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Ausgabe Nr. 19/2025 vom 06.05.2025, Foto: ZEPPELZAUER
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ÖVP-Integrationsministerin Claudia Plakolm, 30
ÖVP-Integrationsministerin Claudia Plakolm, 30:
„Wir wollen Mädchen vor Unterdrückung schützen“
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Claudia Plakolm ist das „Küken“ in der Minister-Riege, aber schon seit Jahren Berufspolitikerin. Im Interview erklärt die Oberösterreicherin, warum das Kopftuchverbot für unter 14jährige Mädchen notwendig ist, wann die Sozialhilfe gekürzt werden soll und was sie von Sebastian Kurz unterscheidet.
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Frau Ministerin, wann kommt das Kopftuchverbot für unter 14jährige Mädchen?

Unser Ziel ist, dass die Regelung noch vor dem Sommer kommt. Das ist ein wichtiges Zeichen, um Mädchen vor Unterdrückung schützen zu können. Wir sind gerade dabei, mit Verfassungsexpertinnen und -experten eine gute rechtliche Lösung auf den Weg zu bringen.

Im Jahr 2020 hat der Verfassungsgerichtshof das Kopftuchverbot in der Volksschule aufgehoben, weil es gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen hat. Wie soll es jetzt gestaltet sein?

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Es kann zum Beispiel ein Stufenmodell sein, bei dem man auf den Einzelfall abzielt und zuerst mit Elterngesprächen, mit Schulpsychologen, mit der Kinder- und Jugendhilfe sozusagen sensibilisiert. Es kann auch Verfassungsmaterie werden, wofür wir mehr Parteien an Bord brauchen. Aber ich habe im Wahlkampf festgestellt, dass auch die FPÖ eine Befürworterin wäre. Also könnte sie bei diesem Antrag mitgehen und zeigen, ob sie zu ihrem Wort steht.

Wo würde das Verbot gelten?

Ich möchte nicht, dass junge Musliminnen von Familie oder Freundeskreis gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen. Wovon sie selbst nicht überzeugt sind und was ihnen leider alle Chancen unserer freien westlichen Gesellschaft nimmt. Schön wäre natürlich überall, rechtlich möglich ist die Schule.

Ist dann auch das Tragen von Kreuzen oder Kippas gefährdet?

Nein, weil wir eben auf den Kinderschutz abzielen. Und das Kopftuch ist ein Zeichen der Unterdrückung von Mädchen, wenn es schon in diesem Alter getragen wird. Wenn wir uns in der Welt umsehen, dann werden das Kopftuch oder Vollverschleierung dort getragen, wo der radikale Islam im Vormarsch ist. Das hat in Österreich nichts verloren. Deswegen sehe ich das als wichtige Integrationsmaßnahme, aber auch als Maßnahme gegen die Radikalisierung.

Es gibt bei uns ein Gesichts-Verhüllungsverbot. Gerade in Ballungszentren sind immer wieder Frauen zu sehen, die eine Maske zum Ganzkörperschleier tragen …

Es gibt das Vollverschleierungsverbot, das ist gültig und wird auch exekutiert. Wahrscheinlich ist es so wie bei jedem anderen Verbot, dass es dort und da Menschen gibt, die es umgehen. Aber es ist kein totes Recht.

Mehr als ein Fünftel der Erstklässler kann aufgrund schlechter Deutschkenntnisse dem Unterricht nicht folgen, die meisten sind schon hier geboren. Muss man gar nicht Deutsch können, um bei uns zu leben?

Das brauchen wir absolut nicht schönreden, weil damit der Unterricht für alle im Klassenverband schwieriger wird. Ich sehe es auch im Sinne der Chancengerechtigkeit als notwendig an, dass wir die Deutschförderung insbesondere im Bildungsbereich weiter vorantreiben. Aber Integration gerade im Bereich der Sprache ist auch etwas, was wir einfordern müssen. Das bedeutet, dass Eltern hier mitwirken müssen. Es muss einem Elternteil ja wichtig sein, dass die Kinder hier gute Chancen haben für ein Fortkommen.

Es gibt Vorschläge, wie etwa die Familienbeihilfe zu kürzen, wenn Kinder zu wenig Deutsch können. Was halten Sie davon?

Wir müssen schauen, dass Integration gelingen kann. Das muss notfalls auch mit Sanktionen passieren. Wir haben im Bildungsbereich zum Beispiel das Thema der Mitwirkungspflicht der Eltern im Regierungsprogramm. Einerseits, dass die Kinder, das ist auch ein Teil unserer westlichen Werte, ausgeschlafen und konzentriert dem Unterricht folgen können. Aber auch, dass Vater und Mutter auf einen Elternsprechtag gehen. Oder sich auch von einer Lehrerin, die den Sohn oder die Tochter unterrichtet, etwas sagen lassen.

