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Ausgabe Nr. 5152/2024 vom 17.12.2024, Foto: zVg
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Lithium-Abbau auf der Kärntner Seite der Koraple.
Milliarden schlummern im Berg
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Der geplante Lithium-Abbau an der Koralpe sorgt bei Umweltschützern für Bestürzung. Das Land Kärnten treibt den Abbau voran.
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Die Koralpe im Grenzgebiet zwischen Kärnten und der Steiermark ist ein weitestgehend unberührtes Stück Natur. Es lädt im Sommer zu ausgedehnten Wanderungen und jetzt im Winter zum Schifahren ein. Bis auf knapp 2.100 Meter Seehöhe bringen Lifte die Wintersportler hinauf. Der von Norden nach Süden verlaufende Gebirgszug soll ab 2026 mit der Bahn durchfahren werden.

Durch einen 33 Kilometer langen Tunnel der ÖBB, die damit die Fahrzeit zwischen den beiden Landeshauptstädten Graz und Klagenfurt von drei Stunden auf 45 Minuten verkürzen. Die Strecke führt dann unter anderem auf Kärntner Seite nach St. Paul im Lavanttal. Von dort, nur knapp 20 Kilometer nördlich, nahe Wolfsberg, liegt Frantschach. In der 2.600 Einwohner zählenden Marktgemeinde herrscht Aufregung. Denn die Unberührtheit der Koralpe soll arg in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn es nach dem Willen des australischen Unternehmens European Lithium geht.

Das Bergbauunternehmen erhofft sich in den nächsten Jahrzehnten ein Milliardengeschäft. Umweltschützer hingegen befürchten, dass in Frantschach aus dem Naturjuwel Koralpe eine Mondlandschaft entstehen könnte, in der dann Wassermangel herrscht. Denn Wasser ist in rauen Mengen nötig, wenn Lithium abgebaut werden soll – aus einem der größten Abbaugebiete Europas.

Ein begehrter Rohstoff für Batterien

Lithium gilt als leichtestes Metall auf der Erde und zählt zu den nicht nachwachsenden Rohstoffen. Es kommt zwar häufig vor, allerdings nur in niedrigen Konzentrationen. Das silberweiße Leichtmetall führt schon bei Berührung zu Verätzungen und Verbrennungen. Allerdings sollen bis zu 30 Millionen Tonnen im Inneren der Koralpe lagern.

Lithium ist aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten zu einem der begehrtesten Rohstoffe geworden. Es wird vor allem für die Produktion von Batterien genutzt, die in Elektrofahrzeugen, Smartphones, Laptops und Energiespeichersystemen unverzichtbar sind. Darüber hinaus findet Lithium Anwendung in der Glas- und Keramikherstellung, in Schmierstoffen, der Aluminiumproduktion und sogar in der Medizin, etwa zur Behandlung bipolarer Störungen.

Bereits im Jahr 2011 sicherte sich European Lithium für zehn Millionen Euro die Abbaurechte, mit dem Ziel, zu einem führenden Anbieter in Europa zu werden und den wachsenden Bedarf der Automobil- und Energieindustrie zu decken.

Doch der Abbau des „weißen Goldes“, wie Lithium oft genannt wird, bleibt umstritten. Er setzt bei der Förderung und Verarbeitung giftige Chemikalien frei, die Böden und Grundwasser stark belasten können. Umso fragwürdiger erscheint daher die Entscheidung des Landes Kärnten, das Projekt zu genehmigen, ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen. Sie ist dann nötig, wenn bei der Verwirklichung des Projektes erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Wie in diesem Fall.

Landeshauptmann-Stellvertreter Martin Gruber (ÖVP) betont, dass es in solchen Verfahren „klare und strenge Regeln“ gebe, die genau geprüft worden seien. Auf dieser Basis sei das Land zu dem Schluss gekommen, eine UVP sei nicht notwendig. Für Stefan Stadler, Wissenschaftsexperte bei der Umwelschutzorganisation Greenpeace, wäre allerdings mit dem Lithium-Abbau „das Todesurteil für Kärntens malerisches Lavanttal“ gesprochen.

Es bleiben Reststoffe, die mit Giftstoffen durchsetzt sind

Das Lithium müsste durch aufwändige Sprengungen aus dem Berg gewonnen und anschließend mit chemischen Prozessen aus dem Erz gelöst werden. „Dieser Vorgang verbraucht enorme Mengen an Wasser und hinterlässt tonnenweise problematische Reststoffe, die mit Schwermetallen und Giftstoffen durchsetzt sind“, warnt Stadler.

Zusätzlich müsste das Gebiet durch den Bau von Straßen, Wasserleitungen und Aufbereitungsanlagen infrastrukturell erschlossen werden.

Für die betroffene Kärntner Gemeinde Frantschach, die seit jeher eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert hat, ist die Entscheidung des Landes ein herber Schlag ins Gesicht. Bürgermeister Günther Vallant (SPÖ) sieht zudem die mangelhafte Kommunikation seitens des Unternehmens kritisch. „Seit dem Jahr 2019 gibt es keinerlei Austausch mit uns. Probebohrungen und Investorengespräche finden zwar regelmäßig statt, doch über das Projekt selbst erfahren wir nichts – das wirkt, als ob etwas vertuscht werden soll.“

Nachfragen zu möglichen Umweltbelastungen blieben unbeantwortet. Auch die Sorgen von Tourismusbetrieben finden kein Gehör.

Währenddessen will European Lithium mit dem Abbau im nächsten Jahr beginnen. Geplant ist die Förderung von jährlich 70.000 Tonnen Erz, aus denen etwa 9.000 Tonnen batteriefähiges Lithium gewonnen werden kann.

Vom Plan, in Kärnten eine Aufbereitungsanlage zu errichten, durch die rund 400 Arbeitsplätze geschaffen worden wären, sind die Australier abgekommen. Stattdessen wird das Erz nach Saudi-Arabien verschifft, um es dort weiterzuverarbeiten. Laut Dietrich Wanke, dem European Lithium Vertreter in unserem Land, liege der Grund für die Abwanderung an den hohen Energiepreisen in Europa, die eine Verarbeitung vor Ort unwirtschaftlich machten.

Die Naturschutzorganisation „Alliance For Nature“ hat bereits Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

„Es ist untragbar, dass ein umstrittenes Vorhaben, das der Natur erheblichen Schaden zufügen kann, keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wird“, erklärt Generalsekretär Christian Schuhböck. morri
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