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Ausgabe Nr. 23/2025 vom 03.06.2025, Fotos: Roland Holitzky
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Imker-Stunden in der VS St. Michael im Lungau mit dem Lehrer Andreas Zehner. Auch die Direktorin schaut vorbei.
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Das Leben eines Bienenvolkes wird in allen Zyklen erkundet.
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Am Ende gibt‘s Honig aufs Brot.
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Die Kinder sind begeistert.
Unterricht mit viel Gesumse
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In der Volksschule St. Michael im Lungau (S) geht es in einer Schulstunde nicht um Mathematik oder Grammatik, sondern um Königinnen, Drohnen und Wabenbau. Der Lehrer und Hobbyimker Andreas Zehner vermittelt Drittklässlern das faszinierende Leben der Bienen.
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Von außen wirkt sie wie jede andere Unterrichtsstätte. Doch wer in der Volksschule St. Michael im Lungau (S) genau hinhört, bemerkt ein ungewöhnliches Geräusch: leises Summen. Es kommt vom Garten, wo sich ein lebendiges Klassenzimmer unter freiem Himmel befindet – mitten im Grünen, gleich hinter dem Zaun. Denn an dieser Schule lernen Kinder nicht nur Rechnen, Schreiben und Lesen, sondern auch, wie ein Bienenstock funktioniert.

Die rund 130 Schülerinnen und Schüler der ländlich gelegenen Schule profitieren von einer einmalig naturnahen Lernumgebung. Und einige von ihnen erleben dabei Woche für Woche etwas Besonderes: Seit vier Jahren bietet Andreas Zehner, 35, Lehrer und leidenschaftlicher Imker, für die Drittklässler einen Freigegenstand zum Thema Bienen an.

Die Schüler teilen die Begeisterung des Lehrers

Was als spontane Idee begann, ist heute ein fester Bestandteil des Schulalltages und für die Kinder ein Erlebnis, das weit über den Unterricht hinausgeht. „Ich bin über meine Schwiegereltern zur Imkerei gekommen. Sie haben mir damals Lust zum Mithelfen gemacht“, erinnert sich Zehner schmunzelnd. Heute betreut er gemeinsam mit ihnen zwölf Bienenvölker der Rasse „Carnica“, einer äußerst sanftmütigen und wabenruhigen Bienenart, die sich durch hohe Erträge und Widerstandskraft auszeichnet. Sie ist deshalb ideal für den Schulbetrieb.

Die Begeisterung für seine Bienen wollte Zehner irgendwann mit seinen Schülern teilen und stieß bei der Direktorin Martina Rauter-Obermayer sofort auf offene Ohren. Zwar war ein eigenes Schulfach nicht vorgesehen, doch im Zuge der Interessen- und Begabtenförderung durfte er eine Wochenstunde als Freigegenstand anbieten. Und diese eine Stunde ist es, auf die sich viele Kinder freuen.

„Wir haben das Budget gut genutzt“, erklärt die Direktorin. „Die Schutzbekleidung wurde über die Schule finanziert, die Bienenstöcke haben wir mit Unterstützung eines Imkerfachgeschäftes und einer örtlichen Bank angeschafft.“ Ein Bienenvolk kostet zwischen 150 und 200 Euro und umfasst im Schnitt 8.000 bis 20.000 Bienen. Drei solcher Völker stehen heute – sicher umzäunt – hinter der Schule.

Der Zugang erfolgt nur in Schutzkleidung. Die Kinder gehen respektvoll aber nicht ängstlich an die Stöcke heran. In vier Jahren hat es nur einen einzigen Bienenstich gegeben.

Die „Bienenstunde“ beginnt im Herbst mit dem theoretischen Unterricht. Die Kinder lernen den Aufbau eines Bienenvolkes kennen, den Lebenszyklus vom Ei bis zur fertigen Biene, und wie Wabenrähmchen vorbereitet werden. Im Werkunterricht schneiden sie dafür Holzleisten zu, bohren Löcher und befestigen Wachsplatten – alles in Handarbeit.

Im Frühjahr steht dann der praktische Unterricht auf dem Programm. Mit dem ersten Blick in den Bienenstock, mit der Suche nach der Königin sowie der Bestimmung der Brutstadien. „Die Kinder lernen mit den Augen und den Händen. Jedes Bienenvolk ist ein kleines Universum, und die Kinder dürfen es in ihrem eigenen Tempo entdecken“, mein Zehner. Seine Schützlinge sind mit Feuereifer dabei. „Ich wollte gleich mitmachen, weil mich Bienen faszinieren“, sagt der neunjährige Anton Keuschl.

Es geht um das Verständnis für ökologische Kreisläufe

„Es ist spannend, wie die Waben aussehen. Besonders super finde ich die Werkzeuge, darunter den Stockmeißel, den Smoker … ich wusste gar nicht, dass das so ein Handwerk ist.“

Im Mai beginnt schließlich die wichtigste Phase mit der Futterkontrolle und der Entwicklung im Stock. „Wir prüfen gemeinsam, ob die Vorräte aus dem Winter reichen, ob Pollen eingetragen werden und

wie sich der Nektar entwickelt“, erklärt Zehner. „Es geht nicht nur um Honig, es geht um das Verständnis für ökologische Kreisläufe.“ Auch Sara Mercedes Holitzky, 9, ist begeistert: „Ohne Bienen gäbe es kein Leben auf der Erde, das hat uns der Herr Zehner erklärt. Am schönsten ist es, wenn wir in den Stock hineinschauen dürfen. Und wir haben sogar Kerzen aus Bienenwachs gemacht. Daneben habe ich gelernt, wie Honig entsteht und die Bienen versorgt werden müssen.“

Wenn dann der Sommer kommt, kann geerntet werden. Die Schleuderung findet während der Ferien statt, doch der Lehrer Zehner sorgt dafür, dass jedes Kind im Herbst ein eigenes Honigglas bekommt.

„Zum Abschluss machen wir ein gemeinsames Frühstück mit Butterbrot und frischem Honig. Das ist für die Kinder der Höhepunkt“, erzählt der 35jährige, der mit seinen Schützlingen zwischen zehn und 40 Kilo Honig pro Jahr produziert.

Ein süßer Beweis für nachhaltiges Lernen. „Was ich erreichen möchte, ist nicht nur, Wissen über die Bienen zu vermitteln“, erklärt Zehner. „Ich möchte ein Gefühl für Verantwortung erzeugen, für das Leben draußen vor der Tür und für das, was wir oft als selbstverständlich hinnehmen.“ elke morri
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