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Ausgabe Nr. 20/2025 vom 13.05.2025, Foto: AdobeStock
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Pandemievertrag
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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will mit dem internationalen Abkommen besser auf künftige Pandemien vorbereitet sein. Doch nicht nur daran scheiden sich die Geister. Auch die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorsorge rufen Kritiker auf den Plan.
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Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die 194 Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation WHO – zu denen auch unser Land seit 1948 gehört – Mitte April auf einen Abkommensentwurf geeinigt. Konkret geht es um den sogenannten Pandemievertrag (WHO Pandemic Agreement), der für ein weltweit koordiniertes Vorgehen im Falle einer Pandemie sorgen soll.

Das Regelwerk muss nun auf der kommenden Weltgesundheitsversammlung (WHA), die von 19. bis 27. Mai in Genf (Schweiz) stattfindet, verabschiedet werden. „Wir freuen uns auf die Beratung des Abkommens durch die WHA und – so hoffen wir – auf seine Annahme“, sagt der WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, 60.

Immerhin dauerte das Ringen um einen endgültigen Vertragstext mehr als drei Jahre. Kritiker zeigen auf, dass er vage Formulierungen enthalte. Der FPÖ-Gesundheitssprecher NAbg. Mag. Gerhard Kaniak, 46, etwa warnt vor „intransparenten Regelungen und sogenannten ,freiwilligen Verpflichtungen‘, die im Ernstfall weitreichende Konsequenzen haben könnten – für unsere Grundrechte, unsere Freiheit und unsere demokratische Mitbestimmung.“

Zustimmung des Parlaments

Die FPÖ sieht auch die Souveränität unseres Landes in der Gesundheitspolitik gefährdet. „Was hier unter dem Deckmantel eines globalen Gesundheitsmanagements präsentiert wird, ist in Wahrheit ein gefährlicher Versuch, das gescheiterte Maßnahmenregime der Corona-Zeit dauerhaft festzuschreiben“, warnt Kaniak.

„Der Akt der Textannahme begründet noch keine rechtlichen Verpflichtungen aus dem Internationalen Pandemieübereinkommen für die WHO-Mitgliedstaaten“, heißt es dazu aus dem Gesundheitsministerium. Sobald das Übereinkommen zur Unterzeichnung aufliegt, erfolge die innerstaatliche Prüfung gemäß der österreichischen Bundesverfassung. Um den Vertrag abzuschließen, brauche es die Zustimmung des Parlaments. Erst mit der Ratifikation durch den Bundespräsidenten ist es rechtsverbindlich für unser Land.

„Bis das Abkommen zur Unterzeichnung und Ratifikation aufgelegt werden kann, wird es ohnehin noch dauern. Inkrafttreten kann das Internationale Pandemieübereinkommen erst nach Hinterlegung der 60. Ratifikationsurkunde“, weiß die zuständige SPÖ-Ministerin Korinna Schumann, 59.

Für sie ist es „ein bedeutender Meilenstein, dass der ,One Health‘-Ansatz (basiert auf dem Verständnis, dass die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander zusammenhängt) und Präventionsstrategien in Bezug auf die Ursprünge von Pandemien erstmals in einem völkerrechtlich verbindlichen Übereinkommen aufgenommen wurden.“

Damit wurde laut Schumann ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der globalen Kooperation im Bereich Pandemievorsorge und -reaktion erzielt. Für den in Liechtenstein ansässigen Rechtsanwalt Dr. Christian Presoly geben derweil die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) mehr Grund zur Sorge.

Anders als beim Pandemievertrag ist dabei die Betei­ligung der natio­nalen Gesetz­geber nicht nötig. „Die IGV treten automatisch in Kraft, wenn wir nicht bis zum 19. Juli Widerspruch erheben“, erklärt Presoly, der sich intensiv mit der Materie beschäftigt hat.

Die inhaltlichen Änderungen in den IGV 2005 wurden am 1. Juni 2024 in der 77. Weltgesundheitsversammlung in Genf beschlossen. Rechtswidrig, wie Presoly betont, „weil die Änderungen eigentlich vier Monate vorher allen Mitgliedsstaaten zur Prüfung vorgelegt hätten werden müssen“. Dem war aber nicht so, gab es doch bis kurz vor der Abstimmung immer wieder Überarbeitungen.

