Ausgabe Nr. 08/2025 vom 18.02.2025, Fotos: Stefan Puchner / dpa / picturedesk.com, LEONHARD FOEGER / REUTERS / picturedesk.com, Michael Kappeler / dpa / picturedesk.com, JOCHEN ECKEL / AFP / picturedesk.com
Das Kanzler-Theater
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Am 23. Februar wählt Deutschland. CDU-Chef Friedrich Merz hat die besten Chancen Kanzler zu werden. Aber den Wahlkampf dominiert eine Partei, die nicht regieren wird – die AfD.
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In der „Augsburger Puppenkiste“ streiten sich die Kanzlerkandidaten von Sozialdemokraten, Grünen und FDP als Marionetten-Bewohner einer „Ampel-Wohngemeinschaft“, während CDU-Chef Friedrich Merz im Puppentheater als Vermieter auftritt.
Auch im wahren Leben hat „Fritze“ wie ihn sein SPD-Gegenspieler Olaf Scholz, 66, gerne nennt, wohl bald den Schlüssel zur Regierungsbildung in der Hand. Friedrich Merz, 69, ist seinem Traum Kanzler zu werden so nahe wie noch nie.
In Umfragen führt die CDU/CSU, die Union aus Christdemokraten und den bayerischen Christlichsozialen, mit rund 30 Prozent. Ihr auf den Fersen ist die AfD, die „Alternative für Deutschland“, mit mehr als 20 Prozent.
Die AfD oder besser gesagt der Umgang mit ihr, dominiert den deutschen Wahlkampf. Ob die sogenannte Brandmauer gegen die Partei hält oder brüchig wird, treibt Zehntausende auf die Straße. „Das Maß ist endgültig voll“, hatte Friedrich Merz Mitte Jänner nach dem Messerangriff auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg (Bayern) verkündet.
„Vor Scherbenhaufen einer fehlgeleiteten Asylpolitik“
Der mutmaßliche Täter, ein 28jähriger Afghane, erstach einen zweijährigen Buben und einen 41jährigen Passanten, der helfen wollte. Nach der Attacke stellte sich heraus, dass der Mann nicht nur mehrfach wegen Gewalttaten aufgefallen und in psychiatrischer Behandlung war, sondern dass er das Land hätte verlassen müssen. Er war „ausreisepflichtig“.
Für Friedrich Merz war das ein Wendepunkt. „Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer in Deutschland seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik“, erklärte er. Er werde als Kanzler „ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückweisen“. Dass er die Zustimmung der AfD für einen Antrag in diese Richtung in Kauf genommen hatte, sorgte für wütende Proteste. Auch wenn der 69jährige eine künftige Zusammenarbeit mit der Rechtspartei ausschließt.
Der sächsische Landesverfassungsschutz hat beispielsweise den dortigen AfD-Landesverband als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Manche fordern ein Verbot der AfD.
Kritik an der Annäherung gab es deshalb auch von seiner Vorgängerin an der Spitze der Christdemokraten, Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Dass sie für das Erstarken der AfD verantwortlich sei, weist die 70jährige zurück. „Als ich aus dem Amt gegangen bin, lag die AfD bei elf Prozent. Dass sie jetzt bei 20 Prozent liegt, ist nicht mehr meine Verantwortung.“ Merkel war bis zum Jahr 2021 Kanzlerin.
Merz und Merkel werden keine Freunde mehr. Der Grund dafür liegt mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Im Jahr 2002 entschied Angela Merkel den Machtkampf in der CDU für sich und vertrieb Merz vom Posten als Fraktionsvorsitzender. Der Jurist verabschiedete sich von der Spitzenpolitik und war in der Privatwirtschaft erfolgreich. Er saß in mehreren Aufsichtsräten und war auch bei Blackrock tätig, dem weltgrößten Vermögensverwalter.
Immer wieder wurde dem verheirateten Vater dreier erwachsener Kinder Abgehobenheit vorgeworfen. Im Jahr 2018 gab er an, zwar „rund eine Million Euro brutto“ pro Jahr zu verdienen, er zähle sich aber „zu der gehobenen Mittelschicht“. Den Sprung an die Parteispitze schaffte Merz im Jänner 2022 erst im dritten Anlauf.
