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Ausgabe Nr. 17/2025 vom 22.04.2025, Fotos: ​picturedesk.com, zvg.
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Marie Theres Relin
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Edler Mandelnougattrüffel trifft auf schwarze Ribisel.
Marie Theres Relin: „Ich habe Mama abgöttisch geliebt“
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Am 26. April jährt sich der Todestag von Maria Schell zum 20. Mal. Aus diesem Anlass spricht ihre Tochter, die Schauspielerin und Autorin Marie Theres Relin mit der WOCHE über Erinnerungen an ihre Mutter, eine einmalige Praline und das lange Schweigen einer Familie. Am 1. Mai wird er nun zum Bischof geweiht. Ein Karriereweg, den der 52jährige gar nicht einschlagen wollte, wie er Barbara Reiter erzählt hat.
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Frau Relin, es jährt sich der 20. Todestag Ihrer Mutter, der großen Wiener Schauspielerin Maria Schell. Wie werden Sie ihrer gedenken?

Zwei Tage vorher, am 24. April, erzähle ich im Schell-Kaffeehaus in Gundelsheim (D) Geschichten über meine Mutter. Das sind persönliche Erinnerungen, untermalt von Fotos auf der Leinwand. Und dazu gibt es eine einmalige Praline, die eigens zu ihren Ehren entstanden ist. Sie besteht aus zartem Mandelnougat, umhüllt von edelherber, knackiger Schokolade.

Wie kam es zu dieser Praline?

Die Idee dazu kam durch einen schönen Zufall. Ich war gerade im Internet auf der Suche nach meinem Buch mit dem Titel „Meine Schells: Eine Familie gesucht …“ und stieß auf „Mein Schell“ Praline. Ich dachte, da hat jemand meinen Titel gestohlen und noch dazu falsch geschrieben. Ich klickte neugierig im Internet weiter und landete auf der Seite der Schell-Schokoladenmanufaktur in Gundelsheim, gegründet von Maria und Karl Schell. „Zwischen dem 20. Todestag und dem 100. Geburtstag meiner Mutter (15. Jänner 2026) passt doch eine Maria-Schell-Praline?“, schrieb ich spontan an Eberhard Schell, der den Familienbetrieb heute in dritter Generation führt. „Machen wir“, kam sofort vom Namensvetter retour. Wie sich herausstellte, hatte er sein erstes Treffen mit seiner Frau Annette bei einem Film mit meiner Mutter – das war fast schon schicksalshaft. Dass daraus eine kleine, süße Hommage entstanden ist, berührt mich sehr.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Mutter?

Ich habe meine Mutter abgöttisch geliebt. Aber ich habe sie als Kind auch oft vermisst – sie war viel unterwegs, und das war schwer auszuhalten. Für mich war sie immer beides, der gefeierte „Weltstar“ und zugleich eine Frau, die immer wieder versuchte, sich in das klassische Bild der „braven Ehefrau“ einzufügen. Sie war innerlich zerrissen, immer im Spagat zwischen öffentlichem Glanz und privatem Schmerz. Sie finanzierte ihre Männer mit, stellte sich selbst zurück. Sie war ein Mensch mit großem Herzen, voller Wärme und Herzensbildung. Aber sie war auch schwer krank. Sie litt an einer bipolaren Störung, die viel zu lange übersehen oder falsch behandelt wurde. Zehn Jahre war sie bettlägerig, ihre Krankheit wurde immer wieder verdrängt, Therapien wurden abgebrochen. Im Jahr 1991 versuchte sie, sich das Leben zu nehmen. Ich hätte ihr ein anderes Ende gewünscht – würdevoller, schneller, vielleicht mitten auf der Bühne, vor laufender Kamera.

Werden Sie zum Todestag das Grab Ihrer Mutter in Preitenegg in Kärnten besuchen?

