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Ausgabe Nr. 20/2025 vom 13.05.2025, Fotos: Kauck
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Kristina Ulmer (Mi.) aus Philadelphia (USA, Bundesstaat Pennsylvania)
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Erika To, 16, Mikayla Trachtman, 16, und Rachel Jasner, 15, schneiderten bunte Hunde-Decken.
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Die Klasse von Kristina Ulmer mit den
20-Dollar-Scheinen für gute Zwecke.
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Sydney Cassel und Mackenzie Bombas (beide 16 Jahre alt) bereiteten Kekse und Süßigkeiten für Altersheime zu.
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Die Schwestern Kristina und Katie.
Lehrerin über Spendenaktion ihrer Schüler: „Güte kann erlernt werden“
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Die Schwester der Amerikanerin Kristina Ulmer kam bei einem Autounfall ums Leben. Das Geld in ihrer Brieftasche wollte sie spenden, nun erfüllte eine Schulklasse ihren Wunsch.
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Es geschah im Oktober 2014 an einem kalten, verregneten und nebeligen Herbsttag. Seitdem ist im Leben von Kristina Ulmer aus Philadelphia (USA, Bundesstaat Pennsylvania) nichts mehr so, wie es einmal war. An diesem Tag verlor die 42jährige ihre Schwester, die für sie ihr „Lieblingsmensch“ war. Katie Amodei starb im Alter von nur 29 Jahren, kurz nach ihrer Mittagspause, bei einem Autounfall. Die beiden Geschwister waren ein Herz und eine Seele, der plötzliche Tod von Amodei hinterließ bei Ulmer tiefe Spuren.

Nach der Beerdigung ihrer Schwester klopfte ein Polizist an Ulmers Haustür und überreichte ihr die Geldbörse, die im Autowrack gefunden wurde. „Das Portemonnaie enthielt 100 Dollar in kleinen Scheinen und Münzen“, erzählt Ulmer. „Es musste Katies Trinkgeld für ihre Arbeit als Kellnerin in einem Café gewesen sein. Sie kam von der Frühschicht, als sie starb.“ Zusammen mit dem Geld entdeckte sie auch einen Zettel, auf dem stand „Für Spenden“.

„Sie wollte ihr hart verdientes Geld verschenken“, sagt Ulmer, während ihr Tränen übers Gesicht rinnen. „Sie war eine gute Seele, jedermanns beste Freundin. Schon als Kind wollte Katie immer Gutes tun. Als Jugendliche bemühte sie sich um Menschen, die weniger besaßen als wir. Später beschloss sie, Sanitäterin zu werden. Wenige Tage vor ihrem Tod hatte sie ihre Ausbildung abgeschlossen.“ Um mit dem Schmerz fertigzuwerden, stürzte sich die Amerikanerin in ihre Arbeit als Englisch-Lehrerin an der Hatboro-Schule in Horsham (Pennsylvania).

Jugendliche wollten etwas Gutes tun

„Eines Tages las ich meiner Klasse aus Ray Bradburys Roman ‚Fahrenheit 451‘ aus dem Jahr 1953 vor. Das Buch handelt von einer zukünftigen Welt, in der die Menschen kein Mitgefühl mehr füreinander haben. Ich erklärte meinen Schülern, sie müssten dafür sorgen, dass unsere Welt nicht so wird.“

Die Jugendlichen waren sichtbar geschockt über die im Buch dargestellte Zukunft und äußerten sich entsprechend kritisch. Dies brachte Ulmer auf eine Idee. „Katies Geld wartete darauf, gespendet zu werden. Und hier in meiner Klasse hatte ich diese jungen Menschen vor mir, die bestimmt gern etwas Gutes tun würden. Diese Chance musste ich ergreifen. Ich wollte meinen Schülern zeigen, dass Güte erlernt werden kann.“

Sie erzählte ihnen von ihrer Schwester und deren Wunsch, Menschen in Not zu helfen. Dann wechselte sie das Trinkgeld auf der Bank in 20-Dollar-Scheine um, gab mehrere hundert Dollar aus eigenen Ersparnissen hinzu und überreichte jedem ihrer 25 Schüler eine 20-Dollar-Note. Der Auftrag lautete „Tut etwas Gutes damit“. Was genau, überließ sie den Jugendlichen.

Deren Phantasie war keine Grenze gesetzt, wie sich bei der Auswahl ihrer guten Taten zeigte. Die Geschwister Danny und Alexander Shields sowie deren gemeinsame Freundin Phoenix Pham kauften Hygieneartikel für Obdachlose. Sydney Cassel und Mackenzie Bombas (beide 16 Jahre alt) bereiteten Kekse und Süßigkeiten für Altersheime zu. Erika To, 16, Mikayla Trachtman, 16, und Rachel Jasner, 15, schneiderten bunte Hunde-Decken.

Andere Schüler wiederum schickten Hilfs-Pakete an verletzte Soldaten. Ein anderer Schüler stellte sich an eine Straßenecke und verteilte Krapfen. „Das Ergebnis war überwältigend“, freut sich Ulmer, „und führte dazu, dass viele Kinder, nachdem sie ihre 20 Dollar ausgegeben hatten, ihr eigenes Taschengeld spendeten.“ Seit die Aktion der Lehrerin bekannt geworden ist, erhält sie immer öfter Spenden von Mitbürgern.

„Oft finde ich eine 20-Dollar-Note in meinem Briefkasten in der Schule.“ Diese anonymen Spenden erlauben es ihr, das Güte-Projekt in jeder neunten Klasse zwei Mal pro Jahr zu wiederholen.

Geschenke für Spitäler und Altersheime

Dann schwärmen Jugendliche in ganz Philadelphia (USA) aus und erfreuen Menschen in Asyl- und Altersheimen, Waisenhäusern und Spitälern mit Geschenken.

„Viele Menschen haben eine völlig falsche Vorstellung von unseren Jugendlichen“, sagt die Lehrerin Kristina Ulmer. „Die Mädchen und Burschen sind gar nicht so egoistisch und egozentrisch, wie es immer heißt. Ganz im Gegenteil, sie sind hilfsbereite Menschen und haben ein gutes Herz. Wenn ich an ihre Kreativität, ihr Mitgefühl und ihre Großzügigkeit denke, kommen mir die Tränen. Sie wollen eine bessere Welt schaffen.“
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