Anmelden
Abonnieren
Ausgabe Nr. 04/2025 vom 21.01.2025, Fotos: AdobeStock
Artikel-Bild
Artikel-Bild
Quelle: Eurostat, OENB, 2023
Der Schuldenkater nach dem Ausgabenrausch
Jetzt neu: Hier klicken
und Artikel an Freunde verschenken.
Das Aus für den Klimabonus oder die Bildungskarenz ist nur der Anfang. Heutige und künftige Pensionisten könnten die nächsten „Budget-Opfer“ sein.
Auf Play drücken
um Artikel vorlesen
zu lassen.
Die Grünen haben den „schwarzen Peter“. Die Umweltförderungen sollen wieder zurückgeschraubt werden, „auf das Maß vor 2020“, erklärte ÖVP-Klubobmann August Wöginger in der vergangenen Woche bei der Präsentation des blau-schwarzen Sparpaketes.

Dass die ÖVP seit fast vier Jahrzehnten mitregiert und zuletzt den Kanzler in der schwarz-grünen Koalition stellte, blieb unerwähnt. Die ÖVP putzt sich scheinbar ab. Als hätte sie mit dem ausufernden Budget gar nichts zu tun.

Das hat sie allerdings doch, auch wenn Ex-Kanzler Karl Nehammer jetzt andere das Desaster ausbaden lässt. Mehr als sechs Milliarden Euro müssen heuer eingespart werden, um einem EU-Defizitverfahren für „Schuldensünder“ zu entgehen. Dem Sparkurs fällt der Klimabonus zum Opfer. Die Ausgleichszahlungen für die CO2-Steuer von 145 bis 290 Euro je nach Wohnort summierte sich auf rund zwei Milliarden Euro. Sie werden ebenso abgeschafft wie das Gratis-Klimaticket für 18jährige, was laut Plan 120 Millionen Euro bringen soll, die Bildungskarenz (350 Millionen Ersparnis pro Jahr) oder die Befreiung für Elektro-Autos von der motorbezogenen Kfz-Steuer (65 Millionen Euro).

Keine „Bevormundung durch Brüssel“ beim Budget

Auch die einzelnen Ministerien sollen sparen, bei Aufwendungen wie den Regierungsinseraten. In Summe erwarten sich FPÖ und ÖVP davon mehr als eine Milliarde Euro.

„Wir wollten sicherstellen, dass Österreich die Hoheit über seinen Staatshaushalt behält“, sagt der FPÖ-Budget- und Finanzsprecher Hubert Fuchs. Der Steuerberater war Finanz-Staatssekretär in der kurzlebigen Koalition von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache.

Bei Tatenlosigkeit hätte „Fremdbestimmung und Bevormundung durch Brüssel“ gedroht, formuliert es Fuchs. Gegen sieben Länder hat die EU zuletzt ein Defizitverfahren eingeleitet, darunter mit Frankreich und Italien die zweit- und die drittgrößte EU-Wirtschaftsmacht. Österreich ist jetzt nicht
darunter.

Die USA zahlen mehr für Zinsen als fürs Militär

Laut EU-Regel darf das Budgetminus nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP, also der Wirtschaftsleistung eine Landes) ausmachen, der gesamte Staats-Schuldenberg sollte nicht höher als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung sein.

Die 60-Prozent-Grenze hat unser Land noch nie geschafft. Rund die Hälfte der EU-Staaten ist ebenfalls knapp oder weit darüber.

Maßgeblicher ist die Drei-Prozent-Schwelle für das Jahresbudget. Der Fiskalrat, quasi das Überwachungsorgan der Staatsschulden, schätzt das Haushalts-Minus in unserem Land für heuer auf 3,9 Prozent des BIP. Das ist in etwa so viel, wie die Prognosen für Italien vorhersagen. Frankreich liegt mit 6,2 Prozent weit darüber.

Angesichts der Corona-Krise und des russischen Angriffes auf die Ukraine hat Brüssel die Defizitverfahren ausgesetzt. Seit dem Vorjahr werden „Schuldensünder“ wieder abgemahnt. Zeigen die nationalen Regierungen zu wenig Einsicht, wird ein Strafverfahren eingeleitet.

