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Ausgabe Nr. 14/2025 vom 01.04.2025, Foto: AdobeStock
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Frauen fallen häufiger ins Grübeln als die Männer
Wenn Gedanken zur Last werden
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Ständiges Grübeln raubt Energie, macht unglücklich und kann sogar krank machen. Vor allem Frauen neigen dazu, sich in endlosen Sorgenschleifen zu verlieren.
Doch es gibt Wege, das Gedankenkarussell zu stoppen und wieder mehr Leichtigkeit ins Leben zu bringen.
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Es sind diese stillen Momente, in denen sich der Kopf plötzlich meldet – laut und unerbittlich. Der Tag war gefüllt mit Arbeit, nun steht das Abendessen auf dem Tisch, doch die Gedanken kreisen unwiderstehlich um eine Szene vom Vormittag. „Hätte ich beim Gespräch mit dem Chef nicht doch klarer sagen sollen, was ich denke?“ Oder: „Warum habe ich die Kollegin einfach reden lassen, obwohl sie mir ins Wort gefallen ist?“

Solche Situationen kennen viele – vor allem Frauen. Der Drang, immer alles perfekt machen zu wollen, niemanden zu verärgern und dabei stark zu bleiben, bringt sie immer wieder an ihre Grenzen, weiß die deutsche Psychologin und Mentaltrainerin Dr. Petra Hoffmann.

Frauen fallen häufiger ins Grübeln als die Männer

„Frauen grübeln nachweislich häufiger als Männer – das zeigt sich auch in zahlreichen Studien. Sie neigen dazu, alles mehrfach zu durchdenken, ihre eigenen Entscheidungen infrage zu stellen und die Schuld bei sich zu suchen.“ Oft liege das an der Erziehung und an gesellschaftlichen Erwartungen, so die Expertin. „Frauen lernen von klein auf, Rücksicht zu nehmen und Harmonie zu wahren. Sie tragen Verantwortung für das Miteinander – und genau das füttert später das Grübeln.“

Der Autor und Beziehungsratgeber Phil Bolanz widmet diesem Thema sogar ein ganzes Buch. In „Overthinking Love“, also von einer Flut negativer Gedanken über die Liebe, beschreibt er, wie sehr sich Frauen vor allem in Liebesangelegenheiten den Kopf zerbrechen. „Frauen sind Meisterinnen im Interpretieren und Nachdenken. Jede Nachricht wird drei Mal gelesen, jedes Gespräch seziert – aus Angst, etwas falsch gemacht oder übersehen zu haben.“

Doch genau dieses Grübeln schafft Distanz und Druck in der Beziehung.

„Mein wichtigster Rat lautet, kommen Sie heraus aus dem Kopf und hinein ins Leben. Vertrauen Sie mehr auf Ihr Gefühl und weniger auf Ihre Gedanken. Leichtigkeit entsteht, wenn wir aufhören, immer nur zu analysieren und stattdessen den Moment genießen.

Schöne Augenblicke bewusst wahrzunehmen, Dankbarkeit zu spüren – all das bringt Glück in die Beziehung zurück. Und plötzlich merken wir, das Leben ist gar nicht so kompliziert, wenn wir aufhören, es ständig kompliziert zu denken.“

Ständiges Grübeln schadet Geist und Körper

Obendrein schadet dauerndes Nachdenken nicht nur der Seele, sondern auch dem Körper. Zahlreiche Studien belegen inzwischen, wie gefährlich ständiges Grübeln – in der Fachsprache auch „Rumination“ genannt – tatsächlich ist. Menschen, deren Gedanken sich immer wieder um dieselben Sorgen drehen, haben ein deutlich höheres Risiko, an Depressionen zu erkranken.

Das ständige Kreisen um Probleme verstärkt negative Gefühle, lässt die Konzentration sinken und führt oft zu Schlafstörungen.

„Betroffene können irgendwann gar nicht mehr abschalten“, erklärt die Psychologin Hoffmann. „Die Gedanken werden zum ständigen Begleiter – Tag und Nacht.“ Zudem schwächt das Dauerdenken das Immunsystem – Infekte treten häufiger auf. „Viele merken gar nicht, dass ihre körperlichen Symptome mit dem ständigen Grübeln zusammenhängen“, erklärt die Expertin.