Immerhin konnten laut Presoly etwa die als Artikel 13 A vorgesehene ausdrückliche „Verpflichtung der Mitgliedstaaten die gemäß IGV gefällten Entscheidungen des WHO-Chefs zu befolgen“, genauso teilweise abgewendet werden wie weitgehende Zensurvorschriften. Beides wurde de facto aber dennoch in abgeschwächter Form an anderen Stellen in den IGV inkludiert, etwa die Formulierung „Gesundheitsmaßnahmen, die umzusetzen sind …“ in Artikel 15.

Auch die zuvor im Artikel 3 gestrichene Passage „unter uneingeschränkter Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten der Menschen“ wurde nach Protesten mehrerer Mitgliedsländer wieder inkludiert. „Aber kann man jemandem trauen, der mit einem Federstrich so bedeutende Rechte von uns allen einfach entfernen wollte?“, fragt Presoly.

„Die IGV sehen seit 2005 einen stetigen Machtausbau für den WHO-Chef vor“, warnt der Anwalt. Die Annahme der überarbeiteten IGV bedeute, dass der in Zukunft auch weiterhin alleine entscheidet, ob eine Pandemie vorliegt und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die könnten von „Lockdowns“ bis hin zu verpflichtenden Impfungen reichen.

„Es gibt zwar beratende Gremien, jedoch sucht der WHO-Generaldirektor selbst die Mitglieder dafür aus und bestimmt, wie lange ein solches Mitglied im Gremium verbleibt.“ Schlussendlich bleibt das Entscheidungsrecht bei ihm und kann nicht angefochten werden, weil keinerlei unabhängige Kontrollinstanz vorgesehen ist. Die WHO habe natürlich keine berittenen Truppen, die sie bei Nichtbefolgung vorbeischicken könne, aber „sie arbeitet mit Gruppenzwang. Außerdem ist es für die Politik einfacher, wenn quasi die WHO entscheidet und ihr der schwarze Peter umgehängt werden kann – unter dem Motto, wir sind dazu verpflichtet.“ Es brauche zwar eine WHO, „aber wir können das besser machen, indem beispielsweise ein größeres Expertengremium die Entscheidungen über das Vorliegen einer Pandemie und der diesbezüglich notwendigen Maßnahmen trifft, weil das dann weniger leicht korrumpiert werden kann“, sagt der Anwalt.

Spenden oft zweckgebunden

Ein weiterer wichtiger Punkt ist für Presoly die Finanzierung der WHO. „Nur 16 Prozent werden über Beiträge der Mitgliedstaaten finanziert. Knapp 71 Prozent der Gelder kommen über zweckgebundene Spenden, bei denen also der Spender entscheidet, wofür es zu verwenden ist.“

Damit könne eine ungerechtfertigte Einflussnahme durch die großteils mit der Pharmaindustrie „verbandelten“ Spender auf Entscheidungen der WHO nicht ausgeschlossen werden, gibt Presoly zu bedenken. Alleine die von Bill und Melinda Gates gegründete Stiftung spendete der WHO rund 610 Millionen Euro, noch einmal 476 Millionen Euro kommen von der Impfvereinigung GAVI, zu deren Gründungsmitgliedern und größten Spendern wiederum die Gates-Stiftung gehört. Zusammen sind das rund 16 Prozent der gesamten finanziellen Mittel der WHO.

„Gegen Spenden ist nichts einzuwenden, nur müssen diese zur völlig freien Verfügung der WHO gegeben werden und für mehrere Jahre, damit die WHO finanziell planen kann.“

Mit einer Petition versucht die FPÖ, den Pandemievertrag noch zu verhindern (who-pandemievertrag-stoppen.at). Es brauche im Parlament eine Mehrheit, um gegen die Umsetzung der Verträge zu stimmen. „Die FPÖ ist derzeit aber die einzige Partei, die diese Linie unterstützt“, bedauert Kaniak. rz

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Die 1948 gegründete WHO (engl. World Health Organisation) ist eine Sonderorgansiation der Vereinten Nationen (UN). Sie hat ihren Hauptsitz in Genf (Schweiz) und zählt derzeit 194 Mitgliedsstaaten. Geleitet wird sie vom WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Die Weltgesundheitsversammlung (WHA, engl. World Health Assembly) ist das höchste Entscheidungsgremium der WHO.

Die IGV – Internationale Gesundheitsvorschriften

Die 1969 unterzeichneten IGV dienen als Grundlage für den weltweiten Informationsaustausch zu übertragbaren Krankheiten und anderen gesundheitsrelevanten Ereignissen.

Die IGV sind für die WHO-Mitgliedstaaten rechtlich bindend.
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