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Ausgabe Nr. 26/2025 vom 24.06.2025, Foto: picturedesk.com
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Andreas Vitásek, 69
Andreas Vitásek:
„Eitel zu sein, kann ich mir nicht leisten“
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Seit vielen Jahren gehört der Wiener Andreas Vitásek, 69, zu den Größen der heimischen Kabarettisten. Jetzt tritt er erstmals in der Wiener Staatsoper auf. Seine Programme schreibt er gern auf dem Land, wie er der WOCHE-Reporterin Martina Wieser erzählt hat.
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Herr Vitásek, unter dem Titel „Ein Favoritner in der Oper“ stehen Sie auf der Bühne des geschichtsträchtigen Hauses an der Wiener Ringstraße. Worauf darf sich das Publikum freuen?

Keine Ahnung, ich weiß es auch nicht. Ich habe noch nie in der Wiener Staatsoper gespielt und mir vorgenommen, aus meinem Repertoire, vorwiegend aus den späteren Nummern, mein Wien-Bild zu zeichnen. Angefangen von meiner Jugend in Favoriten (Anm.: Wiener Stadtteil) bis hin zum mittlerweile situierten Menschen, der im dritten Bezirk wohnt. Eine Nummer spielt beispielsweise am Schwarzenbergplatz. Im Programm vermischt sich Privates mit der großen Politik. Am russisch-ukrainischen Krieg gibt es kein Vorbeikommen. Wir können uns keine Scheuklappen anlegen und so tun, als gäbe es keine Kriege und keine globalen Veränderungen.

Die gibt es beinahe täglich. Erfordert das noch mehr kabarettistische Flexibilität?

Ich spiele ohnehin keine fixen Programme mehr, sondern entscheide vielmehr aus dem Reflex heraus, welche Geschichten gut passen. Zudem stehe ich seit mittlerweile 45 Jahren auf der Bühne, da hat sich einiges zusammengesammelt. Ich gehe nun in eine gewisse Altersfreiheit hinein, wo ich spiele und darauf reagiere, was gerade passiert. Ich improvisiere innerhalb meiner Nummern. Diese Freiheit, die ich immer schon hatte, nehme ich mir jetzt noch mehr – es ist die Alterstollheit. Überdies wäre es mir zu langweilig, immer ein und dasselbe hinunterzuspulen. Aufgrund meiner Routine muss ich mich selber immer wieder herausfordern. Ich habe zwar ein Gerüst, in das ich mich hineinflüchten kann, aber ich liebe die Abende, an denen etwas passiert, das nicht vorhersehbar war.

Wie schwierig ist es in unserer komplexen Welt, satirisch zu reagieren?

Für die Satire braucht es einen gewissen Abstand, eine Reaktionszeit, denn bei Ereignissen, die gerade passieren, die furchtbar und überwältigend sind, hat es die Satire entsprechend schwer.

Sie treten erstmals in der Wiener Staatsoper auf. Welche Bedeutung hat das geschichtsträchtige Haus für Sie?

Als ich in jungen Jahren in Paris (Frankreich) lebte, war ich dort oft in der Oper. Ich war bei den Salzburger Festspielen, aber in der Wiener Staatsoper eigentlich nie. Ich bin kein wahnsinnig großer Opernfreund, was das Zuschauen betrifft. Ich höre zwar gerne klassische Musik, bin ein treuer Ö1-Hörer, aber als theatralische Veranstaltung ist die Oper nicht meine Sportart. Die Wiener Staatsoper ist für mich ein schöner Veranstaltungsort, aber viel wichtiger als die Spielstätte ist die Beziehung zum Publikum. Es wird dunkel, ich sehe den Raum nicht mehr, aber ich spüre die Menschen, das ist mir wichtig.

Sie leben in Wien und im Südburgenland. Was hat Sie dorthin verschlagen? Und wie erleben Sie den Kontrast zur Großstadt?

