,7-Millionen-Einwohner-Stadt. Leistbare Wohnungen sind für die Einheimischen Mangelware, die Alltagskosten hoch. Das führt zu harscher Kritik. „Massentourismus tötet die Stadt“, war auf Transparenten zu lesen.
„Wir wollen, dass die Touristen ein gewisses Maß an Angst vor der Situation haben, denn ohne Angst gibt es keine Veränderung“, hatte eine Aktivistin die Proteste zuvor angekündigt.
So rabiat sind die Hallstätter (OÖ) nicht, obwohl sie zunehmend unter der Überfüllung ihres malerischen Heimatortes leiden. „Früher gab es die Spitze vom Muttertag bis zum Nationalfeiertag, das haben wir irgendwie ertragen. Danach herrschte weitgehend Ruhe“, erzählt Friedrich Idam von der Bürgerliste Hallstatt. „Das ist mittlerweile vorbei. Heute sind auch die Tages-Randzeiten und die saisonalen Randzeiten voll.“
Bis zu 12.000 Menschen tummeln sich pro Tag im Ort
Bis zu 12.000 Menschen bevölkern an manchen Sommertagen die Uferstraße bis zum begehrten Aussichtspunkt, wo Fotos vor allem für soziale Medien geschossen werden.
Etwa 1,35 Millionen Touristen pro Jahr besuchen laut UNESCO, der Kulturorganisation der Vereinten Nationen, den Ort, in dem nicht einmal 800 Menschen zuhause sind. Pro Einwohner zählt Hallstatt knapp 1.800 Touristen jährlich. Im ebenso überlaufenen Venedig (I) kommen auf einen Bewohner der Altstadt rund 300 Touristen. „Alle Fraktionen des Gemeinderates sind einstimmig der Meinung, dass wir eine Begrenzung auf höchstens 5.500 Besucher pro Tag brauchen“, sagt Friedrich Idam. „Wir von der Bürgerliste glauben, dass es – ähnlich wie in vielen anderen Tourismus-Brennpunkten – nur noch mit einem Time-Slot-System geht, also Zeitfenstern für den Besuch.“
Dafür bräuchte es „verkehrstechnische Lösungen, auch um die Durchfahrt in die Nachbargemeinde Obertraun zu gewährleisten“, erklärt Idam. „Das ließe sich alles lösen, wenn uns das Land Oberösterreich dabei unterstützt.“ Auch der Hallstätter SPÖ-Bürgermeister Alexander Scheutz steht hinter der geforderten Besucher-Obergrenze. Aber, „wie wir sie erreichen, wissen wir noch nicht“, sagt der Ortschef. Dass eine Besucherlenkung funktionieren kann, beweist das Termin-System für Reisebusse. „Da haben wir jetzt die Hälfte von früher.“
Dass zuletzt die Filmproduktion „Ballerina“, ein Ableger der John-Wick-Reihe, den Ort als Schauplatz auserkoren hat, könnte noch mehr Besucher in die idyllische Gemeinde locken. „Aber es ist halt schwierig abzulehnen, wenn Hollywood fragt“, meint Scheutz.
Zumal der Film-Tross auch Geld im Ort gelassen hat. „Wir haben ständig Anfragen wegen Drehgenehmigungen, bei anderen Projekten sagen wir ohnehin Nein.“ Für die Ortskasse zahlt sich der Besucheransturm aus.
„Wir sind keine Härteausgleichs-Gemeinde, wie es in Oberösterreich schon viele gibt“, erklärt Bürgermeister Scheutz. Solche Gemeinden können ihre Ausgaben nicht mehr selbst decken. Hallstatt hingegen kann Projekte umsetzen, die für andere unfinanzierbar wären. „Wir haben kürzlich ein Nahversorgergeschäft mitten im Ortszentrum gemacht“, erläutert der Bürgermeister. Es gebe neue
Wohnungen, ein altes Gemeindehaus, direkt am See gelegen, sei denkmalgerecht renoviert worden.
Ein Großteil der Hallstatt-Besucher sind Tagestouristen, die nur wenige Stunden hier verbringen und dementsprechend weniger ausgeben als ein Übernachtungs-Gast.
Im Tourismusverband, dem Bad Goisern, Gosau, Obertraun und Hallstatt angehören, „haben wir mehr als eine Million Nächtigungen im Jahr. Davon sind mit Abstand die wenigsten, rund 140.000 in Hallstatt, weil wir zu wenige Gästebetten haben“, beklagt Alexander Scheutz. Ein geplantes Hotelprojekt mit mehr als 200 Betten würde er deshalb begrüßen.