Jetzt ist er auf dem Weg zur Kanzlerschaft, auch wenn die Regierungsbildung schwierig wird. Stimmen die Umfragen, ist nur eine Dreierkoalition möglich. Die SPD liegt bei rund 15 Prozent, die Grünen bei 13 Prozent. Ob die liberale FDP, die Linken und das „Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) die Fünf-Prozent-Hürde überspringen und ins Parlament einziehen, ist ungewiss.
„Kartellabsprache, um Wähler auszuschließen“
Die zweitstärkste Partei AfD wird ziemlich sicher nicht in der Regierung sitzen. Auch wenn deren Kanzlerkandidatin Alice Weidel, 46, erst kürzlich sagte: „Meine Hand ist ausgestreckt.“ Mit der sogenannten Brandmauer zementiere sich die CDU/CSU in Koalitionen mit linken Parteien ein. Die Brandmauer sei „eine antidemokratische Kartellabsprache, um den Wählerwillen auszuhebeln, um Millionen von Wählern auszuschließen“.
Weidel, die mit ihrer Partnerin Sarah Bossard, die auf Sri Lanka geboren wurde, zwei Söhne großzieht, ist der Gottseibeiuns der deutschen Politiker. Unterstützung bekommt sie hingegen aus den USA. Der amerikanische Tech-Milliardär und Trump-Vertraute Elon Musk ließ sich sogar beim Wahlkampf-Auftakt zuschalten. Die AfD sei die „beste Hoffnung“ für Deutschland, sagte er vom Bildschirm herunter. Auch der US-Vizepräsident JD Vance rät zur Zusammenarbeit mit der AfD.
Hierzulande suchte Weidel den Schulterschluss mit FPÖ-Chef Herbert Kickl. Letzterer gratulierte zu den AfD-Wahlerfolgen bei den Landeswahlen im Herbst. Sie seien „Ausdruck der Hoffnung auf einen Systemwechsel“. Der ungarische Premier Viktor Orban hielt lange Distanz, zuletzt empfing er Weidel aber und erklärte: „Ganz offensichtlich gehört der AfD die Zukunft.“
Auch der deutsche Kabarettist Dieter Nuhr nahm sich kürzlich der Aufregung um die Brandmauer an. In seiner Sendung „Nuhr im Ersten“ kommentierte er die Diskussion scharfzüngig: „Die Frage ist doch, wie werden wir die AfD wieder los? Und wollen das Grüne und SPD überhaupt? Natürlich nicht!“ Das sei die große Verlogenheit dieser Tage.
„Nichts brauchen Linke und Grüne dringender als eine AfD, mit der niemand abstimmen darf. Weil dann rechts der Mitte 20 Prozent der Stimmen wegfallen.“ Bisher sei jede Stimme für die AfD „eine Stimme für SPD und Grüne“ gewesen, „und das steht jetzt auf der Kippe“.
Auch im wahren Leben hat „Fritze“ wie ihn sein SPD-Gegenspieler Olaf Scholz, 66, gerne nennt, wohl bald den Schlüssel zur Regierungsbildung in der Hand. Friedrich Merz, 69, ist seinem Traum Kanzler zu werden so nahe wie noch nie.
In Umfragen führt die CDU/CSU, die Union aus Christdemokraten und den bayerischen Christlichsozialen, mit rund 30 Prozent. Ihr auf den Fersen ist die AfD, die „Alternative für Deutschland“, mit mehr als 20 Prozent.
Die AfD oder besser gesagt der Umgang mit ihr, dominiert den deutschen Wahlkampf. Ob die sogenannte Brandmauer gegen die Partei hält oder brüchig wird, treibt Zehntausende auf die Straße. „Das Maß ist endgültig voll“, hatte Friedrich Merz Mitte Jänner nach dem Messerangriff auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg (Bayern) verkündet.
„Vor Scherbenhaufen einer fehlgeleiteten Asylpolitik“
Der mutmaßliche Täter, ein 28jähriger Afghane, erstach einen zweijährigen Buben und einen 41jährigen Passanten, der helfen wollte. Nach der Attacke stellte sich heraus, dass der Mann nicht nur mehrfach wegen Gewalttaten aufgefallen und in psychiatrischer Behandlung war, sondern dass er das Land hätte verlassen müssen. Er war „ausreisepflichtig“.
Für Friedrich Merz war das ein Wendepunkt. „Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer in Deutschland seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik“, erklärte er. Er werde als Kanzler „ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückweisen“. Dass er die Zustimmung der AfD für einen Antrag in diese Richtung in Kauf genommen hatte, sorgte für wütende Proteste. Auch wenn der 69jährige eine künftige Zusammenarbeit mit der Rechtspartei ausschließt.