Nein, ich fahre hundertprozentig nicht mehr dorthin. So sehr ich Kärnten liebe, der Umgang mit dem Nachlass meiner Mutter und die Art, wie damals ihre Beerdigung verlief, waren für mich traumatisch. Der Medienrummel war unerträglich, das hatte nichts mehr mit Würde zu tun. Ich habe einmal eine ganz andere Beerdigung eines „Weltstars“ erlebt. Als Romy Schneider starb – sie war meiner Mutter äußerst verbunden –, holte uns Laurent Pétin, ihr letzter Lebensgefährte, frühmorgens um fünf Uhr in Paris (F) ab, um uns zu ihrem neu gewählten anonymen Grab in Boissy-sans-Avoir zu bringen. Er hatte Romy aus Angst vor öffentlicher Grabschändung heimlich umbetten lassen, die Beerdigung fand ohne jede Öffentlichkeit statt. Als Zeichen tiefer Freundschaft gab meine Mutter Romy damals ihren Ring, den mein Vater ihr zu meiner Geburt geschenkt hatte, mit ins Grab. Das war ein stilles, persönliches Ritual. So hätte ich es mir auch für sie gewünscht.

Kärnten bleibt wohl ein schmerzhafter Ort, nicht nur wegen der Beerdigung, sondern auch wegen späterer Ereignisse. Im Jahr 2023 wurde nach Missbrauchsvorwürfen gegen Ihren Onkel Maximilian Schell von Ihnen und von dessen Tochter Nastassja die „Bildungswelt Maximilian Schell“ in „Bildungswelt Wolfsberg“ umbenannt. Was hätten Sie sich damals gewünscht?

Ich hätte mir gewünscht, dass mehr passiert. Stattdessen hatte ich oft das Gefühl, mir sollte der Schwarze Peter zugeschoben werden. Dabei habe ich mit meinem öffentlichen Bekenntnis meiner Cousine sogar geholfen, sich zu öffnen. Aber wie so oft, am Ende passiert dem Täter nichts. Kein „Oscar“ wurde aberkannt, kein öffentlicher Aufschrei blieb zurück, die Opfer aber kämpfen weiter um ihre Glaubwürdigkeit. In Wolfsberg wurde mir von Politikern Effekthascherei unterstellt – das war wirklich bitter. So etwas darf in einer aufgeklärten Gesellschaft nicht passieren. Nicht einmal beim Verlag war es einfach. Ich musste kämpfen, dass die Passage in meinem Buch „Szenen keiner Ehe“ so stehenbleiben durfte. Sie sollte umgeschrieben werden. Es sollte heißen: mit einer „männlichen Bezugsperson“. Aber es war nicht mein Vater. Nicht mein Bruder. Es war mein Onkel, der mich missbraucht hat. Und dann wurde ich allen Ernstes gefragt, ob ich ihn verführt hätte.

Machen Sie Ihrer Mutter im Rückblick Vorwürfe, dass sie Sie damals nicht geschützt hat?

Nein, keine bewussten Vorwürfe – aber ich sehe, dass sie es nicht konnte. Sie war eine Frau ihrer Zeit, geprägt vom Wunsch, geliebt zu werden. In ihrem Tagebuch finden sich viele Hinweise, dass sie selbst Missbrauch erlebt hat, vermutlich durch ihren Vater. Sie wurde dazu erzogen „herzuhalten“, sich anzupassen. Schon als Kind wurde sie zu einer Tante geschickt, ihre Brüder kamen ins Waisenhaus. Die Familie war bitterarm. Diese frühe Trennung, diese Not, das hat sie zutiefst geprägt. Und so war es auch „normal“, dass mich mein Vater schon als Dreijährige nackt malte. Das lief bei uns unter Kunst, aber für mich war das schrecklich. Mein Onkel kam zu mir ins Bad, erzählte Geschichten, und seine Hand glitt ins Wasser. Mit 14 hat er mich missbraucht – zum Glück nur einmal. Ich konnte mich befreien. Auch, indem ich es selbst öffentlich gemacht habe.

Zur Person

Marie Theres Relin wurde am 30. Juni 1966 in München (D) geboren. Als Tochter der Schauspielikone Maria Schell und des Regisseurs Veit Relin wuchs sie in einem künstlerisch geprägten Umfeld auf. Bereits als Jugendliche stand sie vor der Kamera und war seither in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen.

Im Jänner dieses Jahres wurde sie in Wien mit dem „Golden Arrow“ für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Zu Ehren ihrer Mutter entstand in Zusammenarbeit mit Schell Schokoladen die Maria-Schell-Praline. Sie ist unter
https://schell-schokoladen.de um € 10,90 erhältlich.
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