In Venedig drücken sich viele Besucher vor dem Eintritt
In Venedig gibt es keinen Mangel an Hotelbetten. Aber auch hier stellen Tagestouristen einen großen Teil der Besucher. Sie müssen seit dem Vorjahr Eintritt in die Lagunenstadt zahlen. An besonders vollen Tagen bis Ende Juli sind bis zu zehn Euro fällig, und zwar von 8.30 bis 16 Uhr. Im Vorjahr hat Venedig mit der Eintritts-Gebühr mehr als 2,4 Millionen Euro eingenommen. Viele Besucher drückten sich aber vor dem Obolus, obwohl bis zu 300 Euro Strafe drohen. Griechische Inseln wollen dennoch ab Juli bis zu 20 Euro „Eintritt“ von Kreuzfahrt-Touristen.
Auch auf Mallorca steigt der Unmut über die Besuchermassen. Die spanische Balearen-Insel zählte zuletzt fast 14 Millionen Gäste. Dort zogen kürzlich Tausende protestierend durch die Straßen der Hauptstadt Palma, auch Familien und Pensionisten. „Wer Mallorca liebt, zerstört die Insel nicht“, riefen sie unter anderem. Auf der Sonneninsel wollen die Bürger weniger Kreuzfahrtschiffe und eine Begrenzung der Touristenzahl, obwohl sie weitgehend von den Gästen leben. Fast die Hälfte der Gesamteinnahmen dort stammen aus dem Tourismus.
Für den Hallstätter Friedrich Idam ist die Lage in seinem Heimatort „nur die Spitze des Eisberges. Das wird in vielen Regionen unseres Landes in den nächsten Jahren passieren. Die Welt verändert sich, zum Beispiel haben in Indien Millionen Menschen genug Einkommen, um sich Flugreisen leisten zu können.“
Schon jetzt reichte es jedoch dem Personal des Pariser Louvre. Es weigerte sich in der vergangenen Woche, den Dienst anzutreten und trat in einen „wilden Streik“, während die Besucher draußen warteten. Das französische Museum blieb stundenlang geschlossen.
Der Louvre ist mit fast neun Millionen Besuchern jährlich das meistbesuchte Museum der Welt. Allein in dem Saal, in dem die 77 mal 53 Zentimeter kleine „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci hängt, drängeln sich täglich rund 20.000 Besucher.
Rund 30 Millionen Menschen reisen laut der Tourismusbehörde Jahr für Jahr in die 1,7-Millionen-Einwohner-Stadt. Leistbare Wohnungen sind für die Einheimischen Mangelware, die Alltagskosten hoch. Das führt zu harscher Kritik. „Massentourismus tötet die Stadt“, war auf Transparenten zu lesen.
„Wir wollen, dass die Touristen ein gewisses Maß an Angst vor der Situation haben, denn ohne Angst gibt es keine Veränderung“, hatte eine Aktivistin die Proteste zuvor angekündigt.
So rabiat sind die Hallstätter (OÖ) nicht, obwohl sie zunehmend unter der Überfüllung ihres malerischen Heimatortes leiden. „Früher gab es die Spitze vom Muttertag bis zum Nationalfeiertag, das haben wir irgendwie ertragen. Danach herrschte weitgehend Ruhe“, erzählt Friedrich Idam von der Bürgerliste Hallstatt. „Das ist mittlerweile vorbei. Heute sind auch die Tages-Randzeiten und die saisonalen Randzeiten voll.“
Bis zu 12.000 Menschen tummeln sich pro Tag im Ort
Bis zu 12.000 Menschen bevölkern an manchen Sommertagen die Uferstraße bis zum begehrten Aussichtspunkt, wo Fotos vor allem für soziale Medien geschossen werden.
Etwa 1,35 Millionen Touristen pro Jahr besuchen laut UNESCO, der Kulturorganisation der Vereinten Nationen, den Ort, in dem nicht einmal 800 Menschen zuhause sind. Pro Einwohner zählt Hallstatt knapp 1.800 Touristen jährlich. Im ebenso überlaufenen Venedig (I) kommen auf einen Bewohner der Altstadt rund 300 Touristen. „Alle Fraktionen des Gemeinderates sind einstimmig der Meinung, dass wir eine Begrenzung auf höchstens 5.500 Besucher pro Tag brauchen“, sagt Friedrich Idam. „Wir von der Bürgerliste glauben, dass es – ähnlich wie in vielen anderen Tourismus-Brennpunkten – nur noch mit einem Time-Slot-System geht, also Zeitfenstern für den Besuch.“
Dafür bräuchte es „verkehrstechnische Lösungen, auch um die Durchfahrt in die Nachbargemeinde Obertraun zu gewährleisten“, erklärt Idam. „Das ließe sich alles lösen, wenn uns das Land Oberösterreich dabei unterstützt.“ Auch der Hallstätter SPÖ-Bürgermeister Alexander Scheutz steht hinter der geforderten Besucher-Obergrenze. Aber, „wie wir sie erreichen, wissen wir noch nicht“, sagt der Ortschef. Dass eine Besucherlenkung funktionieren kann, beweist das Termin-System für Reisebusse. „Da haben wir jetzt die Hälfte von früher.“
Dass zuletzt die Filmproduktion „Ballerina“, ein Ableger der John-Wick-Reihe, den Ort als Schauplatz auserkoren hat, könnte noch mehr Besucher in die idyllische Gemeinde locken. „Aber es ist halt schwierig abzulehnen, wenn Hollywood fragt“, meint Scheutz.
