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Ausgabe Nr. 16/2025 vom 15.04.2025, Foto: ZEPPELZAUER
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Der Wiener SPÖ-Bürgermeister
Michael Ludwig, 64
Wien-Bürgermeister
Michael Ludwig:
„Ich stehe zu allen Corona-Maßnahmen“
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In Wien wird am 27. April gewählt. In der roten Hochburg hat seit dem Jahr 2018 Michael Ludwig das Sagen. Im Interview erklärt der Bürgermeister, was eine einheitliche Mindestsicherung bringt,
wo die Stadt sparen will und warum es in Wien keine Null-Lohnrunde für Politiker gibt.
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Herr Bürgermeister, wann sind Sie das letzte Mal mit der U-Bahnlinie 6 gefahren?

Vergangene Woche, von Floridsdorf bis Josefstädter Straße.

Der Wiener ÖVP-Chef Mahrer sagt, die U6 ist eine „Geisterbahn aus Verwahrlosung, Drogen und Gewalt“ …

Wenn er sich fürchtet, fahre ich gern einmal mit ihm.

Sie nehmen das nicht so wahr?

Dass es Herausforderungen auf Plätzen entlang öffentlicher Verkehrsmittel gibt, ist mir sehr wohl bekannt. Deshalb führt die Stadt Wien Schwerpunktaktionen mit der Wiener Polizei durch. Am Beginn meiner Tätigkeit als Bürgermeister habe ich am Praterstern ein Alkoholverbot verfügt, das haben wir jetzt auch am Franz-Jonas-Platz in Floridsdorf gemacht. Das Waffenverbot am Praterstern hat sich zudem bewährt, da hat die Polizei schon mehr als 300 Messer sichergestellt. Überall dort, wo es notwendig ist, schauen wir auch hin.

Sie möchten ein Messerverbot in der Öffentlichkeit für die ganze Stadt. Wer soll das kontrollieren?

Die Polizei.

Aber Sie sagen jetzt schon, dass Wien zu wenig Polizisten hat. Im Jahr 2020 haben Sie 1.200 zusätzliche Polizisten gefordert …

Das ist richtig. Wir fordern aber nicht nur, sondern setzen auch unterstützende Maßnahmen. Die Stadt Wien hat viele Aufgaben der Polizei übernommen, zum Beispiel das Passwesen, die gesamte Parkraumbewirtschaftung. Immer verbunden mit der Forderung, dass wir mehr Polizistinnen und Polizisten auf der Straße haben. Ich habe ein Rekrutierungszentrum am Schottenring gemeinsam mit dem Verein der Freunde der Wiener Polizei eröffnet, und ich habe das Versprechen des Innenministers, dass alle, die wir zum Eintritt in die Polizei gewinnen, dann in Wien verbleiben. Ich hoffe, das wird so realisiert.

Gibt es jetzt mehr Polizisten als 2020?

Ja, schrittweise gibt es mehr, aber noch nicht ausreichend.

45,4 Prozent der Menschen in Wien haben eine ausländische Staatsbürgerschaft oder sind im Ausland geboren. Manche sagen, sie erkennen „ihre“ Stadt nicht mehr. Verstehen Sie das?

Da ist immer die Frage, wo man hinschaut. Ich schaue zum Beispiel ganz stark in die Spitäler, und sehe, dass dort nicht 45 Prozent mit ausländischer Herkunft arbeiten, sondern sogar mehr. Und ich bin sehr froh, dass wir diese Menschen haben, die in Spitälern, Pflegeeinrichtungen aber auch am Bau tätig sind. Ich habe selber eine Zeitlang am Bau gearbeitet, und ich wüsste nicht, wie wir irgendeine Baustelle in Wien oder sogar in ganz Österreich realisieren ohne Menschen mit Migrationshintergrund. Dieses generelle Schlechtreden halte ich für kurzsichtig.

Probleme gibt es in den Schulen.
Ein Viertel der Erstklässler in Wien spricht so schlecht Deutsch, dass sie dem Unterricht nicht folgen können – obwohl sie hier geboren und in den Kindergarten gegangen sind. Das sind fast 5.000 Kinder. Was läuft da falsch?


Wir haben in den vergangenen Jahren einen Großteil der Integrationsmaßnahmen für ganz Österreich erledigt, obwohl alles, was mit Zuwanderung, Asyl, Flucht zu tun hat, Bundeskompetenz ist. Wir sind das einzige Bundesland ohne Außengrenze, wir haben keine Möglichkeit zu entscheiden, wie viele und welche Menschen nach Wien kommen. Ich habe schon im Sommer einen Vorschlag gemacht, wie man hier am besten vorgeht und zwar mit einer bundeseinheitlichen Mindestsicherungs-Regelung. Die hat es früher gegeben, sie wurde aber unter Regierungsbeteiligung der FPÖ aufgelöst. Sinnvoll wäre es, das über das Arbeitsmarktservice (AMS) abzuwickeln, generell für alle arbeitsfähigen Menschen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren, und dazu eine Kindergrundsicherung sowie Residenzpflicht einzuführen.