Der sächsische Landesverfassungsschutz hat beispielsweise den dortigen AfD-Landesverband als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Manche fordern ein Verbot der AfD.
Kritik an der Annäherung gab es deshalb auch von seiner Vorgängerin an der Spitze der Christdemokraten, Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Dass sie für das Erstarken der AfD verantwortlich sei, weist die 70jährige zurück. „Als ich aus dem Amt gegangen bin, lag die AfD bei elf Prozent. Dass sie jetzt bei 20 Prozent liegt, ist nicht mehr meine Verantwortung.“ Merkel war bis zum Jahr 2021 Kanzlerin.
Merz und Merkel werden keine Freunde mehr. Der Grund dafür liegt mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Im Jahr 2002 entschied Angela Merkel den Machtkampf in der CDU für sich und vertrieb Merz vom Posten als Fraktionsvorsitzender. Der Jurist verabschiedete sich von der Spitzenpolitik und war in der Privatwirtschaft erfolgreich. Er saß in mehreren Aufsichtsräten und war auch bei Blackrock tätig, dem weltgrößten Vermögensverwalter.
Immer wieder wurde dem verheirateten Vater dreier erwachsener Kinder Abgehobenheit vorgeworfen. Im Jahr 2018 gab er an, zwar „rund eine Million Euro brutto“ pro Jahr zu verdienen, er zähle sich aber „zu der gehobenen Mittelschicht“. Den Sprung an die Parteispitze schaffte Merz im Jänner 2022 erst im dritten Anlauf.
Jetzt ist er auf dem Weg zur Kanzlerschaft, auch wenn die Regierungsbildung schwierig wird. Stimmen die Umfragen, ist nur eine Dreierkoalition möglich. Die SPD liegt bei rund 15 Prozent, die Grünen bei 13 Prozent. Ob die liberale FDP, die Linken und das „Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) die Fünf-Prozent-Hürde überspringen und ins Parlament einziehen, ist ungewiss.
„Kartellabsprache, um Wähler auszuschließen“
Die zweitstärkste Partei AfD wird ziemlich sicher nicht in der Regierung sitzen. Auch wenn deren Kanzlerkandidatin Alice Weidel, 46, erst kürzlich sagte: „Meine Hand ist ausgestreckt.“ Mit der sogenannten Brandmauer zementiere sich die CDU/CSU in Koalitionen mit linken Parteien ein. Die Brandmauer sei „eine antidemokratische Kartellabsprache, um den Wählerwillen auszuhebeln, um Millionen von Wählern auszuschließen“.
Weidel, die mit ihrer Partnerin Sarah Bossard, die auf Sri Lanka geboren wurde, zwei Söhne großzieht, ist der Gottseibeiuns der deutschen Politiker. Unterstützung bekommt sie hingegen aus den USA. Der amerikanische Tech-Milliardär und Trump-Vertraute Elon Musk ließ sich sogar beim Wahlkampf-Auftakt zuschalten. Die AfD sei die „beste Hoffnung“ für Deutschland, sagte er vom Bildschirm herunter. Auch der US-Vizepräsident JD Vance rät zur Zusammenarbeit mit der AfD.
Hierzulande suchte Weidel den Schulterschluss mit FPÖ-Chef Herbert Kickl. Letzterer gratulierte zu den AfD-Wahlerfolgen bei den Landeswahlen im Herbst. Sie seien „Ausdruck der Hoffnung auf einen Systemwechsel“. Der ungarische Premier Viktor Orban hielt lange Distanz, zuletzt empfing er Weidel aber und erklärte: „Ganz offensichtlich gehört der AfD die Zukunft.“
Auch der deutsche Kabarettist Dieter Nuhr nahm sich kürzlich der Aufregung um die Brandmauer an. In seiner Sendung „Nuhr im Ersten“ kommentierte er die Diskussion scharfzüngig: „Die Frage ist doch, wie werden wir die AfD wieder los? Und wollen das Grüne und SPD überhaupt? Natürlich nicht!“ Das sei die große Verlogenheit dieser Tage.
„Nichts brauchen Linke und Grüne dringender als eine AfD, mit der niemand abstimmen darf. Weil dann rechts der Mitte 20 Prozent der Stimmen wegfallen.“ Bisher sei jede Stimme für die AfD „eine Stimme für SPD und Grüne“ gewesen, „und das steht jetzt auf der Kippe“.
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