Zumal der Film-Tross auch Geld im Ort gelassen hat. „Wir haben ständig Anfragen wegen Drehgenehmigungen, bei anderen Projekten sagen wir ohnehin Nein.“ Für die Ortskasse zahlt sich der Besucheransturm aus.
„Wir sind keine Härteausgleichs-Gemeinde, wie es in Oberösterreich schon viele gibt“, erklärt Bürgermeister Scheutz. Solche Gemeinden können ihre Ausgaben nicht mehr selbst decken. Hallstatt hingegen kann Projekte umsetzen, die für andere unfinanzierbar wären. „Wir haben kürzlich ein Nahversorgergeschäft mitten im Ortszentrum gemacht“, erläutert der Bürgermeister. Es gebe neue
Wohnungen, ein altes Gemeindehaus, direkt am See gelegen, sei denkmalgerecht renoviert worden.
Ein Großteil der Hallstatt-Besucher sind Tagestouristen, die nur wenige Stunden hier verbringen und dementsprechend weniger ausgeben als ein Übernachtungs-Gast.
Im Tourismusverband, dem Bad Goisern, Gosau, Obertraun und Hallstatt angehören, „haben wir mehr als eine Million Nächtigungen im Jahr. Davon sind mit Abstand die wenigsten, rund 140.000 in Hallstatt, weil wir zu wenige Gästebetten haben“, beklagt Alexander Scheutz. Ein geplantes Hotelprojekt mit mehr als 200 Betten würde er deshalb begrüßen.
In Venedig drücken sich viele Besucher vor dem Eintritt
In Venedig gibt es keinen Mangel an Hotelbetten. Aber auch hier stellen Tagestouristen einen großen Teil der Besucher. Sie müssen seit dem Vorjahr Eintritt in die Lagunenstadt zahlen. An besonders vollen Tagen bis Ende Juli sind bis zu zehn Euro fällig, und zwar von 8.30 bis 16 Uhr. Im Vorjahr hat Venedig mit der Eintritts-Gebühr mehr als 2,4 Millionen Euro eingenommen. Viele Besucher drückten sich aber vor dem Obolus, obwohl bis zu 300 Euro Strafe drohen. Griechische Inseln wollen dennoch ab Juli bis zu 20 Euro „Eintritt“ von Kreuzfahrt-Touristen.
Auch auf Mallorca steigt der Unmut über die Besuchermassen. Die spanische Balearen-Insel zählte zuletzt fast 14 Millionen Gäste. Dort zogen kürzlich Tausende protestierend durch die Straßen der Hauptstadt Palma, auch Familien und Pensionisten. „Wer Mallorca liebt, zerstört die Insel nicht“, riefen sie unter anderem. Auf der Sonneninsel wollen die Bürger weniger Kreuzfahrtschiffe und eine Begrenzung der Touristenzahl, obwohl sie weitgehend von den Gästen leben. Fast die Hälfte der Gesamteinnahmen dort stammen aus dem Tourismus.
Für den Hallstätter Friedrich Idam ist die Lage in seinem Heimatort „nur die Spitze des Eisberges. Das wird in vielen Regionen unseres Landes in den nächsten Jahren passieren. Die Welt verändert sich, zum Beispiel haben in Indien Millionen Menschen genug Einkommen, um sich Flugreisen leisten zu können.“
Schon jetzt reichte es jedoch dem Personal des Pariser Louvre. Es weigerte sich in der vergangenen Woche, den Dienst anzutreten und trat in einen „wilden Streik“, während die Besucher draußen warteten. Das französische Museum blieb stundenlang geschlossen.
Der Louvre ist mit fast neun Millionen Besuchern jährlich das meistbesuchte Museum der Welt. Allein in dem Saal, in dem die 77 mal 53 Zentimeter kleine „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci hängt, drängeln sich täglich rund 20.000 Besucher.
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