Was bringt die Abwicklung über das Arbeitsmarktservice?

Es gibt jetzt schon starke Sanktionsmöglichkeiten, wenn jemand Angebote des AMS nicht annimmt. Wenn die Mindestsicherung direkt dort verwaltet wird, gibt es eine noch effizientere Möglichkeit, die Menschen in den Arbeitsprozess zu integrieren.

Welche Maßnahmen sollen in den Schulen kommen, warum gab es sie nicht schon früher?

Auch da muss ich wieder darauf verweisen, dass unter Regierungsbeteiligung der FPÖ die Integrationsmaßnahmen drastisch zurückgefahren worden sind. Das ist eine Partei, die immer starkes Interesse daran hat, dass es Probleme gibt, die sie thematisieren kann. Damals wurden 150 Lehrerinnen und Lehrer weniger in Wien eingestellt, das haben wir als Stadt finanziell kompensiert. Ich habe vor, dass wir in den nächsten Jahren wie im Pflegebereich, in dem wir die Ausbildungsplätze verdoppelt und mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt haben, das auch in den Schulen und Kindergärten machen.

Es gab im Vorjahr das Beispiel der syrischen Familie in Wien mit sieben Kindern, die mit Mindestsicherung und Mietbeihilfe im Monat 4.600 Euro bekommen hat, da war die Familienbeihilfe noch gar nicht dabei. Mit einem Arbeitseinkommen müsste man mehr als 7.000 Euro brutto
verdienen, um auf diese Summe zu kommen. Ist das gerecht?


Ich kann verstehen, dass dieser Einzelfall irritiert. Die Mindestsicherung sollte neu aufgesetzt werden.

Wien hat heuer wahrscheinlich ein Budgetminus von 3,8 Milliarden Euro statt der vorhergesagten 2,2 Milliarden. Wo wird gespart?

Wir werden – so wie voriges Jahr bereits – alles daransetzen, mindestens 500 Millionen einzusparen. Aber wir wollen vor allem das zarte Pflänzchen des Konjunkturwachstums nicht gefährden. Wien war in den vergangenen zwei Jahren das einzige Bundesland mit Wirtschaftswachstum. Wir werden versuchen, durch die Digitalisierung in der Verwaltung effizientere Strukturen zu schaffen.

Im Bund und etwa auch im Land Burgenland gab es eine Nulllohnrunde für Politiker. Landeshauptmann Doskozil hat gesagt: „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Politik ihren Beitrag zu leisten hat.“ Für Sie nicht?

Wir haben schon einige Nulllohnrunden hinter uns und sind in Wien übereingekommen, dass wir die Bezüge entsprechend der Gehaltspyramide aus dem Jahr 1997 beibehalten. Ich habe in Coronazeiten ein ganzes Monatsgehalt gespendet.

Sie verdienen rund 22.600 Euro brutto im Monat, das höchste Landeshauptmann-Gehalt …

Ich bin sowohl Landeshauptmann als auch Wiener Bürgermeister. Ich habe zwei Funktionen zu einem Gehalt, das gibt es auch in keinem anderen Bundesland.

Wien war äußerst streng bei den Corona-Maßnahmen. Gibt es im Nachhinein etwas, von dem Sie sagen, das war falsch?

Nein, ich stehe zu allen Maßnahmen. Für mich war immer das Wichtigste die Gesundheit der Menschen und ich bin froh, dass wir wahrscheinlich vielen das Leben gerettet haben oder die Gesundheit.

Sie waren für die Impfpflicht …

Das war ein Kompromiss. Es war notwendig, einen „Lockdown“ durchzusetzen. Im Nachhinein versuchen manche, das immer so darzustellen, als wäre Corona ein Schnupfen gewesen. Aber es waren damals in zwei Bundesländern alle Spitäler voll, ein dritter Landeshauptmann hat das ebenfalls angekündigt. Die Bundesregierung hat dann gefordert, dass es auch eine Impfpflicht geben soll, die aber nie umgesetzt worden ist.

Wie werden Sie Ostern feiern?

Ich bin so wie jedes Jahr am Ostersonntag im Stephansdom. Das ist der höchste Feiertag der Christen und ich bin römisch-katholisch, deshalb ist es für mich wichtig, im Dom gemeinsam mit Tausenden anderen das Hochamt zu begehen. bike
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