Vor zwölf Jahren hat mich ein Freund mit dem Südburgenland bekannt gemacht und es hat mir auf Anhieb dort gefallen. Ich pendle gefühlsmäßig und körperlich zwischen Wien und dem Südburgenland, wo ich ein sogenannter „Zuagroaster“ (Zugereister) bin. Ich empfinde dies nicht nur als Kontrast zur Großstadt, sondern als andere Seite der Medaille. Es ist wahnsinnig schön hier und ich schaue, während wir dieses Gespräch führen, in eine stille Landschaft, wo nach dem Regen alles grünt und die Vögel umherfliegen.

Wie sind Sie als „Zuagroaster“ in die Dorfgemeinschaft aufgenommen worden?

Ich habe mich darum bemüht, die Mauer zu durchbrechen und Kontakte zu knüpfen, was nicht so gut funktionierte. Erst als ich damit aufgehört habe, wurde ich akzeptiert.

Wie wirkt sich das Landleben auf Ihre Arbeit aus?

Ich arbeite hauptsächlich im Burgenland, weil ich mich hier besser konzentrieren kann. Die Ablenkungsmöglicheiten halten sich in Grenzen. Es gibt niemanden, der sagt, ich komme vorbei oder gehen wir noch was trinken. Ich kann hier gut arbeiten, zumal die Welt ja auch hier hereinströmt. Aufgrund von Fernseher und Internet bekomme ich mit, was sich in der Welt tut. Dadurch, dass ich Familie und noch eine schulpflichtige Tochter habe, bin ich natürlich aber auch immer wieder in Wien.

Wie empfinden Sie die Unterschiede zwischen der Stadt und dem Land?

Ich finde, der Kontrast wird stärker, auch in den seelischen Befindlichkeiten der Menschen. Die Stadt-Land-Schere geht immer weiter auseinander. Was ich schade und zum Teil gefährlich finde. Wir sind alle Österreicher, für mich macht es keinen Unterschied, ob jemand in einer Hauptstadt lebt oder in einem Dorf am Land. Als Intendant des „Kultur Sommer Güssing“ gehe ich als Nachfolger von Frank Hoffmann heuer in die zweite Saison, mit dem Motto „Wien küsst Güssing“. Wiener Künstlerinnen und Künstler werden auf der Burg Güssing auftreten. Mit Thomas Stipsits, Viktor Gernot, Klaus Eckel, Alfred Dorfer, Erwin Steinhauer und Caroline Athanasiadis wird es ein Woodstock des Kabaretts. Das ist auch ein Versuch, die Kluft zwischen Stadt und Land zu überbrücken.

Gegen Kabarettisten wird gelegentlich der Vorwurf der Eitelkeit erhoben. Sind Sie eitel?

In meinem Alter und so wie ich aussehe, kann man es sich gar nicht leisten, eitel zu sein, weil es eine ununterbrochene Enttäuschung wäre. Nein, ich bin überhaupt nicht eitel. Ich finde, Eitelkeit ist einer der größten Fehler, die jemand, der auf der Bühne steht, haben kann. Damit verbaut man sich viel. Ich glaube, man kann viel Komik daraus ziehen, wenn man sich über sich selbst lustig macht. Dafür ist Eitelkeit nicht geeignet. Ich werde bald 70, bin ja kein Modell mehr.


Zur Person

Andreas Vitásek wurde am 1. Mai 1956 in Wien geboren. In seiner Familie, so sagt der Kabarettist, habe er mittlerweile die Küche übernommen. Im August macht die Familie Urlaub in Grado (Italien), im November gönnt sich Vitásek einen Aufenthalt in Paris (Frankreich).

Am 1. Juli gibt Vitásek eine Vorstellung in der Wiener Staatsoper. „Intermezzo – ein Favoritner in der Wiener Staatsoper“ beginnt um 19.30 Uhr.
Termine: www.vitasek.at/termine/%24item-

Der Kultur Sommer Güssing auf der Burg Güssing (Bgld.) beginnt am 4. Juli. Programm: www.kultursommer.net
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