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Ausgabe Nr. 18/2025 vom 29.04.2025, Fotos: picturedesk.com
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Machtkampf im Männerverein
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Kardinal Luis Antonio Tagle, 67, mit Papst Franziskus 2015.
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Papst-Anwärter: Pierbattista Pizzaballa, 60
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Peter Turkson, 76
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Machtkampf im Männerverein
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Vielen gingen die Reformen von Papst Franziskus nicht weit genug, anderen war jede Neuerung zu viel. Beim Konklave könnten sich Konservative durchsetzen.
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Eine „staunende Verwunderung, die paradoxerweise
auch einen tiefen Frieden mit sich bringt“, habe er empfunden, „als man mich zum Nachfolger auf dem Stuhl Petri gewählt hat“, schrieb Papst Franziskus († 88) in seinen Memoiren „Hoffe“ (Kösel-Verlag). Die Kardinäle brauchten im März 2013 nur fünf Wahlgänge, um den Argentinier Jorge Mario Bergoglio zum Nachfolger Papst Benedikts XVI. zu machen.

Das Wort Konklave stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Zimmer, verschließbares Gemach“. In diesem Fall ist es die Sixtinische Kapelle im Vatikan, deren Türen während der Urnengänge verschlossen werden. Jeder Kontakt nach außen ist verboten, am Eingang des Vatikan-Gästehauses Casa Santa Marta werden alle Taschen durchsucht. Es sind weder Mobiltelefone noch Computer erlaubt.

Zeitungen, Radios und Fernsehgeräte werden verbannt. „Die Fenster werden geschlossen, alle Funknetze sind abgeschaltet“, beschrieb der verstorbene Papst Franziskus die Geheimhaltungs-Maßnahmen im „Kardinals-Hotel“. Die wenigen Helfer, darunter etwa Ärzte, müssen völlige Verschwiegenheit schwören.

Derzeit sind 135 Kardinäle stimmberechtigt, sie waren am Todestag des Heiligen Vaters noch keine 80 Jahre alt. Das schließt den Wiener Kardinal Christoph Schönborn aus, der im Jänner 80 wurde.

Es ist ein Männerverein, der über den nächsten Papst aus seiner Mitte entscheidet. Kardinäle werden vom Papst kreiert, also von ihm nach eigenem Ermessen auf Lebenszeit ernannt. Sie müssen vorher zumindest Bischöfe sein. Die offizielle Anrede lautet „Eure Eminenz“. Das ihnen vorbehaltene leuchtendrote Kardinalspurpur soll die Treue zum Papst bis hin zum Blutvergießen symbolisieren. Bei der feierlichen Kardinalserhebung setzt der Papst jedem neuen Würdenträger den roten Pileolus, ein rundes Scheitelkäppchen, auf.

Aber auch die höchsten Kirchenmänner sind nicht vor Intrigen oder Machtkämpfen gefeit. So berichtete Franziskus in seiner Autobiographie von einem Abendessen während des Konklaves 2013. An dessen Ende fragte ihn ein spanischsprachiger Kardinal: „Fehlt Ihnen nicht ein Lungenflügel?“ Der spätere Papst sagte: „Nein, man hat mir nur einen Teil des oberen Lungenflügels entfernt, weil ich dort drei Zysten hatte.“

Wann das gewesen sei? „Das sei sehr lange her, antwortete ich, nämlich 1957. Da wurde der Mann knallrot im Gesicht und stieß zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: ,Immer diese Manöver in letzter Minute!‘ Da fing ich langsam an zu begreifen. Zumindest begriff ich, dass da etwas über mir schweben könnte.“ Schmutzige Mittel wie falsche Gerüchte sind auch beim Wahlkampf im Vatikan offenbar gang und gäbe.

Papst Franziskus hat 108 der 135 wahlberechtigten Kardinäle ernannt, 22 stammen aus der Zeit seines Vorgängers Benedikt XVI., nur fünf aus der Ära von Johannes Paul II. Den Schwerpunkt seiner Berufungen legte der verstorbene Papst auf Afrika, Asien und Südamerika. Damit hat er die künftige Richtung der katholischen Kirche mitbestimmt.

Selbst wenn die konservativen Kardinäle jetzt in der Minderheit sind, haben sie dennoch die Macht, das Kräftemessen im Vatikan für sich zu entscheiden. Sie können einen zu reformfreudigen Pontifex verhindern und einen Mann an die Spitze der Kirche setzen, mit dem sie leben können. Denn der Papst wird mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Jeden Tag werden bis zu vier Wahlgänge durchgeführt.

Waren 34 Runden ergebnislos, ist eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit dem größten Zuspruch vorgesehen. Auch dann ist weiterhin eine Mehrheit von zwei Dritteln der Kardinäle notwendig. Für die Abstimmung treten die Kardinäle einzeln vor den Altar, legen den Zettel in eine Urne und sprechen die Eidesformel, bei der sie „Christus, der mein Richter sein wird“ zum Zeugen anrufen. Nach der Auszählung werden die Zettel verbrannt.

Ob danach weißer oder schwarzer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle kommt, zeigt an, ob der Urnengang erfolgreich war. Haben sich die Kardinäle auf einen Papst geeinigt, wird das durch ein weißes „Rauchzeichen“ signalisiert. Seit dem Konklave 2005 sorgen Chemikalien für die eindeutige Färbung.

Weltweit gibt es mehr als 1,4 Milliarden Katholiken. Die meisten Kirchenmitglieder leben in Südamerika (27 Prozent) und Europa sowie Afrika (jeweils rund 20 Prozent). In Afrika wächst die Zahl der katholischen Gläubigen aber am schnellsten. Im größten Kontinent Asien sind elf Prozent der Katholiken zuhause.

Sollte der nächste Papst aus Asien kommen, könnte es Luis Antonio Tagle sein. Der 67jährige gilt als einer der Favoriten. Tagle war Erzbischof von Manila, der Hauptstadt der Philippinen. 2019 wurde er Leiter des kirchlichen Missionswerkes. Er wird als „asiatischer Franziskus“ bezeichnet, weil er sich wie Papst Franziskus für soziale Gerechtigkeit einsetzt.

Auch ein schwarzer Papst ist nicht ausgeschlossen. Kardinal Peter Turkson, 76, aus Ghana, gilt als eine konservative Möglichkeit. Er rief unter anderem Homosexuelle zur Keuschheit auf. Ein Zeichen anderer Art könnte die Wahl von Pierbattista Pizzaballa, 60, sein. Der Italiener aus dem Orden der Franziskaner ist der lateinische Patriarch von Jerusalem (Israel) und gilt als Brückenbauer im Nahost-Konflikt. bike
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