Transparenz auf dem Teller
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Woher das Schnitzel im Wirtshaus, Hotel oder vom Lieferdienst stammt, wissen wir in den wenigsten Fällen. Die Gastronomie wehrt sich seit Jahren erfolgreich gegen eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Nur in Großküchen ist sie seit 2023 vorgeschrieben.
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Auf Schweizer Speisekarten steht es schwarz auf weiß, woher das Schnitzel auf dem Teller kommt. Aber nicht nur das Herkunftsland von Fleisch und Fisch erfahren die Gäste, sondern auch bei unseren Nachbarn „nicht erlaubte Haltungsformen und Leistungsförderer“ müssen deklariert werden. Das betrifft bei Eier-Gerichten eine etwaige Käfighaltung der Hühner, bei Fleisch den Einsatz von Hormonen oder Antibiotika.
„Die Schweiz ist ein gutes Vorbild. Dort ist seit dem Jahr 1995 die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie gesetzlich geregelt“, sagt der Bio-Bergbauer Hannes Royer. Er ist Mitgründer des Vereines „Land schafft Leben“, der sich für Transparenz auf dem Teller stark macht. „Ich habe mir das auch persönlich angeschaut und mit Gastronomie-Vertretern in der Schweiz gesprochen. Wir wissen von den Schweizer Kollegen, dass sich dort in der Gastronomie 70 Prozent der Endkunden für das Schweizer Fleisch, für Schweizer Produkte entscheiden. 30 Prozent sagen, mir geht es um den Preis, mir ist es egal, wo es herkommt.“
„Bürokratischer Aufwand“ durch Pflicht-Kennzeichnung
Was in der Schweiz gang und gäbe ist, dagegen wehren sich bei uns die Gastronomie-Funktionäre seit Jahren erfolgreich. Nur in Großküchen gibt es seit zwei Jahren eine gesetzliche Herkunfts-Deklaration.
„Es geht ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand mit einer Kennzeichnungspflicht einher“, warnt der Fachverband Gastronomie in der Wirtschaftskammer. „In der Praxis würde die Kennzeichnung auf den Speisekarten aufgrund der unterschiedlichen Mengenverfügbarkeit der Lebensmittel zu täglichen Neugestaltungen und dem Austausch der Speisekarten führen.“
Ein Gast, der sich dafür interessiert, könne sich laut Fachverband „auch jetzt schon beim Wirt oder Servicemitarbeiter erkundigen, woher einzelne Produkte bezogen werden.“
Die Landwirte hingegen plädieren seit Jahren für eine Kennzeichnung in Gasthäusern, zumal die heimischen „Produktions- und somit Tierhaltungsstandards zu den höchsten der Welt gehören“, sagt Josef Moosbrugger, der Präsident der Landwirtschaftskammer. „Bäuerinnen und Bauern haben kein Verständnis dafür, wenn Produktionsstandards und -kosten ständig weiter in die Höhe geschraubt werden, sie dann aber auf den Märkten von Billigimportprodukten preislich überholt werden, die nicht den nationalen Standards entsprechen.“ Moosbrugger hat aber „durchaus Verständnis, dass die Bürokratieflut auch in der Gastronomie erdrückend ist. Daher fordern wir auch kein Bürokratiemonster“. Die Landwirtschaftskammer will ein einfaches System zur Kennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern „mit Einteilung in Österreich, EU und Nicht-EU“.
In Finnland hat Moosbrugger selbst erlebt, wie die Herkunfts-Kennzeichnung funktioniert. „Beide Seiten profitieren dort davon, sowohl die Gastronomie mit regionalen Produkten als auch die Landwirtschaft.“ Frankreich und seit Kurzem Schweden setzen ebenfalls auf eine Fleisch-Kennzeichnung in Restaurants.
Der Gastro-Fachverband hingegen geht davon aus, dass ein nationales Gesetz EU-rechtwidrig ist. „Frankreich hat bereits in der Vergangenheit einmal eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Milch eingeführt und musste diese nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes wieder zurücknehmen. Mitgliedsstaaten entschließen sich immer wieder, Rechtsakte zu erlassen, die nicht dem EU-Recht entsprechen und damit in der Regel nicht von Dauer sind.“
Nur 15 Prozent des Hühnerfleisches in hiesigen Gastro-Betrieben und Kantinen kommen laut „Land schafft Leben“ aus Österreich. Der Verein beruft sich dabei auf Branchenschätzungen. Bei manch anderen tierischen Produkten ist die Lage ähnlich.
