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Ausgabe Nr. 5152/2024 vom 17.12.2024, Fotos: Judith M. Trölß
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Nathan Antonio Streibl,
Inhaber der „Koch-Manufaktur“
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Das flüssige Paraffinwachs wird in die Gussform gefüllt.
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Streibl kontrolliert die Temperatur bei der Tunkmaschine.
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Streibl übertaucht den Kerzen-Rohling mit Farbe.
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Regenbogen-Blütenkerzen
Er bringt den Christbaum zum Erstrahlen
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In der Gemeinde Gföhl in Niederösterreich entstehen Kerzen in Handarbeit. Es ist eine der letzten Manufakturen dieser Art in unserem Land. Die Produkte bringen Licht in die Finsternis der Nacht oder verströmen feierliche Helligkeit. Und das
möglichst ohne Rußentwicklung und mit gleichbleibend schöner Flamme.
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Wenn eine Kerze den Christbaum am Heiligen Abend zum glänzen bringt oder das Dunkel der Nacht erhellt, macht sie das in aller Stille. Wenn sie von auffallend guter Qualität ist, obendrein rußarm, geruchsneutral, tropffrei und mit einer gleichmäßig schönen Flamme.

Diese Eigenschaften zeichnet die Kerzen der „Koch-Manufaktur“ aus der niederösterreichischen Gemeinde Gföhl aus. Verantwortlich dafür ist der Inhaber einer der letzten Betriebe dieser Art in unserem Land, Nathan Antonio Streibl.

Der 32jährige hat vor fünf Jahren den Betrieb von seinem Vater übernommen, der einst beim Firmengründer Peter Koch gearbeitet und das im Jahr 1972 entstandene Unternehmen weitergeführt hat.

Den ursprünglichen Firmennamen hat Streibl ebenso beibehalten wie das hauseigene Wissen rund ums Kerzenziehen. Er vereint es freilich mit neuen Ideen. „Das Wissen der vergangenen 50 Jahre und ein vielseitiges Konzept sowie Angebot ermöglichen mir, traditionelle Handwerkskunst mit meinen eigenen Ideen zu kombinieren“, erzählt der gelernte Maschinenbauer. „Ich bin von Kindesbeinen an mit dem Betrieb verbunden und ich finde enorme Freude am Formen von Wachs“, unterstreicht er seine Leidenschaft, warum er eines der ältesten Handwerke am Leben erhält.

In seiner gut 300 Quadratmeter großen Werkstatt verarbeitet der 32jährige gemeinsam mit seinem Vater Franz, seiner Frau Mariarita, der Mitarbeiterin Lisa Hager, die aufgrund ihrer zahlreichen Ideen intern als „Zündkerze“ bezeichnet wird, sowie weiteren Helfern sieben verschiedene Wachsarten.

Große Kerzen aus weichem Wachs

„Unsere Rohstoffe sind Paraffinwachs in unterschiedlichen Härtegraden, Bienenwachs und Rapswachs. Es gilt die Faustregel, je größer die Kerze, umso weicher das Wachs. Bei Spitzkerzen verwenden wir ein hartes Wachs und bei Stumpen einen weicheren Wachstyp, damit die Flamme das Wachs gut abbrennen kann und die Form hält.“ Wobei der Docht ebenfalls mit Bedacht gewählt wird, denn er ist genauso wichtig für ein schönes Flammenbild wie das Wachs. Zur Verarbeitung stehen 15 verschiedene Arten zur Verfügung, und Streibl hebt gleich einen wichtigen Punkt hervor.

„Wir verarbeiten ausschließlich geprüfte und zertifizierte Rohstoffe und garantieren einen sauberen Abbrand. Das ist neben dem ruhigen Flammbild das Qualitätsmerkmal unserer Kerzen.“ Zur Spezialität und Einzigartigkeit des Unternehmens ist es dann auch​​ nicht mehr weit.

Sie zeigt sich in Form von Spitzkerzen. „Wir sind die Einzigen in unserem Land, die durchgefärbte Spitzkerzen in einem ausgeklügelten und eigens konzipierten Tunk-System herstellen“, erklärt der Niederösterreicher. „Durch das regelmäßige Tunken in ein Wachsbecken der alten Tunk-Anlage bauen wir eine immer dicker werdende Wachsschicht auf.“

Dafür wird zunächst der Docht auf einen Korb aufgewickelt. Was beim Profi einfach aussieht, kann bei einem
Laien bis zu einer Stunde dauern. Wer seine Kerzen selbst herstellen möchte, kann beim Profi anfragen.

Ebenso besteht die Möglichkeit, für Gruppen ab zehn Personen und nach Voranmeldung, durch den Betrieb geführt zu werden und einen Einblick ins Kerzenziehen zu bekommen (www.koch-kerzen.at oder telefonisch unter 02716/8684).

Spitzkerzen für den Baum und ein wuchtiger Stumpen

Eine Produktionslinie umfasst acht Körbe mit insgesamt 1.600 Kerzen. „Die wesentlichste Komponente dabei ist die Temperatur des eingefärbten Wachses, das sich in der Tunkwanne befindet und zirkuliert.

Ausgehend vom fast durchsichtigen Paraffinwachs werden Farbpigmente beigemengt, um den gewünschten Farbton zu erreichen“, erklärt Streibl. Zwischen den Tunk-Phasen müssen die Kerzen immer wieder auskühlen. Etwa 30 Schichten zieht der 32jährige auf den bespannten Docht auf. „Bei der 25. Schicht brauche ich eine Temperatur von 72,5 Grad Celsius. Danach erhöhe ich die Temperatur kontinuierlich weiter, damit sich einerseits die Schichten gut verbinden und andererseits die Farbsättigung vollständig entfalten kann.

Ein Kontrollmerkmal unserer durchgefärbten und getunkten Spitzkerzen sind die Ringe, die sich am unteren Kerzenende abzeichnen“, erklärt der Kerzenzieher diese aufwändige Arbeitsweise, wofür er mindestens zwölf Stunden benötigt und bei der er im Jahr gut zehn Tonnen Wachs verarbeitet.

Schließlich sind seine Spitzkerzen in sechs Größen und 35 Farben erhältlich, sogar der „Ab-Hof“-Verkauf ist möglich. Sie werden unter dem klingenden Namen „Vienna Taper“ feilgeboten.

Eine Packung mit 20 Christbaumkerzen von 130 Millimeter Größe (Brenndauer zwei Stunden) kostet zwischen € 16,50 und € 20,–.

Wer es wuchtig liebt, lässt sich von Streibl und seinen Mitarbeitern eine Dreidocht-Stumpenkerze machen. Das größte Stück ist 90 Zentimeter groß und wiegt 25 Kilo.
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