Die EU könnte sogar Geldstrafen kassieren, wenn nicht genug gespart wird. Sie stehen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung und würden im Falle unseres Landes bis zu einer Milliarde Euro betragen. Bisher wurden noch nie Geldbußen verhängt.

Frankreich hat in den Jahren zwischen 2008 bis 2016 ununterbrochen ein Budget-Minus von mehr als drei Prozent mitgeschleppt. Ein Defizitverfahren wurde zwar eingeleitet, Brüssel verzichtete auf Sanktionen.

Dass Schulden nicht gleich Schulden sind, ist vor allem am Beispiel USA zu sehen. Das Land war zuletzt mit mehr als 35.000 Milliarden Euro in der Kreide. Die Vereinigten Staaten haben aber mehrere Vorteile gegenüber der EU. Zum einen ist das Land die größte Wirtschaftsmacht der Welt. Anders als hierzulande wächst die Wirtschaft in den USA, auch weil der Staat zuletzt viel investiert hat.

Zudem ist der Dollar als „Weltgeld“ die wichtigste Währung im internationalen Handel. Die Währungsreserven der Notenbanken bestehen zu einem großen Teil aus Dollar. US-Staatsanleihen gelten für viele Anleger als sichere Bank.

Die USA wenden jedoch mehr als ein Zehntel der Staatseinnahmen für die Zinszahlungen auf. In Summe geben die Amerikaner dafür mehr Geld aus als fürs Militär. Obwohl die USA das größte Verteidigungsbudget weltweit haben.

Russland rutschte 1998 in die Staatspleite

Der am höchsten verschuldete Industriestaat weltweit ist aber Japan. Der Inselstaat sitzt auf einem Schuldenberg, der mehr als zwei Mal so hoch ist wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes.

Allerdings hat die japanische Notenbank rund die Hälfte der „Schuldscheine“ aufgekauft. Japan braucht somit ausländische Gläubiger weniger zu fürchten.

Die meisten EU-Länder hingegen zittern vor einer schlechten Bewertung der Kreditwürdigkeit. Das verteuert die Zinsen und erhöht den Schuldenberg. Staatspleiten sind bei den USA, Japan, aber auch in der EU unwahrscheinlich. Ein Staat ist bankrott, wenn er seine Kreditrückzahlungen nicht mehr begleichen kann. Ende 2001 traf es Argentinien.

Im Jahr 1998 musste Russland die Zahlungsunfähigkeit erklären. Banken mussten zusperren, viele Russen verloren ihre Ersparnisse.

Der Staatsbankrott in Griechenland wurde 2012 auch mit Milliardenzahlungen aus den Steuern der EU-Bürger abgewendet.

Für eine der größten Staatspleiten sorgte 1811 das damalige Habsburger-Österreich. Ein verlorener Krieg gegen Napoleon brachte Ausgleichs-Zahlungen an Frankreich, die den Staatshaushalt kippen ließen.

Eine Staatspleite ist nicht nur für die Bürger, sondern auch die Kreditgeber eine schlechte Nachricht. Sie bekommen oft nichts oder nur einen Bruchteil zurück.

So weit ist es bei uns nicht, aber in den kommenden Jahren müssen 18 Milliarden Euro eingespart werden. Treffen wird das wohl auch die heutigen und künftigen Pensionisten. Schon jetzt sollen 270 Millionen Euro durch „Anpassungen“ bei den Krankenversicherungsbeiträgen ins Staatssäckel fließen. Spekuliert wird, dass das Pensionisten betreffen könnte. Sie zahlen 5,1 Prozent der Bruttopension in die Krankenkasse ein.

Bei aktuell Beschäftigten sind es 7,65 Prozent, die sich Arbeitnehmer und Dienstgeber teilen. Was bei den Krankenkassenbeiträgen tatsächlich geplant ist, haben FPÖ und ÖVP vergangene Woche nicht kundgetan.
Weitere Inhalte dieser Ausgabe:
Ihre Meinung
Ihre Meinung ist uns wichtig.

Schreiben Sie Ihren Kommentar zu diesem Artikel, den wir dann prüfen und veröffentlichen werden.
Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu verfassen.
Werbung