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Ausgabe Nr. 19/2025 vom 06.05.2025, Fotos: OÖG, zvg
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Dialyse-Patientin über ihr Neugeborenes:
„Es ist ein Wunder, dass ich Mama werden durfte“
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Theresa Scheichl wurde vor drei Jahren mit Nierenversagen ins Spital eingeliefert. Seitdem fährt die 30jährige drei Mal pro Woche zur Dialyse und muss mit Einschränkungen leben. Dass sie trotz ihrer Krankheit schwanger geworden ist, grenzt an ein medizinisches Wunder. Heute ist sie Mutter einer sieben Monate alten Tochter und hofft auf eine Spenderniere.
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Es war knapp, als Theresa Scheichl vor drei Jahren ins Spital eingeliefert wurde. „Ich habe nur noch verschwommen gesehen, hatte einen enormen Druck auf den Augen und einen extrem hohen Blutdruck. Es hat sich angefühlt, als wäre ich in Trance und schon im Jenseits“, erinnert sich die Oberösterreicherin aus Straß im Attergau zurück.

Kurz darauf wurde bei der 30jährigen akutes Nierenversagen festgestellt. „Meine Nieren haben einfach aufgehört zu arbeiten. Die Schadstoffe, die normalerweise über den Harn ausgeschieden werden, bleiben im Körper, weil meine Nieren durch eine Entzündung ihre Filterfunktion nicht mehr erfüllen können.“ Scheichls Körper vergiftet sich quasi selbst. „Da alles im Blut bleibt, muss ich zur Dialyse, dort wird mein Blut sozusagen gewaschen und gefiltert. Das passiert bei Hämodialyse-Patienten durch einen Katheter am Hals.“

Warum das schwere Nierenleiden plötzlich aufgetreten ist, steht bis heute nicht fest. „Fakt ist, dass ich mich jahrelang nicht um meinen Körper gekümmert habe. Ich habe nur für die Arbeit funktioniert, jegliche Beschwerden stets mit Schmerzmitteln ausgeschaltet. Mein Körper war wohl am Limit.“

Nur 0,5 Prozent der Patientinnen werden schwanger

Die Nierenschwäche könnte auch in der Familie liegen, denn ihr älterer Bruder leidet ebenso an einer Nierenerkrankung. Seit der Diagnose muss Scheichl drei Mal pro Woche (montags, mittwochs und freitags) für jeweils vier Stunden ins Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck (OÖ) zur Dialyse. „Die Diagnose hat alles auf den Kopf gestellt. Auch, dass ich vermutlich niemals Kinder bekommen werde können, war anfangs ein Schock für mich.“

Denn dass Dialyse-Patientinnen schwanger werden, ist äußerst selten. Laut Studien werden nur rund 0,5 Prozent dieser Frauen überhaupt schwanger, weil ihre Fruchtbarkeit meist stark reduziert ist. Und von den 0,5 Prozent hat nur ein kleiner Bruchteil die Chance, das Kind überhaupt auszutragen und gesund zur Welt zu bringen. „Ich wollte zwar immer Kinder, aber hatte mich dann damit abgefunden, dass es in diesem Leben nicht sein soll. Als ich dann den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, dachte ich mir, das kann nicht sein. Das ist nicht möglich.“

In der Zeit der Schwangerschaft musste Scheichl sogar sechs Tage in der Woche zur Dialyse, um das Baby nicht zu gefährden. Das Ziel war, das Baby so lange wie nur möglich im Bauch zu behalten. Dass das Baby eine Frühgeburt sein würde, stand allerdings von Anfang an fest. Es war eine Risikoschwangerschaft, die sogar bei den Ärzten eine gewisse Angst hervorgerufen hat.

„Ich war wöchentlich bei der Kontrolle, alle waren verunsichert.“ In der 29. Schwangerschaftswoche musste das Baby dann geholt werden, nachdem bei einem Test die Blutwerte nicht stimmig waren. Scheichl wurde mit dem Hubschrauber in die Uniklinik Salzburg geflogen, Linara kam am 17. Oktober 2024 um fünf Uhr in der Früh mit nur 800 Gramm und einer Größe von 33 Zentimetern mittels geplantem Kaiserschnitt zur Welt. „Sie war ein richtiges Zwutschki. Aber eine Kämpferin, da kommt sie ganz nach mir“, sagt Scheichl stolz. Es folgten drei Monate stationären Aufenthaltes auf der Neonatologie in Salzburg. „Sie hat sich prächtig entwickelt, Anfangsschwierigkeiten gab es nur beim Atmen.“

Anfangs klappte bei der Jungmama sogar das Stillen. „Ich hatte viel Milch und wollte damit unbedingt mein Kind ernähren. Dialyse-Patientinnen ist das Stillen jedoch meist aufgrund des hohen Kaliumüberschusses im Körper nicht erlaubt“, denkt Theresa Scheichl zurück.

Heute ist Linara der ganze Stolz ihrer Eltern. „Ihr Name bedeutet ,in Schönheit geboren‘. Das ist passend, weil es für mich nichts Schöneres gibt, als in der Früh ihr Lächeln aus dem Gitterbett zu sehen, wenn sie mich anstrahlt.“ Scheichl geht in ihrer Mutterrolle mittlerweile voll auf. „Es war eine große Umstellung, auf einmal hatte ich eine Riesenverantwortung für so ein kleines Wesen. Ich war ein äußerst ungeduldiger Mensch, als Mama musste ich erst lernen, geduldig zu sein.“ Für ihre Tochter möchte sich die 30jährige nun auch auf die Transplantationsliste setzen lassen, um möglichst lange körperlich fit zu bleiben und gemeinsam viel mit ihr erleben zu können.

Vielleicht wird die Mama zur Nieren-Spenderin

Bis jetzt ist eine Spenderniere nicht für sie in Frage gekommen. „Der Gedanke, dass ich ein Organ eines mir unbekannten Menschen bekomme, war befremdlich. Aber meine Mama würde mir eine ihrer Nieren spenden und lässt sich nun testen. Wenn ich ein Organ einer Person bekommen würde, die ich kenne und liebe, wäre das sicher ein schönes Gefühl. In meiner Situation stehen die Chancen sogar gut, dass eine Spenderniere rund 20 Jahre hält“, ist die Jungmama trotz ihrer herausfordernden gesundheitlichen Situation optimistisch. Bis es so weit ist, muss sie weiterhin drei Mal wöchentlich zur Dialyse. In der Zeit passen ihr Lebensgefährte oder ihre Mutter auf die Kleine auf. „Mein Partner ist in der mobilen Pflege tätig und zeitlich flexibel, meine Mama wohnt nur zehn Minuten von uns entfernt.“

Für die Unterstützung ist sie dankbar, da sie aufgrund der Erkrankung stark eingeschränkt ist. „Ich bin oft müde und ausgelaugt. Auch verreisen kann ich kaum, da ich meine Dialysetermine einhalten muss.“

Doch allein der Gedanke an ihre Tochter lässt Scheichl Tag für Tag weitermachen. „Wenn ich sie ansehe, weiß ich, wofür sich das alles lohnt. Denn es ist ein Wunder, dass ich Mama werden durfte.“ Schuh
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