Welche Konsequenzen stellen Sie sich vor?

Ein Hebel, den wir ganz generell in der Integration haben, ist die Sozialhilfe. Sie ist für viele auch der Grund, um nach Österreich zu kommen. Da sehe ich Oberösterreich und Niederösterreich als Vorbild. Hier werden bis zu 50 Prozent der Sozialhilfe gekürzt, wenn eben nicht der Nachweis erbracht wird, dass ein Sprachkurs oder Wertekurs absolviert wurde, dass man sich um einen Arbeitsplatz bemüht. Das sind sehr einfache und klare Erwartungen, die wir hier aussprechen und die wir dann damit auch einfordern können.

Sie sind auch für Europa zuständig. Sind Sie für einen EU-Beitritt der Ukraine?

Ich bin ganz generell dafür, dass wir die Erweiterungspolitik der Europäischen Union wieder ernstnehmen. Und die Erweiterungspolitik soll eben leistungsbasiert passieren. Es gibt Länder, die schon lange im Warteraum stehen, die hier viele zentrale Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gemacht haben. Das sind die sechs Länder des Westbalkans. Sie haben Vorrang, wenn wir von der Erweiterungspolitik sprechen.

Grundsätzlich soll die Ukraine EU-Mitglied werden?

Es war eine geopolitische Entscheidung, dass die Ukraine einen Beitrittskandidaten-Status erhält. Ich finde sie richtig, weil es auch für uns als Mitgliedsland der Europäischen Union Vorteile bringt, wenn sich unsere Nachbarn an unsere Standards anpassen, wenn sie sich an unseren westlichen Werten orientieren und hier Reformen vornehmen. Ein Land im Kriegszustand kann nicht Teil der EU werden. Aber selbstverständlich werden wir die Ukraine hier weiterhin auch unterstützen in ihrer Orientierung Richtung Europa.

Sie sind mit 30 Jahren das jüngste Regierungsmitglied, waren mit 22 schon Abgeordnete. War es immer schon Ihr Berufswunsch, Berufspolitikerin zu werden?

Im Freundebuch in der Volksschule habe ich immer Tierärztin geschrieben. Was mich von klein auf geprägt hat, ist das Engagement in Vereinen, in Organisationen bis hin zur Schülervertretung, was man so als vielleicht erste politische Aufgabe bezeichnen kann.

Ihr Lebenslauf hat relativ viel Ähnlichkeit mit Sebastian Kurz.
Ist er ein Vorbild für Sie?


Ich glaube, wir haben einerseits Ähnlichkeiten, aber genauso auch viele Unterschiede. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und klassisch eben über Vereine politisch sozialisiert worden. Ich habe keine politischen Vorbilder in diesem Sinne. Mir ist wichtig, dass ich meine eigenen Fußspuren hinterlasse.

Wären Sie dafür gewesen, dass er die ÖVP jetzt wieder übernimmt?

Die Frage hat sich nie gestellt, weil Sebastian Kurz für sich klargestellt hat, dass er in die Privatwirtschaft geht und hier auch bleiben möchte.

Mit 19.000 Euro brutto im Monat verdienen Sie viel für Ihr Alter. Werden Sie damit oft konfrontiert?

Ich werde in erster Linie in anonymen Internet-Kommentaren damit konfrontiert. Ich habe einen Lebensstil wie viele andere in meinem Alter, wie viele andere 30jährige. Das werde ich auch nicht verändern, nur weil ich jetzt Ministerin bin. So ein Amt ist nur etwas Geliehenes, das kann auch morgen wieder vorbei sein.

Nach der Matura haben Sie Wirtschaftspädagogik studiert. Sind Sie noch inskribiert?

Ich habe alle Prüfungen und Kurse absolviert, inklusive der beiden fünfstündigen Diplomprüfungen. Das Einzige, was mich noch vom Titel trennt, ist die Diplomarbeit. Die muss auf ruhigere Zeiten warten.

Sie gelten als Partytigerin. Wann ist es denn das letzte Mal länger geworden?

Na ja, jetzt habe ich gerade die Fastenzeit hinter mir, in der ich ganz strikt Alkohol faste. Aber ich bin gerne unter Menschen, ich bin definitiv kein Stubenhocker. Die letzte größere Feier war die zu meinem Dreißiger im Dezember. bike
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