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Ausgabe Nr. 13/2025 vom 25.03.2025, Fotos: action press
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Becca Heritage kann nun wieder ihrem Medizinstudium nachgehen.
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Als sie krank wurde, war nicht sicher, ob sie die Nacht überlebt.
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Mit Prothesen lernte sie wieder gehen.
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Es fühlt sich so an, als wäre es ihre Hand.
Britin nach schwerer Infektion:
„Handtransplantation hat mein Leben verändert“
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Die 25jährige Becca Heritage erkrankte als Studentin an Meningitis. Um ihr Leben zu retten, mussten ihr beide Beine knieabwärts und die Finger entfernt werden. Nun bekam sie als eine von neun Frauen in Großbritannien eine seltene Handtransplantation, die ihr die Lebensfreude zurückbrachte.
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Voller Vorfreude begann die Britin Becca Heritage ihr Medizinstudium an der Universität Southampton (England). Doch bereits kurz nach Studienbeginn änderte ein Schicksalsschlag alles.

Im November 2018 wachte sie nachts mit unkontrolliertem Erbrechen auf und wurde mit der Rettung ins Universitätsspital gebracht. Die Ärzte gaben der Studentin Tabletten gegen Übelkeit und wollten sie gerade nach Hause schicken, als sich ihr Zustand verschlechterte. Sie bekam hohes Fieber, hatte einen erhöhten Puls und war geistig verwirrt.

„Ich glaube, ich hatte sechs Eisbeutel auf mir und zwei Ventilatoren im Raum, aber meine Temperatur sank trotzdem nicht“, sagte sie. Aufgrund von Organversagens und eines Ausschlages an Armen und Beinen verschlechterte sich ihr Zustand rasch und sie wurde für zwei Wochen in ein künstliches Koma versetzt. Die Diagnose lautete Meningitis, eine eitrige Hirnhautentzündung. Dabei schädigt die Infektion mit Viren oder Bakterien die Rückenmarks- oder Hirnhäute. „Innerhalb weniger Stunden war ich nicht mehr gesund, sondern todkrank.“ Ihre Familie wurde gewarnt, dass Heritage die Infektion womöglich nicht überleben würde.

„Ich schrie vor Schmerzen, als säße ich in Säure“

Als sie aufwachte, konnte sie sich an vieles nicht erinnern, musste aber feststellen, dass Teile ihres Körpers schwarz geworden und abgestorben waren. „Für mich war es ziemlich offensichtlich, dass ich Teile meiner Hände und Füße verlieren würde. Ich konnte auch meine Finger nicht bewegen“, sagt die heute 25jährige.

Sie sollte Recht behalten. In den darauffolgenden sechs Wochen auf der Intensivstation musste sie sich zahlreichen Operationen unterziehen. Darunter der Amputation mehrerer Finger ihrer linken Hand, aller Finger ihrer rechten Hand sowie der Entfernung absterbender Haut.

Im Jänner 2019 wurde sie in eine Spezialklinik verlegt, wo ihr schließlich auch beide Beine unterhalb der Knie abgetrennt wurden. Nur so konnten die Ärzte ihr Leben retten.

„Nach einem Eingriff schrie ich vor Schmerzen, es war, als säße ich in Säure. Das Brennen war unerträglich.“ Als Ersatz für ihre Finger bekam Heritage kosmetische Prothesen, doch sie „hasste“ sie, da sie ihr keinerlei Bewegungsfunktion ermöglichten.

„Vor meiner Sepsis war ich Rechtshänderin, deshalb war es anfangs schwierig, ohne Finger auszukommen.“ Sie meldete sich selbst beim „Leeds Teachint Hospitals NHS Trust“ an, dem einzigen Krankenhausverbund in Großbritannien, der Hand- und Oberarmtransplantationen anbietet.

„Ich kam im Jänner 2022 auf die Liste, habe immer wieder Anrufe bekommen, aber es war nie ein geeigneter Spender dabei oder es lag keine Einwilligung vor.“ Eines Tages im Jahr 2023 erhielt Heritage schließlich den entscheidenden Anruf. „Der Arzt sagte: Wir glauben, wir haben einen Spender. Kommen Sie heute noch, am besten jetzt.“

Die Operation dauerte zwölf Stunden und war ein komplexer Eingriff, bei dem Knochen, Sehnen, Nerven, Arterien, Venen und Muskeln wieder miteinander verbunden wurden. Mit der Transplantation der rechten Hand war sie die neunte Person in Großbritannien, die diese seltene Operation machen hat lassen.

Der beratende plastische Chirurg Professor Simon Kay, der das britische Handtransplantationsteam leitet, meinte: „Wir können alle raffinierten Verbindungen herstellen, aber es sind die bemerkenswerten Eigenschaften des menschlichen Körpers und Geistes, die dafür sorgen, dass alles funktioniert. Es überrascht mich immer wieder.“

„Sie hat sich sofort wie ein Teil von mir angefühlt und ist meiner ursprünglichen Hand recht ähnlich“, erklärt Heritage.

„Die Hand hatte mehr oder weniger genau meinen Hautton und ist genauso groß wie meine eigene. Ich war so aufgeregt loszulegen, mich damit zu bewegen und meine Nägel machen zu lassen. Die Handtransplantation hat mein Leben verändert. Es war ein riesiger Schritt vorwärts.“

Nach intensiver Physiotherapie kann die Britin die meisten Dinge mittlerweile wieder mit ihrer rechten Hand machen, darunter Kochen, Schminken, Zeichnen und die Pflege ihres Haustieres.

„Es ist unglaublich. Ich kann wieder Wärme, Kälte und einzelne Texturen spüren. Es fühlt sich einfach so an, als wäre es meine Hand.“ Aus Vertraulichkeitsgründen durfte sie vor der Operation nichts über ihre Spenderin erfahren, wurde aber ermutigt, im Anschluss einen Brief an dessen Familie zu schreiben.

„Sie hat geantwortet und jetzt kenne ich den Namen und ein bisschen was über deren Leben“, verrät Becca Heritage, die Allgemeinmedizinerin werden möchte und ihr Studium wieder aufgenommen hat. Die Operation habe sie in ihrem Berufswunsch nur gefestigt, nun hofft sie, dem Krankenhausverbund NHS etwas zurückgeben zu können.

„Ich nehme mir an den Ärzten dort ein Vorbild. Sie sind genau so, wie ich sein möchte.“ Heritage engagiert sich ehrenamtlich für die Wohltätigkeitsorganisation „Meningitis Now“ (Meningitis Jetzt), um das Bewusstsein für Impfungen zu schärfen, und arbeitet daran, mehr Menschen über Handtransplantationen zu informieren.

Obwohl die Zahl der Meningokokken-Erkrankungen seit Einführung des Impfprogrammes stark zurückgegangen ist, kämpfen Menschen immer noch gegen diese tödliche Krankheit.

„Meningitis kann heute ganz einfach durch eine Impfung verhindert werden. Ich möchte alle Eltern mit kleinen Kindern dringend bitten, diesen einfachen, lebensrettenden Schritt zu unternehmen.“ Schuh
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