Niederländisches Kalbfleisch, Käfig-Eier aus der Ukraine
„Touristen glauben zum Beispiel, wenn sie in Tirol auf einer Schihütte oder in Wien in einem Lokal das typische Wiener Kalbsschnitzel auf den Teller bekommen, dass das schon ein österreichisches Kalb ist“, erklärt Hannes Royer. „Sie sind sich natürlich nicht bewusst, dass es zum Großteil niederländisches Kalb ist. Oder dass der Kaiserschmarrn oft aus ukrainischen Käfigeiern gemacht ist.“ Ebensowenig wie viele Einheimische.
Dabei könnten wir bei Fleisch unseren Bedarf weitgehend aus dem eigenen Land decken. Lediglich bei Huhn und Pute verzehren wir mehr, als in den heimischen Ställen gezüchtet wird. Der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch liegt jedoch bei hundert Prozent, jener für Rindfleisch sogar bei fast 150 Prozent.
Trotzdem, „mehr als 90 Prozent des Kalbswiener in der Gastronomie stammt aus den Niederlanden“, schätzt der Bio-Bergbauer Royer, „weil die in unglaublichen Massen produzieren und dadurch einen äußerst günstigen Preis anbieten. Wir haben in unserem Land eine kleinstrukturierte Landwirtschaft, das schlägt sich auf den Preis nieder. Deswegen wird oft das niederländische Kalb gekauft. Wir müssen dann das lebende Kalb nach Spanien oder Italien exportieren. Es geht halt um den Preis.“
Für Royer führt an einer verpflichtenden Herkunfts-Kennzeichnung kein Weg vorbei. „Die ganze Welt wird transparenter, aber wenn wir essen gehen, herrscht auf dem Teller die totale Anonymität. Als Kunde wäre mir volle Transparenz wichtig, denn sie bedeutet Entscheidungsfreiheit.“ Freiwillig setzen immer mehr Gastronomen auf solche Offenheit. Der Möbelhändler XXXLutz hat beispielsweise jetzt gemeinsam mit dem Verein „Land schafft Leben“ in seinen Restaurants eine freiwillige Herkunftskennzeichnung eingeführt. „Das zeigt, dass sie auch im größeren Rahmen umsetzbar ist“, ist Hannes Royer überzeugt. Immerhin gehen dort im Schnitt 60.000 Essen pro Tag über den Tresen. Die Landwirtschaftskammer hat mit der Initiative „Gut zu wissen“ ein System zur freiwilligen Herkunfts-Deklaration geschaffen. „Wir haben enormen Zuspruch“, freut sich Präsident Moosbrugger, „und es wäre großartig, wenn sich noch viele weitere Betriebe an dieser Erfolgsoffensive beteiligen, bis es tatsächlich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung gibt.“
Den Effekt der Kennzeichnung hat Hannes Royer „selber erlebt. Kürzlich wollte ich in einem Wiener Lokal, das freiwillig die Herkunft anführt, einen Zwiebelrostbraten essen, das Fleisch kam aber aus Uruguay“, erzählt der Bio-Bergbauer. „Ich habe mich dann für ein österreichisches Schweinsschnitzel entschieden, weil ich kein Fleisch essen wollte, das tausende Kilometer transportiert wurde.“
Tierschützer wollen auch Offenheit bei der Haltung
Für die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ ist eine Haltungs-Deklaration aber „noch wesentlich wichtiger als eine reine Herkunftskennzeichnung“, sagt Veronika Weissenböck. „Denn das, was die Menschen wirklich wissen wollen, ist, wie das Tier hinter dem Schnitzel gelebt hat.“
Eine Umfrage aus dem vergangenen Jahr zeige, „dass lediglich zwölf Prozent der Bevölkerung wissen, woher das Fleisch stammt, das sie beim letzten Restaurantbesuch gegessen haben.“ Gleichzeitig hat mehr als die Hälfte der Befragten erklärt, dass es ihre Entscheidung beeinflusse, wenn auf der Speisekarte steht, aus welchem Land und aus welcher Haltungsform das Fleisch stammt.
