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Ausgabe Nr. 24/2025 vom 10.06.2025, Fotos: Zeppelzauer
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Eduard Leichtfried will über den Sport die Gemeinschaft fördern.
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Die Boulebahn ist überaus beliebt.
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Kleine Farbflecken auf den Kugeln erleichtern die Wiedererkennung.
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Boule an der frischen Luft tut gut und erfordert eine präzise Wurftechnik.
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Lunz am See.
Das Ferkel im Visier
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Boule spielen hat sich in Lunz am See (NÖ) im Laufe der vergangenen Jahre zu einer wahren
Trendsportart etabliert. Die Bewohner sind derart begeistert von den Kugeln, dass dort
gemeinsam jeden Tag gespielt wird. Was banal aussieht, erfordert enorme Präzision.
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Die Eisenkugel rollt über den Kies und bleibt in der Nähe vom „Schweinchen“ liegen. Eduard Leichtfried freut sich und reckt die Fäuste in die Luft. „Jawohl“, schreit der 67jährige und klatscht mit dem Mitspieler neben ihm ab. Es ist Samstagnachmittag, die Sonne steht hoch am Himmel und zwölf Spieler haben sich in Lunz am See (NÖ) auf der Schulwiese zu einer Partie Boule versammelt.

Die Kugelsportart hat sich in der Gemeinde zu einem Trend entwickelt, und das zu Recht, wie Leichtfried findet. „Boule ist ein Sport für Alt und Jung, unabhängig von Geschlecht und sportlicher Vorerfahrung. Die Eintrittshürden sind niederschwellig, es ist ein Sport für die kleine Geldbörse. Alles, was es braucht, sind ein paar Wurfkugeln und ein Cochonnet, die Zielkugel.“ Die gibt es als Anfänger-Set im Supermarkt zu kaufen (rund 40 Euro) oder gegen Einsatz in den umliegenden Hotels und Restaurants der Schulwiese zum Ausleihen.

Sportart aus dem Mittelmeerraum bekannt

Boule (gesprochen Buul, aus dem Französischen) ist eine Bezeichnung für verschiedene Kugelsportarten, die besonders im Mittelmeerraum stark verbreitet sind und im 20. Jahrhundert ihren Ursprung haben. Die bekannteste von ihnen ist wohl Pétanque.

Pétanque ist eine Präzisionssportart und zählt unter anderem im Heimatland Frankreich zu den bekanntesten und beliebtesten Sportarten. Heute werden die Begriffe Pétanque und Boule meist synonym verwendet.

Die Regeln sind schnell erklärt. Beim Boule treten zwei Teams gegeneinander an. Ein Team kann aus je einem Spieler (Tête-à-Tête, sechs Kugeln), zwei (Doublette, zwölf Kugeln) oder drei Spielern (Triplette, zwölf Kugeln) bestehen. Von einem Abwurfkreis am Boden wird eine Zielkugel (Jack, Sau, Ferkel) in eine Entfernung von sechs bis zehn Metern geworfen.

Danach versucht Team A, die erste Kugel möglichst nahe
an der Zielkugel zu platzieren. Jetzt kommt Team B dran und versucht, mit einer Kugel noch näher ans „Cochonnet“ (= Ferkel) zu gelangen. Alle Kugeln dürfen (sowohl
die eigenen als auch die gegnerischen und die Zielkugel) „weggedrückt“ oder weggeschossen werden, um die Position der eigenen Kugel zu verbessern. Prallt die Zielkugel jedoch gegen ein Hindernis oder die Begrenzung, muss die Aufnahme neu begonnen werden. Liegen alle Kugeln am Boden, ist die Aufnahme zu Ende und es wird gezählt.

Das Siegerteam der Aufnahme erhält für jede Kugel, die näher als die beste gegnerische Teamkugel am Cochonnet liegt, einen Punkt. Es werden so viele Aufnahmen gespielt, bis ein Team 13 Punkte erreicht und gewinnt.

Verletzungsgefahren wie bei anderen Sportarten können ausgeschlossen werden. „Außer die Kugel fällt mir auf den Zeh“, witzelt Leichtfried. „Bei dem Spiel gibt es nur Vorteile. Es schult die Hand-Augen-Koordination und ist Bewegung an der frischen Luft. Es mag etwas banal klingen, aber es ist gar nicht so einfach, wie es aussieht, erfordert eine präzise Wurftechnik und macht großen Spaß.“ Das Gewicht einer Kugel beträgt ca. 800 Gramm, der Durchmesser liegt bei 70,5 bis 80 Millimeter. Riffelungen verleihen den Kugeln einen guten Halt und ein besseres Rollvermögen auf dem Boden, glatte Kugeln gleiten dafür besser aus der Hand.

„Viele Schießer entscheiden sich eher für leichte, kleine Kugeln, für die braucht es weniger Kraftaufwand und eine ruhigere Schießbewegung wird unterstützt.“ Kleine Farbflecken auf den Kugeln erleichtern die Wiedererkennung. „Viele spüren aber witzigerweise beim Angreifen schon genau, das ist nicht meine Kugel – bevor sie die Farbe überhaupt sehen.“

Boule hält körperlich und geistig fit

Die Anlage in Lunz am See wurde vor drei Jahren errichtet und besteht aus zwei Bahnen, eine misst 3 x 12 Meter, die andere 4 x 15 Meter. „Beide Bahnen sind mit Beleuchtungen ausgestattet, sodass bis in die späten Abendstunden gespielt werden kann.“ WC-Anlagen sind in unmittelbarer Nähe. „Ein nicht ganz unwesentlicher Punkt, da wir speziell im Sommer danach noch länger zusammensitzen, gemeinsam essen und trinken.“

Das sei auch der Grundgedanke hinter der Entstehung gewesen, so Leichtfried, der als Initiator fungierte. „Als Umweltgemeinderat habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie bei uns Wohlfühlorte für die Bewohner entstehen können. Durch Zufall bin ich auf Boule aufmerksam geworden. Neben den Bahnen sind noch ein Beachvolleyball- und ein Fußballplatz errichtet worden, aber täglich genutzt wird nur die Boulebahn. Sie hat so großen Anklang gefunden, ich bin noch immer begeistert“, meint der 67jährige stolz.

Seitdem treffen sich jeden Nachmittag um 16 Uhr begeisterte Spieler bei den Bahnen, um sich körperlich und geistig zu betätigen. „Nach jedem Spiel muss ich mich bücken, um die Kugeln aufzuheben. Wenn ich mit Kreuzschmerzen hingehe, gehe ich ohne wieder nach Hause“, erzählt der Niederösterreicher lachend. Auch die Schüler im Turnunterricht benutzen die Bahnen, Senioren kommen am Wochenende mit ihren Enkelkindern her.

„Für den Winter haben sich ein paar Spieler sogar eigene Kugelwärmer gebaut.“ Einen eigenen Verein, ebenso wie Turniere, wären für die Zukunft noch möglich. „Wir fahren aktuell nur zum Zuschauen zu den Wettkämpfen.“

Leichtfried würde sich wünschen, dass sich mehr Menschen für das Spiel mit den Kugeln begeistern. „Wir freuen uns über jeden, der kommt und mit einem Lächeln im Gesicht nach Hause geht.“
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