„Der Körper schlägt Alarm, weil der Kopf nicht zur Ruhe kommt.“ Eine amerikanische Studie der renommierten Stanford Universität liefert zudem besorgniserregende Hinweise darauf, dass chronisches Grübeln sogar das Gehirn verändern kann.

So schrumpft der Hippocampus – das ist jene Region, die für das Gedächtnis zuständig ist –, wenn negative Gedanken dauerhaft dominieren. Die Folge ist, Betroffene werden vergesslicher und haben Schwierigkeiten, sich Dinge zu merken.

Einfach einmal den Kopf ausschalten können

Petra Hoffmann kennt diesen Kreislauf aus ihrer Praxis nur zu gut.

„Viele meiner Klientinnen sagen, sie wollen einfach nur den Kopf ausschalten. Aber das fällt schwer, wenn das ständige Grübeln zur Gewohnheit geworden ist.“ Ihr Rat lautet daher: „Der erste Schritt ist, sich das eigene Gedankenkarussell bewusst zu machen und aktiv auszubremsen.
Grübeln löst keine Probleme – es macht sie nur größer.“ Stattdessen rät die Psychologin zu kleinen, aber wirkungsvollen Maßnahmen. Eine davon ist, hinaus in die Natur zu gehen, an die frische Luft, Gedanken aufzuschreiben und Achtsamkeitsübungen oder gezielte Ablenkung durch Bewegung oder Musik zu machen.

„Unser Gehirn ist trainierbar“, weiß Hoffmann. „Und jeder kann lernen, aus dem Grübeln auszusteigen – für mehr Leichtigkeit und mehr Gesundheit. Denn eines ist sicher, wer es schafft, das ständige Kreisen der Gedanken zu stoppen, gewinnt nicht nur Lebensqualität – sondern schützt auch seine seelische und körperliche Gesundheit.“

Tipps gegen das ständige Grübeln

1. Begrenzen Sie Ihre Grübelzeit

Erlauben Sie sich täglich eine feste Zeitspanne – etwa 15 Minuten –, in der Sie Ihre Sorgen zulassen und aufschreiben. Danach ist Schluss. So verhindern Sie, dass Grübeleien den ganzen Tag bestimmen.

2. Kommen Sie ins Tun – heraus aus dem Kopf, hinein in den Körper

Bewegung bringt Abstand zu den kreisenden Gedanken. Ein
Spaziergang, Sport oder Yoga hilft, den Kopf freizubekommen und den Fokus wieder auf den Moment zu richten.

3. Hinterfragen Sie Ihre Gedanken aktiv

Fragen Sie sich bei jedem quälenden Gedanken: „Hilft mir das jetzt weiter?“ oder „Wie wahrscheinlich ist das?“ Oft entlarven Sie so selbstgemachte Katastrophenszenarien als unrealistisch.

4. Üben Sie Achtsamkeit – kehren Sie ins Hier und Jetzt zurück

Wer grübelt, lebt in der Vergangenheit oder malt sich die Zukunft aus. Kleine Achtsamkeitsübungen, bewusstes Atmen oder das Wahrnehmen der Umgebung helfen, den Moment wieder zu spüren.

5. Stärken Sie Ihr Selbstvertrauen und reden Sie darüber

Grübeln entsteht oft aus Unsicherheit. Machen Sie sich Ihre eigenen Stärken bewusst – und holen Sie sich Unterstützung, wenn nötig.
Ein Gespräch mit Freunden oder einem Trainer kann Wunder wirken.

6. Sorgen Sie für positive Erlebnisse – schaffen Sie Gegengewichte

Bewusst schöne Dinge erleben: eine Reise mit dem Partner, ein gutes Buch oder ein Hobby. Positive Erfahrungen helfen, den Fokus weg von den Sorgen zu lenken.

7. Lernen Sie loszulassen – nicht alles lässt sich kontrollieren

Manche Dinge entziehen sich unserer Kontrolle. Wer akzeptiert, dass nicht jedes Problem sofort lösbar ist, entlastet sich selbst und gewinnt inneren Frieden.
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