„Dass die Gastronomie bislang bei jeglicher Kennzeichnung tierischer Produkte ausgenommen wurde, ist völlig unverständlich“, kritisiert die „Vier Pfoten“-Expertin. Die Mehrheit der Bürger will laut Umfrage ein Gesetz zur flächendeckenden Kennzeichnung von tierischen Produkten nach Herkunft, aber auch Haltung.
„Die Schweiz ist ein gutes Vorbild. Dort ist seit dem Jahr 1995 die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie gesetzlich geregelt“, sagt der Bio-Bergbauer Hannes Royer. Er ist Mitgründer des Vereines „Land schafft Leben“, der sich für Transparenz auf dem Teller stark macht. „Ich habe mir das auch persönlich angeschaut und mit Gastronomie-Vertretern in der Schweiz gesprochen. Wir wissen von den Schweizer Kollegen, dass sich dort in der Gastronomie 70 Prozent der Endkunden für das Schweizer Fleisch, für Schweizer Produkte entscheiden. 30 Prozent sagen, mir geht es um den Preis, mir ist es egal, wo es herkommt.“
„Bürokratischer Aufwand“ durch Pflicht-Kennzeichnung
Was in der Schweiz gang und gäbe ist, dagegen wehren sich bei uns die Gastronomie-Funktionäre seit Jahren erfolgreich. Nur in Großküchen gibt es seit zwei Jahren eine gesetzliche Herkunfts-Deklaration.
„Es geht ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand mit einer Kennzeichnungspflicht einher“, warnt der Fachverband Gastronomie in der Wirtschaftskammer. „In der Praxis würde die Kennzeichnung auf den Speisekarten aufgrund der unterschiedlichen Mengenverfügbarkeit der Lebensmittel zu täglichen Neugestaltungen und dem Austausch der Speisekarten führen.“
Ein Gast, der sich dafür interessiert, könne sich laut Fachverband „auch jetzt schon beim Wirt oder Servicemitarbeiter erkundigen, woher einzelne Produkte bezogen werden.“
Die Landwirte hingegen plädieren seit Jahren für eine Kennzeichnung in Gasthäusern, zumal die heimischen „Produktions- und somit Tierhaltungsstandards zu den höchsten der Welt gehören“, sagt Josef Moosbrugger, der Präsident der Landwirtschaftskammer. „Bäuerinnen und Bauern haben kein Verständnis dafür, wenn Produktionsstandards und -kosten ständig weiter in die Höhe geschraubt werden, sie dann aber auf den Märkten von Billigimportprodukten preislich überholt werden, die nicht den nationalen Standards entsprechen.“ Moosbrugger hat aber „durchaus Verständnis, dass die Bürokratieflut auch in der Gastronomie erdrückend ist. Daher fordern wir auch kein Bürokratiemonster“. Die Landwirtschaftskammer will ein einfaches System zur Kennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern „mit Einteilung in Österreich, EU und Nicht-EU“.
In Finnland hat Moosbrugger selbst erlebt, wie die Herkunfts-Kennzeichnung funktioniert. „Beide Seiten profitieren dort davon, sowohl die Gastronomie mit regionalen Produkten als auch die Landwirtschaft.“ Frankreich und seit Kurzem Schweden setzen ebenfalls auf eine Fleisch-Kennzeichnung in Restaurants.
Der Gastro-Fachverband hingegen geht davon aus, dass ein nationales Gesetz EU-rechtwidrig ist. „Frankreich hat bereits in der Vergangenheit einmal eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Milch eingeführt und musste diese nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes wieder zurücknehmen. Mitgliedsstaaten entschließen sich immer wieder, Rechtsakte zu erlassen, die nicht dem EU-Recht entsprechen und damit in der Regel nicht von Dauer sind.“
Nur 15 Prozent des Hühnerfleisches in hiesigen Gastro-Betrieben und Kantinen kommen laut „Land schafft Leben“ aus Österreich. Der Verein beruft sich dabei auf Branchenschätzungen. Bei manch anderen tierischen Produkten ist die Lage ähnlich.
Niederländisches Kalbfleisch, Käfig-Eier aus der Ukraine
„Touristen glauben zum Beispiel, wenn sie in Tirol auf einer Schihütte oder in Wien in einem Lokal das typische Wiener Kalbsschnitzel auf den Teller bekommen, dass das schon ein österreichisches Kalb ist“, erklärt Hannes Royer. „Sie sind sich natürlich nicht bewusst, dass es zum Großteil niederländisches Kalb ist. Oder dass der Kaiserschmarrn oft aus ukrainischen Käfigeiern gemacht ist.“ Ebensowenig wie viele Einheimische.
Dabei könnten wir bei Fleisch unseren Bedarf weitgehend aus dem eigenen Land decken. Lediglich bei Huhn und Pute verzehren wir mehr, als in den heimischen Ställen gezüchtet wird. Der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch liegt jedoch bei hundert Prozent, jener für Rindfleisch sogar bei fast 150 Prozent.
Trotzdem, „mehr als 90 Prozent des Kalbswiener in der Gastronomie stammt aus den Niederlanden“, schätzt der Bio-Bergbauer Royer, „weil die in unglaublichen Massen produzieren und dadurch einen äußerst günstigen Preis anbieten. Wir haben in unserem Land eine kleinstrukturierte Landwirtschaft, das schlägt sich auf den Preis nieder. Deswegen wird oft das niederländische Kalb gekauft. Wir müssen dann das lebende Kalb nach Spanien oder Italien exportieren. Es geht halt um den Preis.“
Für Royer führt an einer verpflichtenden Herkunfts-Kennzeichnung kein Weg vorbei. „Die ganze Welt wird transparenter, aber wenn wir essen gehen, herrscht auf dem Teller die totale Anonymität. Als Kunde wäre mir volle Transparenz wichtig, denn sie bedeutet Entscheidungsfreiheit.“ Freiwillig setzen immer mehr Gastronomen auf solche Offenheit. Der Möbelhändler XXXLutz hat beispielsweise jetzt gemeinsam mit dem Verein „Land schafft Leben“ in seinen Restaurants eine freiwillige Herkunftskennzeichnung eingeführt. „Das zeigt, dass sie auch im größeren Rahmen umsetzbar ist“, ist Hannes Royer überzeugt. Immerhin gehen dort im Schnitt 60.000 Essen pro Tag über den Tresen. Die Landwirtschaftskammer hat mit der Initiative „Gut zu wissen“ ein System zur freiwilligen Herkunfts-Deklaration geschaffen. „Wir haben enormen Zuspruch“, freut sich Präsident Moosbrugger, „und es wäre großartig, wenn sich noch viele weitere Betriebe an dieser Erfolgsoffensive beteiligen, bis es tatsächlich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung gibt.“
Den Effekt der Kennzeichnung hat Hannes Royer „selber erlebt. Kürzlich wollte ich in einem Wiener Lokal, das freiwillig die Herkunft anführt, einen Zwiebelrostbraten essen, das Fleisch kam aber aus Uruguay“, erzählt der Bio-Bergbauer. „Ich habe mich dann für ein österreichisches Schweinsschnitzel entschieden, weil ich kein Fleisch essen wollte, das tausende Kilometer transportiert wurde.“
Tierschützer wollen auch Offenheit bei der Haltung
Für die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ ist eine Haltungs-Deklaration aber „noch wesentlich wichtiger als eine reine Herkunftskennzeichnung“, sagt Veronika Weissenböck. „Denn das, was die Menschen wirklich wissen wollen, ist, wie das Tier hinter dem Schnitzel gelebt hat.“
Eine Umfrage aus dem vergangenen Jahr zeige, „dass lediglich zwölf Prozent der Bevölkerung wissen, woher das Fleisch stammt, das sie beim letzten Restaurantbesuch gegessen haben.“ Gleichzeitig hat mehr als die Hälfte der Befragten erklärt, dass es ihre Entscheidung beeinflusse, wenn auf der Speisekarte steht, aus welchem Land und aus welcher Haltungsform das Fleisch stammt.
„Dass die Gastronomie bislang bei jeglicher Kennzeichnung tierischer Produkte ausgenommen wurde, ist völlig unverständlich“, kritisiert die „Vier Pfoten“-Expertin. Die Mehrheit der Bürger will laut Umfrage ein Gesetz zur flächendeckenden Kennzeichnung von tierischen Produkten nach Herkunft, aber auch Haltung.
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